Die B4 verläuft im Coburger Stadtgebiet weitgehend vierstreifig. Nur die 1,6 Kilometer im sogenannten Weichengereuth fehlen noch. Und werden weiter fehlen.
2011 und 2013 hatte sich der Stadtrat noch für einen dreistreifigen Ausbau ausgesprochen; seinerzeit hatte das Staatliche Bauamt auch entsprechende Skizzen präsentiert. Aber als es um die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans ging, war klar, dass nur ein vierstreifiger Ausbau Chancen haben würde, überhaupt in diesen Plan aufgenommen zu werden. Deshalb beschloss der Stadtrat 2016, dass er den vierstreifigen Ausbau wolle.
Das Staatliche Bauamt Bamberg erstellte nun eine Voruntersuchung als Grundlage für weitere Entscheidungen. Diese Untersuchung wurde schon im vergangenen September im Bau- und Umweltsenat vorgestellt - und abgelehnt. Auch bei einer Bürgerversammlung im Oktober, an der rund 150 Bürger teilnahmen, waren eher ablehnende und skeptische Stimmen zu hören.
Eigentlich hätte sich der Stadtrat schon längst mit dem Thema befassen sollen. Insofern war Stefan Arneth, Abteilungsleiter Planung beim Staatlichen Bauamt, froh, dass am Donnerstag eine Entscheidung fallen sollte. Doch alles, was er als Vorteile des vierstreifigen Ausbaus darlegte, vermochte die Stadtratsmehrheit nicht zu überzeugen.
21000 Fahrzeuge täglich wurden bei einer Untersuchung 2018 gezählt. Das allein reiche, um den Ausbau zu rechtfertigen, sagte Arneth. Da sei es gar nicht erforderlich, auch noch die zukünftig zu erwartende Verkehrsbelastung einzukalkulieren. Die würde ohnehin ziemlich stabil bleiben. Allerdings gehen die Planer davon aus, das eine durchgehend ausgebaute B4 innerörtlichen Verkehr anziehen würde - vor allem die Bamberger Straße würde entlastet. Genau das aber zweifeln andere Ämter an, wie die städtische Verkehrsplanerin Katja Link anmerkte. Denn die B4 würde nicht nur vier Fahrstreifen, sondern auch zwei Ampelanlagen erhalten: Eine an der Einmündung Ahorner Berg, eine an der Einmündung Samuel-Schmidt-Straße. An den übrigen Einmündungen wäre nur "rechts rein, rechts raus" möglich. Dafür wollte aber an der Abzweigung Ahorner Berg eine Wendemöglichkeit geschaffen werden, wenn auch nur für Pkw.
Das und die steigende Verkehrsbelastung lehnen aber die Anwohner ab. Die Haltung der Anwohner war denn auch ein Grund für die Stadtratsmehrheit, den Ausbau abzulehnen.
Kosten würde der Ausbau 26 Millionen Euro, an denen sich die Stadt nur zu einem geringen Teil beteiligen müsste: bei der Verbreiterung der Wassergasse. Die eigentliche Engstelle würde damit nicht beseitigt, merkte Katja Link an: Denn es würde zwar die Straßenbrücke über die Wassergasse neu errichtet, nicht aber die engere Bahnbrücke.
Letztlich war es lediglich die Fraktion von CSU/JC, die für den Ausbau stimmte. Die übrigen 28 Stadtratsmitglieder waren dagegen - auch wenn das vorderhand den Verzicht auf einen Radweg und erhöhte Verkehrssicherheit an den Einmündungen bedeutet. Aber eine größere Sicherheit lasse sich auch bei einer zweispurigen Straße erreichen, sagte Michael Zimmermann (FDP).
Die Argumente sind witzig. Zu Coronazeiten fordert man, dass man den wahren Experten zuhört, nicht den Experten der Youtube Universität, und das ist auch richtig. Hier negiert man die Aussagen des überregionalen Verkehrsplanungsexperten, man behauptet plump das Gegenteil. Coburg hat eine geschenkte 26-Millionen Investition in Infrastruktur abgelehnt, die einen Bruchteil der Bevölkerung negativ belastet und einen Großteil entlastet. Das ist wohl sonst einmalig.
Bekanntlich braucht man zum Denken einen Stuhl, auf dem man sitzt.
Ödön von Horváth, 1901-1938
"Einmalig" wäre eher der Blödfug gewesen, für fast 30 Millionen (!!!) ein paar hundert Meter Straße zwecks "Beschleunigung" vierspurig auszubauen, um den füglich "beschleunigten" Verkehr mit zwei (in Worten: 2) Ampeln im Minutentakt einzubremsen ... – man hätte das Weichengereuth dann ich "Echternacher Straße" umbenennen müssen ...
Wo schreibt man denn das hin? Der Coburger Stadtrat findet eine überzeugende Mehrheit für einen vernünftigen UND vom Bürgerwillen getragenen Beschluß ...
Na ja, denken wir an die Schwalben, deren eine noch keinen Sommer macht.