Einzelhandelsgeschäfte in Coburg stellten sich dem Test, wie gut ihre Service-Orientierung für Menschen mit Einschränkungen ist.
Was bedeutet "Serviceorientierung für Menschen mit Einschränkungen im Einzelhandel"? Reicht es zum Beispiel, einen Wasserspender im Geschäft aufzustellen? Oder sollte gewährleistet sein, dass alle Produkte von einem Rollstuhl aus erreichbar sein müssen?
Der innerstädtische Handel wurde im Juli gefragt, ob er sich an einem entsprechenden Test durch das Citymanagement beteiligen würde. Zwölf Geschäfte haben sich bereit erklärt, diesen "Store-Check" durch Schüler der Heilerziehungspflegeschule in Verbindung mit Menschen mit Einschränkungen durchzuführen.
Jetzt gab es Urkunden für die freundliche Kooperation
Anfang Oktober gab es einen ersten kurzen Pressetermin, um die Probleme von Menschen mit Einschränkungen in der Coburger Innenstadt zu beleuchten. Nun waren die zwölf Einzelhändler und Vertreter verschiedener Einrichtungen zu einem Empfang im historischen Rathaussaal geladen. Alle teilnehmenden Unternehmen und Gruppierungen wurden nun mit einer Urkunde, einer Ehrennadel und einer Coburger Quietscheente ausgezeichnet. Coburgs Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) und Coburgs Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) waren bei diesem Termin dabei.
Bereits zu Beginn des Jahres hatten sich die Vertreter der OBO (Offene Behindertenarbeit Oberfranken), der Fachschule für Heilerziehungspflege Coburg, das Citymanagement Coburg und der Behindertenbeauftragte der Stadt Coburg zusammengesetzt, um Fragen rund um die Servicefreundlichkeit und Hilfsbereitschaft im Einzelhandel auszuarbeiten. Thomas Calmonte (OBO) und Stephanie Korhammer (Diplom-Sozialwisssenschaftlerin an der Fachschule für Heilerziehungspflege Coburg) blickten nun auf die Anfänge der Aktion zurück. Erst einmal hätten die richtigen Fragen formuliert werden müssen. Calmonte betonte: "Wir sind keine Architekten und keine Reha-Fachleute. Jedoch haben wir ganz viele Leute, die Experten in eigener Sache sind." Deswegen habe man darauf verzichtet, Fragen nach einer DIN-Norm zu stellen, welche die richtige Architektur der Läden oder die geeignete sanitäre Versorgung von Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen beträfen. Das Ganze sei differenzierter und persönlicher gewesen.
Citymanager Jörg Hormann sagte, er habe sich erfreut gezeigt, als die OBO und die Fachschule mit diesem Projekt auf ihn zugegangen seien. Es freue ihn auch, dass die Einzelhändler nicht gezögert hätten, sich zur Mitarbeit bereitzuerklären. Im Oktober 2016 habe man die Auswertung der Fragebögen vorgenommen.
Die Bürgermeister Nowak und Weber teilten mit, dass Coburg sich seit Jahren mit der Verbesserung der Bedingungen für Menschen mit Behinderungen befasse. "Seit 2010", konkretisierte dies Weber. So habe man unter anderem die Bushaltestellen barrierefrei umgebaut. Für mittlerweile 48 umgestaltete Bushaltestellen seien 1.238.000 Euro ausgegeben worden. In einer weiteren Aktion werde die Stadt bis 2017/2018 neun weitere Bushaltestellen umgestalten. "Dann werden über 1,5 Millionen Euro in die Barrierefreiheit investiert sein", bilanzierte Weber. Natürlich werde die Barrierefreiheit bei städtischen Baumaßnahmen entsprechend der aktuellen Normen und Richtlinien berücksichtigt. Bei Straßen- und Platzgestaltungen würden Querungsstellen für Blinde und Sehbehinderte und Gehbehinderte vorgesehen. Signalisierte Kreuzungen würden mit akustischen Signalen zur besseren Orientierung für Blinde und Sehbehinderte ausgestattet. 14 Kreuzungen habe man im Zuge der so genannten Busbeschleunigung mit Zusatzeinrichtungen ergänzt.
Darüber hinaus gebe es einen Onlinekartendienst auf der Internetseite der Stadt Coburg sowie Informationen zur Barrierefreiheit von öffentlichen WC-Anlagen und Bushaltestellen. Wolfgang Doischer, Behindertenbeauftragter der Stadt Coburg, dankte allen, die sich an der Umfrage und der Ausgestaltung der Barrierefreiheit beteiligten. Im Einzelhandel sah er dies als eine permanente Herausforderung an.