Der VCD-Verkehrsclub lud Vertreter der Stadtratsparteien und Bürger in den Stephanshof zur Diskussionsveranstaltung über Fahrradfahren in Bamberg ein.
Egal, ob sich die Vertreter der Stadtratsfraktionen als aktive und leidenschaftliche Fahrradfahrer outeten oder als Gelegenheitsradler, die nur zwei Mal im Jahr zum Vereinsausflug auf den Drahtesel steigen - alle vom VCD-Verkehrsclub
Bamberg in den Stephanshof zur Podiumsdiskussion geladenen Politiker waren sich einig: Die Stadt hat schon viel für ihre Fahrradfahrer getan und sie wird auch weiterhin viel für diese tun.
Den zahlreichen anwesenden Bürgern indes reichten diese Beteuerungen nicht aus und so kam es zu einer zweistündigen, von Jonas Glüsenkamp moderierten lebhaften Diskussionsrunde. Dabei fielen aus dem Auditorium deutliche Statements wie "Nur sagen, wir sind für den Radverkehr, aber nichts dafür zu tun, geht eben nicht!" oder Absichtserklärungen sind keinen Cent wert, wenn sie nicht auch umgesetzt werden!".
Zugeparkte Gehwege
Angesprochen wurden zahlreiche
Problemfelder wie beispielsweise das Zuparken der Geh- und Radwege. Daniela Reinfelder (BuB) vertrat die Meinung, dass es nicht genügend in den Köpfen der Autofahrer verankert sei, dass sie verbotenerweise ihre Fahrzeuge auf den Radwegen abstellen. Einen Schilderwall oder eine verstärkte Kontrolle durch die Polizei oder den Bamberger Überwachungsdienst (Püd) hält sie jedoch nicht für den richtigen Ansatz. "Sicherlich könnte ich mir einen oder zwei Aktionstage im Jahr vorstellen, an denen der Püd gezielt Bußgelder an Autofahrer verteilt, die mit ihren abgestellten Fahrzeuge Radwege blockieren. Aber es wird immer Autofahrer geben, die sich nicht mit einem Bußgeld abschrecken lassen", sagte sie.
Gefordert wurden während der Diskussion mehr Abstellflächen für Radfahrer und zwar bevorzugt solche mit Bügeln, um hochwertige Räder besser gegen Diebstahl zu sichern.
Hierbei sah Martin Pöhner (FDP) noch großen Handlungsbedarf. "Wir werden es nicht hinbekommen, alle benötigten Flächen als Stellplätze für Radfahrer auszuweisen. Aber am Pfahlplätzchen finde ich es sehr sinnvoll eine zweite Reihe an Abstellflächen zu erschaffen", so der FDP-Politiker.
Gesprächsstoff gab es auch in Sachen Radhaus am Bahnhof sowie des Vorplatzes, an dem Fahrräder ungeordnet und oftmals chaotisch abgestellt werden. Dieter Weinsheimer (Freien Wähler) und Tobias Rausch (GAL) zeigten zum Teil Verständnis für Radfahrer, die ihr Gefährt lieber außerhalb des kostenpflichtigen Radhauses abstellen. "Ich bin selbst zehn Jahre mit dem Rad und der Bahn nach Forchheim gependelt. Der typische Pendler kommt oftmals auf den letzten Drücker, da bleibt nicht noch Zeit, sein Rad im Parkhaus abzustellen", schilderte Weinsheimer.
Und Rausch ergänzte, dass viele Radfahrer, die am Haupteingang ankommen, nicht erst einmal um den ganzen Bahnhof fahren wollten, nur um ihr Rad abzustellen. Daher müsse man eben künftig beide Gruppen bedienen: diejenigen, die ins Rad-Parkhaus gehen wollen, und diejenigen, die lieber im Freien ihre Räder abstellen.
Eine vielleicht wirksame Maßnahme zur Entschärfung des Gefahrenbereiches der Einmündung Annastraße/Starkenfeldstraße präsentierte Peter Süß (SPD): So soll künftig das 30-km/h-Begrenzungsschild für Lkws von der Brücke in Richtung der Einmündung versetzt werden. "Vielleicht hat es dann auch für die Autofahrer eine psychologische Wirkung. Denn nicht jeder sieht das kleine Zusatzschild und reduziert automatisch die Geschwindigkeit", erläuterte Süß. Zumindest sei es eine Kompromisslösung für erstmal ein Jahr.
Eine generelle Herabsetzung der Geschwindigkeit auf 30 km/h für alle Verkehrsteilnehmer sei, wie Stefan Hipelius (CSU) berichtete, aktuell (noch) gesetzlich verboten. Und abschließend betonte Hipelius: "Alle Verkehrsteilnehmer haben ihre Daseinsberechtigung. Es ist aber wichtig darüber zu reden, auch wenn nicht alle immer einer Meinung sind."
Die wichtigsten Problembereiche bleiben völlig ausgeblendet - die nahezu ausnahmslose Mißachtung rechtlicher und fachlicher Vorgaben für die Lenkung und Gestaltung des Fahrradverkehrs unter Inkaufnahme starker Behinderungen und Gefährdungen. Die Stadt verweist gern auf (angebliche) Vorschriften, wenn sie für die Sicherheit erforderliche Einschränkungen des Autoverkehrs nicht umsetzen will. Sie hat indes keinerlei Bedenken, der Sicherheit unmotorisierter Verkehrsteilnehmer dienende Vorschriften weitgehend flächendeckend zu ignorieren.
Beinahe ausschließlich Politiker kommen im Bericht zu Wort: Kontrolle gefährdenden Falschparkens wäre der falsche Ansatz, genügend Stellplätze für Fahrräder werde man nicht hinbekommen - mehr als abwiegelnde Phrasen waren wohl auch nicht zu erwarten. Daß im Bereich der Annastraße eine längst beschlossene, von den Fachleuten der Verbände als sinnfrei beurteilte Maßnahme als innovative "Lösung" präsentiert wird, setzt dem die Krone auf.
Wenngleich verklausuliert, läßt Ratsherr Hipelius wenigstens einen Hauch Ehrlichkeit durchschimmern: Die dringendst überfällige Verkehrswende ist seitens der politischen und behördlichen Führung nicht gewollt. Lärm, Abgase, Unfallrisiko und andere Folgewirkungen sollen die Menschen gefälligst weiterhin erdulden.
Mit der Meinung, sie hätten bereits viel für (!) die Radfahrer getan, stehen Bambergs Verantwortliche seit Jahren allein da. Die Radler selbst haben wiederholt klargestellt, daß dem mitnichten so ist - unter anderem in den Fahrradklimatests des ADFC, aber auch beispielsweise online auf inFranken.de. Warum wohl muß sich die Stadtverwaltung immer wieder auf die Position zurückziehen, nach (teilweise überholten) Richtlinien wie vorgesehen bauen zu dürfen, wenn ihr begründet vorgehalten wird, sie gefährde so die Verkehrssicherheit?
Leider belegt die Berichterstattung schon lange, daß auf kritisches Nachbohren in der veröffentlichten Meinung nicht gehofft werden darf.