Wozu braucht man Monster-Masten?

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Foto: imago
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Der Konflikt um den Bau neuer Leitungen durch Franken ist erst einmal vertagt. Bei der Diskussion werden oft Begriffe durcheinandergeworfen. Wir nutzen die Zeit, um Durchblick im Kabelsalat zu schaffen.

Stromleitungen haben etwas Seltsames an sich: Meistens nimmt man sie gar nicht wahr. Sollen aber neue gebaut werden oder hält man bewusst Ausschau, dann sieht man sie überall. Logisch: 1,8 Millionen Kilometer Stromleitungen kann man nicht verstecken, auch wenn der größte Teil dieses Netzes unter der Erde liegt. Man kann sich das komplexe System, mit dem der Strom in Deutschland verteilt wird, wie ein Spinnennetz vorstellen. Knotenpunkte sind Kraft- und Umspannwerke, dazwischen verzweigt sich das Stromnetz bis in jedes einzelne Haus. Grundsätzlich gilt: Je mehr Strom transportiert werden muss und je länger die Strecken sind, die überwunden werden, umso höher die Spannung und umso größer Leitungen und Masten.

Das deutsche Höchstspannungsnetz, das von den Großkraftwerken gespeist wird, ist 36 000 Kilometer lang, könnte also etwa einmal um den Äquator gewickelt werden.
Diese werden von vier Unternehmen betrieben, die Deutschland in Stromregionen aufgeteilt haben: die Netzbetreiber Tennet (zuständig in Franken), Amprion, TransnetBW und 50Hertz.

Durch Fernleitungen fließt der Strom mit 380 000/220 000 Volt, abgekürzt 380/220 kV (Kilovolt = 1000 Volt). Die hohe Spannung wird gewählt, weil die Energieverluste beim Transport über große Strecken umso kleiner sind, je höher die Spannung ist. Physik und Technik setzen dabei aber enge Grenzen.

Unter der Erde

Aus der Steckdose kommt der Strom mit einer Spannung von 220 oder 380 Volt. Für die Umwandlung sorgen im deutschen Stromnetz 1100 Umspannwerke (zum Beispiel in Eltmann, Oberhaid und Redwitz sowie am Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld) und 600 000 Transformatorstationen (Trafohäuschen).

Verschwunden sind in den letzten Jahren fast überall die Freileitungen, mit denen der Strom von Haus zu Haus gebracht wurde. Dieses Niederspannungsnetz liegt großteils unter der Erde. Die Kabel dafür müssen mit einer Isolierung versehen werden, weil der Strom sonst in die Erde abfließen würde. Das ist bei einer Freileitung nicht nötig: Hier ist die Luft der Isolator; die Leiterseile (so der Fachbegriff) sind aus blankem Metall; in der Regel Bündel aus Aluminiumdrähten mit einem Kern aus Stahldrähten, die die Zugkräfte aufnehmen. Bei hohen und höchsten Spannungen ist die Freileitung die übliche Übertragungsmethode. Erdkabel mit vergleichbarer Leistung wären sehr dick und schwer (und damit teuer). Das macht die Verlegung kompliziert, da bei einer 380-kV-Erdleitung wegen des Gewichts nur 1000 Meter lange Kabelstücke verbaut werden können. Die Verbindung erfolgt in aufwendigen Muffenbauwerken.

Bitte Abstand halten

Die Freileitungen haben einen weiteren Vorteil: Störungen oder Schäden in einem Erdkabel müssen erst gesucht und lokalisiert, Schadstellen ausgebuddelt werden. Leiterseile sind leichter zugänglich, Schäden offensichtlich.
Da Leitungen, durch die große Strommengen fließen, elektrische und magnetische Felder erzeugen, müssen Sicherheitsabstände eingehalten werden: vom Draht zum Erdboden, zu Häusern und Bäumen ..., vom Draht zum Mast und zwischen den Drähten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich Metall ausdehnt, wenn es warm wird: Leiterseile erwärmen sich durch den Stromfluss (auf maximal 80 Grad bei der gängigen Technik) und hängen dann stärker durch als im kalten Zustand.

Daraus erklärt sich, dass Masten im Höchstspannungsnetz sehr hoch (bis zu 70 Meter) und mit breiten Auslegern (Traversen) ausgestattet sind. Die höchsten Strommasten Europas stehen an der Elbe bei Wilster (Hamburg). Für die 1100 Meter lange Flussüberquerung wurden zwei 227 Meter hohe Tragmasten gebaut. Und die sind nun wirklich nicht zu übersehen.