Das Staatsarchiv Coburg zeigt das Reformationsjahr 1517 im Spiegel von Originaldokumenten aus jenem Jahr. Martin Luther kommt dabei aber nicht vor.
Es geht um Urfehden und um Zinszahlungen, um Proteste gegen Überfälle und um Konzessionen zum Erzabbau: Das Staatsarchiv zeigt ab Donnerstag das Leben in der Pflege
Coburg im Jahr 1517 anhand von Dokumenten, die aus jenem Jahr stammen und sich im Bestand des Staatsarchivs befinden. Diese Urkunden, Erbbücher oder Briefe zeugen davon, dass Gewalt damals das Leben prägte, sagt Alexander Wolz, Leiter des Coburger Staatsarchivs.
Er hat zusammen mit seinem Vorgänger Johannes Haslauer die Ausstellung konzipiert. "Wir wollen den Alltag zeigen", sagt Wolz. Die kleine Schau im Staatsarchiv ist als kleine Begleitung zur bayerischen Landesausstellung "Ritter, Bauern, Lutheraner" auf der Veste Coburg gedacht und wird deshalb auch bis 5. November zu sehen sein.
Das Gebiet der Pflege Corburg reichte vom Thüringer Wald bis Gleußen, von Heldburg im Weste bis Steinach im Osten. Seit der Hochzeit von Katharina von Henneberg mit dem Friedrich dem Strengen gehörte es zum Wettiner Herrschaftsgebiet; seit 1423 war die Pflege Teil des sächsischen Kurfürstentums.
In einem anderen Ort des Kurfürstentums, in Wittenberg, stellte im Jahr 1517 ein Mönch und Theologieprofessor seine Thesen gegen den Ablasshandel zur Diskussion. Ob er sie wirklich an die Tür der Schlosskirche genagelt hat, wird inzwischen stark bezweifelt. Aber das Ereignis gilt als Start der Reformation und damit eines gewaltigen Umbruchs, der auch politische und wirtschaftliche Auswirkungen hatte.
Interessant uninteressant
Deshalb konzentrierten sich die beiden Archivräte auf das Jahr 1517 und wählten die Dokumente entsprechend aus. "Wir wollten keine weitere Luther-Ausstellung machen", sagt Wolz. Das Material dafür wäre vorhanden: Im Staatsarchiv werden acht Luther-Briefe aufbewahrt, "die gerade deshalb so interessant sind, weil sie nicht interessant sind". In diesen Briefen kommt Luther als Fürsprecher zu Wort: Er bittet um Entschädigung für seinen Schwiegervater Hans von Bora, mahnt ausstehende Zahlungen an seinen Lehrmeister an. "Diese Briefe zeigen den alltäglichen Luther in einer Privilegiengesellschaft", sagt Wolz.
Gewalt galt in dieser Gesellschaft als legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen, denn der Landesherr war meist weit weg. In Coburg war ein Pfleger vom Kurfürsten bestellt, in den Ämtern saßen weitere Untervögte. In Königsberg hatte Philipp von Hassberg dieses Amt inne. Eines Tages überfiel er mit einigen Männern das nahegelegene Dorf Prappach, das zum Würzburger Gebiet gehörte. Der Fürstbischof verlangte vom Kurfürst eine Entschädigung. Der gab aber lediglich die Gefangenen wieder frei - denn der Überfall auf Prappach sei nur die Antwort auf einen Handstreich auf das Dorf Sylbach gewesen, das damals auf sächsischem Gebiet lag.
So prächtig die Dokumente mit ihren Siegeln und der sorgfältigen Handschrift aussehen mögen: "Das ist reines Verwaltungsschriftgut", sagt Wolz. Ab dem Jahr 1500 wurde es üblich, über staatliche Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen. Das und technische Entwicklungen schufen neue Voraussetzungen für die Wirtschaft. Gezeigt wird die Abrechnung des Coburger Forstmeisters, die mit zwei Seiten auskommt, und ein Antrag auf Betrieb einer Schmelzhütte. Davon gab es in der Region einige, denn das kurz zuvor entwickelte Saigerverfahren ermöglichte es, Silber aus Kupferschiefer zu gewinnen. Profiteure diese Neuen Technik waren im Coburger Raum aber nicht die Einheimischen, sondern Nürnberger Kaufleute, die über das nötige Geld verfügten, ein solches Hüttenwerk einzurichten. 1517 beantragte die Nürnberger Kaufmannswitwe Apollonia Bürckel die Erlaubnis, den Betrieb in Hüttensteinach wieder aufnehmen zu dürfen.
Streit um Wasser-Rechte
Neue technische Entwicklungen wie wassergetriebene Sägewerke führten zu neuen Konflikten: Der Schneidmüller an der Steinach und der Fischer fürs Kloster Sonnefeld stritten um die Nutzung des Gewässers. Der Bischof von Bamberg und die Äbtissin des Klosters mussten also formell regeln, wo gefischt werden durfte und wie die Mühle das Wasser nutzen durfte.
Mit der Beschränkung auf das Jahr 1517 haben sich Wolz und Haslauer selbst "ein bisschen ein Korsett angelegt", wie Wolz einräumt. Denn natürlich hätte das Staatsarchiv noch mehr Alltagsdokumente, nur eben nicht aus dem Reformationsjahr. Sogar einige Ablassbriefe werden in dem Haus in der Herrngasse aufbewahrt - jene Dokumente, die Erlass des Fegfeuers nach dem Tod versprachen und gegen die Luther 1517 wetterte.
Rund um die Ausstellung
Organisatorisch Eröffnung am Donnerstag, 1. Juni, 16 Uhr mit einführendem Vortrag. Zu sehen im Erdgeschoss des Staatsarchivs Coburg, Herrngasse 11. Geöffnet Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr, Freitag 8 bis 13.30 Uhr, bis 5. November.
Konzeption Zusammenstellung und erläuternde Texte Johannes Haslauer und Alexander Wolz, Gestaltung der Ausstellung Caroline Frey, Coburger Designforum Oberfranken.
Besonderheiten Die Texte an den drei Hörstationen wurden von Schauspielern des Landestheaters Coburg eingesprochen.