Franke nannte Baerbock "dümmste Außenministerin" - und akzeptiert erhebliche Strafe nicht

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Annalena Baerbock ist rechtlich gegen einen Mann vorgegangen, der in sozialen Medien gegen sie geschimpft hat. Inzwischen hat das Amtsgericht Kronach den beantragten Strafbefehl wegen Beleidigung erlassen. Doch der Fall ist damit nicht beendet.

Die Aktion eines 58-Jährigen aus Ludwigsstadt (Landkreis Kronach) bleibt für ihn nicht folgenlos. Weil er auf der Plattform X Bundesaußenministerin Annalena Baerbock als "dümmste Außenministerin der Welt" beleidigt haben soll, hat sie Strafantrag gestellt. Die Staatsanwaltschaft Coburg hatte daraufhin einen Strafbefehl wegen Beleidigung beantragt. Forderung war eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 9600 Euro in 120 Tagessätzen.

Ein Richter des Amtsgerichts Kronach hat den Strafbefehl nun erlassen, wie ein Sprecher inFranken.de berichtet. Doch der Angeklagte hat reagiert.

Update vom 27.08.2024: Hauptverhandlung gegen Oberfranken eventuell noch in diesem Jahr 

"Der Angeklagte hat über seinen Verteidiger Einspruch eingelegt", so der Sprecher. Der Verteidiger könne binnen einer Frist hierzu noch eine Begründung verfassen. Der Richter werde danach den Termin für die Hauptverhandlung festlegen. 

"Sie könnte kurz vor Weihnachten oder danach stattfinden", informiert der Sprecher. Der genaue Termin werde noch folgen. 

Update vom 26.06.2024: Amtsgericht Kronach prüft Strafbefehl zu Baerbock - wie könnte es weitergehen?

Wie inFranken.de zuvor berichtete, sind in dem Strafbefehl vier Tatvorwürfe enthalten. Wie ein Pressesprecher des Amtsgerichts Kronach erklärt, gehöre es zum allgemeinen Ablauf, dass ein Richter diesen Antrag prüfe und diesen dann "entweder ablehnt, weil er der Meinung ist, dass es gar nicht strafbar ist, ihn so unterschreibt, oder ihn an die Staatsanwaltschaft zurückschickt".

Wenn er also etwa mit der Strafe nicht einverstanden sei, könne er mit der Staatsanwaltschaft nachverhandeln. "Wenn die Staatsanwaltschaft es dann immer noch so sieht, der Richter es aber nicht ganz ablehnen will, kann er noch einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmen", führt der Sprecher fort.

Wenn der Richter den Antrag ablehne, könne die Staatsanwaltschaft noch dagegen Beschwerde einlegen. Zu dem konkreten Fall könne das Amtsgericht noch keine Details nennen, da auch der Angeklagte noch nicht über das Ergebnis informiert sei. Dieser kann zudem Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen.

Update vom 06.06.2024: Strafbefehl nach harschen Äußerungen zu Baerbock und Co. - Oberfranke erwartet teures Nachspiel

Politiker sind immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Vor allem prominente Entscheidungsträger werden regelmäßig beschimpft - insbesondere in den sozialen Medien. Gegen die gegen ihre Person gerichteten Schmähungen gehen die Betroffenen teilweise juristisch vor. So war ein Mann aus dem Landkreis Wunsiedel im vergangenen Herbst etwa zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden, nachdem er Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Bildcollage als "Vollpfosten" bezeichnet hatte. 

Zuletzt gab es auch Ermittlungen gegen einen 58-Jährigen aus dem Raum Kronach. Dieser war zuvor wegen einer mutmaßlichen Beleidigung von Außenministerin Annalena Baerbock (ebenfalls Grüne) ins Visier der Justiz geraten. Die entsprechenden Untersuchungen sind inzwischen beendet. "Die Staatsanwaltschaft hat am Montag, dem 3.6., die Ermittlungen abgeschlossen", berichtet der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Coburg, Oberstaatsanwalt Michael Koch, am Donnerstag (6. Juni 2024) im Gespräch mit inFranken.de. "Beim Amtsgericht Kronach ist daraufhin Strafbefehl beantragt worden."

Bestandteil des Antrags sind Koch zufolge gleich mehrere Aspekte. "Insgesamt sind vier Tatvorwürfe im Strafbefehl enthalten. Konkret geht es in allen Fällen um Twitter-Äußerungen, die im März/April letzten Jahres getätigt worden sind", erklärt der Oberstaatsanwalt. In zwei Fällen dient demnach der Paragraf 188 des Strafgesetzbuchs als Grundlage. Dieser umfasst explizit gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung. Strafbar werden die jeweiligen Äußerungen hierbei, wenn sie mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen. Die Tat muss zudem geeignet sein, "sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren"

Nach Twitter-Posts zu Baerbock, Roth, Strack-Zimmermann und Chebli: 9600-Euro-Geldstrafe für Mann aus Ludwigsstadt?

Dies trifft laut Auffassung der Staatsanwalt offenkundig im Fall der gegen Baerbock gerichteten Aussagen zu. Im Zuge eines internationalen Haftbefehls gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin hielt der 58-Jährige aus Ludwigsstadt mit Blick auf Baerbock seinerzeit auf Twitter (heute X) fest: "Die dümmste Außenministerin der Welt verhindert Friedensgespräche und fördert Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet. Sie ist damit verantwortlich für den Tod vieler Menschen. Sie gehört ebenso vor den Strafgerichtshof. Mildes Urteil, weil dumm", so der Social-Media-Post im Wortlaut. 

Der zweite Tatvorwurf in Hinsicht auf den Paragrafen 188 bezieht sich auf eine Aussage über den SPD-Außenpolitiker und Bundestagsabgeordneten Michael Roth. Darüber hinaus wird dem 58-Jährigen vorgeworfen, die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) sowie die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli in Verbindung mit deren Buchveröffentlichung beleidigt zu haben.

"Beantragt wurde eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen", berichtet der Sprecher der Coburger Staatsanwaltschaft. Ein Tagessatz des Angeschuldigten wurde demnach auf 80 Euro geschätzt. In der Summe beläuft sich der Strafbefehl gegen den 58-Jährigen folglich auf eine Geldstrafe von 9600 Euro. Ob der Strafbefehl erlassen wird, entscheidet nun das Amtsgericht Kronach. Der Angeschuldigte kann gleichwohl Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. In der Folge kommt es dann zu einer mündlichen Hauptverhandlung

Erstmeldung vom 23.05.2024: "Dümmste Außenministerin der Welt" - Baerbock stellt Strafantrag gegen Oberfranken (58)

Einem 58 Jahre alten Mann aus Ludwigsstadt (Kreis Kronach) steht allerhand Ärger ins Haus: Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Coburg bestätigt einen Bericht des umstrittenen Online-Portals Nius, das vom ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt ins Leben gerufen wurde. Der Mann hatte im Internet mutmaßlich mehrere Politiker und Politikerinnen beleidigt, weshalb nun Ermittlungen gegen ihn laufen. "Vermutlich durch den Verteidiger oder den Mann selbst" war die dortige Redaktion an die Justizunterlagen des Falls gelangt und hatte diese im Anschluss auf der Website publiziert, so der Sprecher gegenüber inFranken.de

Unter den Zielen der Verbalattacken befand sich auch Annalena Baerbock (Grüne), die der Oberfranke als "dümmste Außenministerin der Welt" betitelt haben soll. Den Post veröffentlichte er auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter). Die 43-Jährige stellte daraufhin Strafantrag. Erst im März musste ein Mann aus dem Kreis Wunsiedel eine hohe Strafe zahlen, weil er Robert Habeck als Vollpfosten bezeichnete. Doch wie gelangte der Beitrag des Ludwigsstadters überhaupt an die Ermittlungsbehörden?

"Dumm" offenbar nicht das Hauptproblem: Auswärtiges Amt erklärt Motivation des Strafantrags

"Die Veröffentlichung wurde über ein Meldeportal in Hessen an das Bundeskriminalamt weitergeleitet", erklärt der Sprecher der Coburger Staatsanwaltschaft. "Eigentlich ist Beleidigung an sich ein reines Antragsdelikt. Im Falle von Politikern gibt es aber noch den Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches." Er betrifft solche Aussagen, die aus Beweggründen begangen werden, "die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen" und geeignet sind, deren "öffentliches Wirken erheblich zu erschweren".

Darauf stehen in Deutschland aktuell bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belangt. In diesen Fällen sei es trotzdem notwendig, dass das mutmaßliche Opfer zustimme und den Strafantrag stelle. "Die Polizei hat dafür standardisierte Formulare. Frau Baerbock hat den Antrag gestellt", so der Sprecher. Der Grund für den Strafantrag sei nicht, dass er sie als "dumm" oder "dümmste Außenministerin der Welt" bezeichnet hat, erklärt das Auswärtige Amt. Baerbock sei immer wieder Zielscheibe von strafrechtlich relevanten Drohungen, Beleidigungen und Hassaufrufen. In diesen Fällen werde "konsequent Strafantrag stellt", so die Behörde eher vage.

Möglicherweise stelle der X-Beitrag eine gegen eine Person des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung dar. All dies umfasst der § 188 StGB. Aufgestoßen zu sein scheinen Baerbock vor allem die Vorwürfe: "Die dümmste Außenministerin der Welt verhindert Friedensgespräche und fördert Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet. Sie ist damit verantwortlich für den Tod vieler Menschen. Sie gehört ebenso vor den Strafgerichtshof. Mildes Urteil, weil dumm", so der Post im Wortlaut, der sich auf einen Haftbefehl gegen Putin bezieht. 

Baerbock, Strack-Zimmermann, Chebli & Co.: 58-jähriger Oberfranke mit zahlreichen Vorwürfen konfrontiert

Was genau an dem Post strafrechtlich relevant sein könnte, muss jetzt allerdings die Justiz klären. Außerdem werde gegen den 58-jährigen Oberfranken noch in weiteren Fällen wegen der mutmaßlichen Beleidigung gegen "Personen des politischen Lebens" ermittelt, die ebenfalls Strafantrag gegen den Mann gestellt hätten, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. 

Das betreffe den SPD-Außenpolitiker Michael Roth, die ehemalige Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), und die FDP-Bundestagsabgeordnete Agnes Strack-Zimmermann. Bei letzterer sei der Strafantrag gar über eine Anwaltskanzlei bei der Staatsanwaltschaft in Coburg eingegangen, erklärt der Sprecher. Es handle sich um "jeweils einzelne Fälle", also nicht denselben Post, betont er.

Auch stehe noch eine Überprüfung an, ob die Veröffentlichung beziehungsweise Weitergabe der Justizunterlagen eine Verletzung des Dienstgeheimnisses nach § 353b des Strafgesetzbuches darstellt. "Hier stellt sich die Frage, ob die Informationen ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens sind", so der Sprecher. Weitere Nachrichten aus Coburg findet ihr hier. 

Mit dpa-Material

Vorschaubild: © Bodo Schackow/dpa