Brose setzt auf spezielles Programm für Führungsnachwuchs

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Ein neuer Spielplatz für ein Kinder- und Familienzentrum in Coburg: Die beiden Brose-Nachwuchsführungskräfte Burkhard Pfeuffer und Marco Gleißberg packen selbst mit an. "Man bekommt ein Gefühl dafür, was so ein Projekt ausmacht", sagt Gleißberg (rechts). Foto: Barbara Herbst
Ein neuer Spielplatz für ein Kinder- und Familienzentrum in Coburg: Die beiden Brose-Nachwuchsführungskräfte Burkhard Pfeuffer und Marco Gleißberg packen selbst mit an. "Man bekommt ein Gefühl dafür, was so ein Projekt ausmacht", sagt Gleißberg (rechts). Foto: Barbara Herbst

Wer andere führen will, braucht mehr als Fachwissen. Firmen wie der Autozulieferer Brose setzen bei jungen Talenten auf ein spezielles Programm. Dabei geht es auch um soziales Handeln.

Eine internationale Karriere fängt manchmal klein an. Im Fall der Firma Brose auf einem Spielplatz. Zeit für Spielereien bleibt Marco Gleißberg und Burkhard Pfeuffer an diesem Tag nicht. Es ist kurz vor 12.30 Uhr. Die beiden Brose-Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz in Coburg verlassen, um einige Straßen weiter beim Kinder- und Familienzentrum Domino nach dem Rechten zu sehen. Und um mit anzupacken. Es geht um ein Projekt. Um ihr spezielles Projekt. Die kleine Spielfläche vor dem Domino soll den Namen Spielplatz endlich verdienen. Nicht nur eine grüne Wiese mit zerfetztem Tipi, sondern richtige große Spielgeräte.

Marco Gleißberg zieht an einem Stahlseil und justiert die Bodenverankerung. Die Kletterpyramide ist fast fertig. Eine Firma hat sie am Morgen gebracht. "Wir wollten lokal etwas für Coburg machen, was nicht nur kurzzeitig wirkt, sondern Bestand hat", sagt der junge Diplom-Ingenieur. Mit wir meint der 31-Jährige fünf weitere junge Brose-Mitarbeiter. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie sind Teilnehmer des aktuellen internationalen Talent Circles der Brose-Gruppe: 17 Nachwuchskräfte, weltweit verteilt. Später einmal sollen sie Führungs- und Projektleitungsaufgaben übernehmen. Jetzt werden sie erst einmal darauf vorbereitet. Zwei Jahre lang.

Rund 21.000 Menschen arbeiten weltweit für den fränkischen Autozulieferer Brose, der unter anderem Werke in Coburg, Hallstadt und Würzburg betreibt und sich mit Tür- und Sitzsystemen sowie Elektromotoren zu einem der Weltmarktführer entwickelt hat. "Ich bin einer von 17 im Talent Circle, die besonders gefördert werden - das ist schon ein tolles Gefühl", sagt Burkhard Pfeuffer. Der 33- Jährige, in Bad Kissingen geboren, ist schon seit acht Jahren bei Brose in Coburg. Die Diplomarbeit führte den Wirtschaftsinformatiker einst hierher, jetzt arbeitet er in der zentralen IT.

Unternehmerische Expertise ist das eine, Spaß daran haben, mit Menschen zu arbeiten, das andere. "Mobilität, Leistungsbereitschaft und Verantwortung", nennt Nicole Sonnefeld-Licht wichtige Kriterien für die Auswahl der sogenannten Talents. Sie ist verantwortlich für den Talent Circle, betreut die jungen Nachwuchs-Führungskräfte bei ihren Seminaren. Häufig sind es Männer. "Wir haben im Talent Circle etwa 20 Prozent Frauen, was ungefähr dem Branchendurchschnitt entspricht", berichtet Sonnefeld-Licht.

Große Unternehmen sehr aktiv

Mitarbeiter mit Potenzial für Führungsaufgaben zu identifizieren - eine Aufgabe, die auch in den Geschäftsberichten des Sportartikelherstellers Adidas regelmäßig auftaucht. Am sogenannten Management Development Programm (MDP) von Adidas - ein globales Programm, das auf regionaler Ebene umgesetzt wird und Talente für die mittlere Führungsebene schult - haben im vergangenen Jahr laut Adidas 74 Mitarbeiter teilgenommen.
Wie wichtig große Unternehmen das Thema Führungsnachwuchs längst nehmen, zeigt eine von US-Wissenschaftlern weltweit durchgeführte Befragung unter 4500 Managern aus dem Jahr 2005. Demnach sehen die Unternehmenschefs Talent Management als ihre zweitwichtigste Aufgabe überhaupt.

Am Spielplatz vor dem Kinder- und Familienzentrum Domino betrachtet Burkhard Pfeuffer zufrieden die neue Pyramide mit den Kletterseilen. Das soziale Projekt der Talent-Gruppe nimmt Formen an. "Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen", sagt er. "In unserer Gruppe sind die Positionen so besetzt, wie es auch in der Firma bei einem Projekt wäre." Pfeuffer ist stellvertretender Projektleiter. Sein Kollege Marco Gleißberg hat die Bauleitung übernommen. Andere aus ihrem Projekt-Team kümmern sich um Design, Marketing oder rechtliche Fragen. Die Leiterin des Sozialprojekts "Spielplatz für Domino-Coburg" ist eine Chinesin. "Sie sitzt in Schanghai und übernimmt von dort aus die Koordination", berichtet Gleißberg. Globale Zusammenarbeit über große Distanzen. "Das ist auch später in der Firma gefragt", erklärt Talent-Circle-Betreuerin Sonnefeld-Licht den Sinn dieser Aufgabenverteilung.

In sechs Modulen lernen die jungen Nachwuchskräfte zudem in Theorie und Praxis, was eine Führungskraft ausmacht. "Es geht darum, das Persönlichkeitsprofil zu schärfen", sagt Sonnefeld-Licht.
Mexiko, Schanghai, Ostrava oder Stuttgart - so vielfältig wie die Brose-Standorte sind auch die Seminarorte. Jeweils vier Tage sind für die Treffen des Talent Circles veranschlagt, drei Tage Training, ein Tag Besichtigungsprogramm. Reisestress? "So etwas gehört später im Job dazu", sagt Sonnefeld-Licht.

Seit 2008 arbeitet man bei Brose mit dem internen Instrument "internationaler Talent Circle". Mit Erfolg: Laut Brose konnten so inzwischen mehr als 30 Führungspositionen intern besetzt werden.

Alle profitieren

Und das Spielplatz-Projekt? Über die Stadt Coburg kam der Kontakt mit Domino zustande. "Wir haben als erstes die Kinder gefragt, was sie denn überhaupt haben wollen", erzählt Pfeuffer. Was dann kam, waren typische Projektschritte: Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt, Budget-, Beschaffungs-, Designplanung und Sponsorensuche. "Wir sind so vorgegangen, wie wir auch im herkömmlichen Arbeitsleben vorgehen würden", sagt Gleißberg.

Das Ergebnis: Die Brose-Talente haben erfahren, wie schwierig es sein kann, sich untereinander abzustimmen. Und die Kinder erhalten für 65.000 Euro einen neuen Spielplatz. In zwei Wochen ist die Eröffnungsfeier geplant.