Die 48 Flüchtlinge in der Frankenhalle verlassen Neustadt. Allerdings führt ihr Weg nun nicht, wie angekündigt, in Wohnungen im Landkreis, die in einem Kraftakt für sie organisiert wurden. Sie werden alle zusammen in ein Auffanglager bei Forchheim gebracht.
Es sollte ein fröhlicher Abend werden, ein netter Abschied aus dem Notquartier Frankenhalle. Doch am Dienstagabend war vor allem den Helfern die Enttäuschung anzumerken, die in den vergangenen zwei Wochen 48 Flüchtlinge aus dem Kosovo in Neustadt betreut haben. In letzter Minute erfuhren die Asylsuchenden, dass sie nicht, wie geplant, in Wohnungen im Landkreis umziehen werden. Sie werden vielmehr in ein Auffanglager bei Forchheim gebracht.
"Wir hatten Wohnungen für alle gefunden", sagte Landrat Michael Busch (SPD). Das war kein geringer Aufwand für die Mitarbeiter der Kreisverwaltung gewesen. Dann kam am Montag zuerst die neue Anweisung, dass nur die Männer der Gruppe in Neustadt in Wohnungen umziehen sollen. Die Familien kämen ins Auffanglager. "Auch das war schon eine Entscheidung, die nicht nachzuvollziehen war", sagte Neustadts Dritter Bürgermeister Martin Stingl (SPD). Wenn, dann hätten doch die Familien die Wohnungen bekommen sollen. Erst am Dienstag kam dann noch einmal eine geänderte Bestimmung, der Regierung von Oberfranken: Alle gehen ins Lager nach Forchheim.
Netzwerk der Hilfe Harald Hofmann, der Hausmeister der Frankenhalle, betonte noch einmal, wie angenehm die Zusammenarbeit mit den Flüchtlingen klappte, die er von Anfang an als Gäste bezeichnete. Jürgen Forscht vom Landratsamt Coburg war tagsüber fast rund um die Uhr in der Halle vor Ort. Ihn lobte Landrat Busch dafür, dass er rasch ein Netzwerk der Hilfe aufgebaut und die Gruppe zu einer echten Gemeinschaft entwickelt hat. Dabei baute Forscht auf die enge Zusammenarbeit mit Ines Förster vom Familienzentrum in Neustadt. Unterstützt wurden sie tatkräftig durch Feuerwehr, THW, BRK, ASB und viele Neustadter Vereine, Betriebe und Privatpersonen.
Durch ihre höfliche und bescheidene Art waren allen Helfern die Flüchtlinge in der kurzen Zeit bereits ans Herz gewachsen. So bekam der Abschied unter den neuen Voraussetzungen einen bitteren Beigeschmack. Martin Stingl sagte in seiner Rede zum Abschied: "So geht man nicht mit Menschen um, ich bedaure das zutiefst."
Dass alle Vorurteile und Hetzparolen, die es im Vorfeld der Ankunft der Flüchtlinge gegeben hatte, keinerlei Grundlage haben, unterstrich Michael Busch. Er zitierte aus Flugblättern der NPD, die gemeint hatte, die Neustadter und Niederfüllbacher vor einer "Asylflut" warnen zu müssen.
Wie wenig Grund es zu dieser Warnung gab, bestätigte Günther Eppler, der Leiter der Polizeiinspektion Neustadt. "Es gab nicht einen einzigen Vorfall in Zusammenhang mit den Flüchtlingen, der die Polizei beschäftigt hätte." Er war wie viele Neustadter Helfer zum Abschied in die Halle gekommen.
Und irgendwie feierten dann doch alle, auch wenn die Stimmung ein wenig gedrückt war. Die Kosovaren hatten für alle einen großen Topf Pasul gekocht, eine landestypische Spezialität aus Bohnen, Zwiebeln und Paprika. "Das muss man probiert haben, es schmeckt wirklich fantastisch", schwärmte Jürgen Forscht. Es wurde gesungen und sogar getanzt. Die Männer zeigten einen kosovarischen Erntetanz.
Geschenke vom FC Bayern Selbst Abschiedsgeschenke fehlten nicht. Dieter Wolf, der Vorsitzende der Tschernobyl Kinderhilfe in Neustadt, hatte seine Beziehungen zum FC Bayern spielen lassen. Der Verein spendet ihm regelmäßig Sportsachen für den Besuch von Kindergruppen aus der Katastrophenregion des Reaktorunglücks. Nun rückte er mit großen Kartons voller Fanartikel in der Halle an. "Ich habe mir schriftlich die Erlaubnis vom FC Bayern geholt, dass ich die Sachen auch hier verteilen darf", stellte er klar. Und: "Es geht heute hier keiner leer aus." Dabei wurden nicht etwa Geschenke wahllos unter die Leute gebracht. "Wir haben jedes einzelne Stück namentlich zugeordnet und das wird als persönliches Geschenk überreicht", betonte Jürgen Forscht. Schließlich ging es auch um Kleidergrößen, denn überwiegend hatte Wolf Sportkleidung mitgebracht.
Kritik an der Organisation Sowohl Landrat Michael Busch als auch Neustadts Dritter Bürgermeister Martin Stingl und viele Helfer, die in der Praxis an der Organisation der Notfallunterkunft in der Halle und der späteren Betreuung der Flüchtlinge beteiligt waren, übten Kritik am Vorgehen der verantwortlichen Stellen bei der Landes- und Bezirksregierung. Fast stündlich neue Informationen und Entscheidungen herauszugeben, sorgte ebenso für Kopfschütteln, wie der Umstand, dass die Helfer erst bei der Ankunft der Flüchtlinge überhaupt erfahren, wie sich die Gruppe zusammensetzt, um die sie sich kümmern sollen.