Wo sollen diese 78 Menschen jetzt bleiben?

3 Min
Der Memmelsdorfer Bürgermeister Gerd Schneider spricht mit Mietern aus dem Mehrfamilienhaus in der Lichteneiche, in dem es diese Woche brannte. Foto: Anette Schreiber
Der Memmelsdorfer Bürgermeister Gerd Schneider  spricht mit  Mietern aus dem Mehrfamilienhaus in der Lichteneiche, in dem es diese Woche brannte.  Foto: Anette Schreiber

Nach dem Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Lichteneiche können die Mieter nicht zurück . Sie erheben schwere Vorwürfe gegen den Vermieter.

"Aleksandr, du redest zu viel." Ein Satz, wie aus einem Agentenfilm, Liebesgrüße aus Moskau oder so. Der Satz wurde aber nicht im fernen Hollywood abgedreht, sondern in der nahen Lichteneiche gesprochen. Und zwar da, wo in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch der Keller eines Mehrfamilienhauses brannte und die meisten der 78 verängstigten Menschen über ihre Balkone und Drehleitern gerettet werden mussten. Ab da waren die Mieter von Peter B., dem Chef von Aleksandr, praktisch sich selbst überlassen und haben die Tage und Nächte irgendwie und irgendwo überbrückt. Vor allem mit und dank der Hilfe der Gemeinde Memmelsdorf mit deren Bürgermeister Gerd Schneider an der Spitze.

Doch wie es scheint, werden die Mieter so schnell nicht in ihre Wohnungen zurückkehren können, oder auch wollen. Im Moment kommen sie auf Verdacht "zum Haus" und fragen Aleksandr, den Hausmeister in Diensten von Peter B., ob sie Sachen aus ihren Wohnungen holen dürfen. Maximal zehn bis 20 Minuten, und auch nur mit Maske, erklärt der ihnen. Er selbst habe "den ganzen Morgen gekotzt", weil er was im Keller zu erledigen hatte - mit Maske selbstverständlich. "Aleksandr, du redest zu viel." Mahnt der unscheinbare Mann neben ihm, dem man eigentlich reflexartig helfen möchte. Braucht man aber ganz gewiss nicht. Peter B., so wissen es seine Mieter, hat etliche Wohnhäuser wie dieses in der Lichteneiche, in Memmelsdorf, in Haßfurt und in Nürnberg. Und ein Hotel. Neben Memmelsdorf ist Moskau der Wohnsitz von Peter B., hat der Bürgermeister recherchiert. Von Moskau aus soll auch B.s Sohn agieren, die Tochter hier die Wohnungen mit managen. Doch zur Zeit des Brandes war sie wohl im Urlaub.

Nach der Brandnacht sind die geretteten Bewohner erst einmal in Ferienwohnungen oder bei Verwandten untergekommen. Viele davon wohnen in den weiteren Wohnhäusern B.s. Viele davon soll B., so des Bürgermeisters Recherchen von der Josephs-Stiftung erworben haben, "nachdem die Sozialbindung abgelaufen war". Und dann wurde offenbar gar nichts mehr an den Häusern gemacht haben.

Mieter sind sauer

B.s Brandhaus-Mieter sind sauer, wie sich bei der Zusammenkunft Donnerstagnachmittag im Rathaus zeigt. Immer wenn sie etwas monierten oder gebraucht hätten, habe B.s Tochter sie am Telefon angeschrien oder sei nicht erreichbar gewesen. Die Rede ist auch von Mieterhöhungen und davon, dass B. die Mieter eigentlich aus besagtem Haus haben wollte. Und dann brannte es vor kurzem bei den Mülltonnen und nun im Keller. Immer wieder wird von Angst gesprochen. Rauchmelder hätten nicht funktioniert, Brandschutztüren im Keller waren blockiert, schimpfen einige. Wut wird greifbar. Auch wegen B.s Äußerungen in der Art, ihm seien die Mieter und was aus ihnen wird "scheißegal".

Wut hat auch der Bürgermeister auf B., weil der allein die Gemeinde in der Pflicht sieht. Schneider hat sich beim Juristen erkundigt und erfahren, dass die Gemeinde im Zuge der Nothilfe für Unterbringung in der ersten Nacht nach so einem Vorkommnis zuständig ist. Ab der zweiten die Mieter selbst. "Dann sind wir jetzt also obdachlos", folgern die Mieter. Das heißt, eigentlich müssten sie ihre Unterkünfte selbst bezahlen, was problematisch ist, weil viele bereits ihre Miete überwiesen haben. Sie brauchen juristischen Beistand, was Kündigung oder Mietminderung betrifft. "Die Gemeinde übernimmt die Kosten für die Erstberatung", sagt Schneider zu.

Dringend Hilfe benötigt

Und auch weitere Unterstützung. Richard Hohner und Ralph Pfister sind die Ansprechpartner im Rathaus. Denn die Menschen brauchen dringend Hilfe. Bei Verwandten können sie nicht mehr viel länger bleiben und in den Ferienwohnungen wohl auch nicht. "Wir suchen dringend Wohnungen," appelliert Schneider an die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Umgebung. "Wir brauchen dringend eine Waschmaschine oder eine Gelegenheit zum Waschen, ", sagt Kristina Seibel, die zusammen mit Oskar Fuchs als Sprachrohr der Mieter fungiert. Und Möbel. Das meiste in den total verrußten Wohnungen ist unbrauchbar. Auf die Frage nach Hausratversicherung meldet sich nur ein Mieter. "Zu teuer", kommentiert eine ältere Frau. Nicken im Saal. "Darf man das noch essen?", fragt eine andere ihre Sitznachbarin. Sie möchte wenigstens noch was aus dem Kühlschrank retten. Drunten im Keller taut eine halbe Sau auf, weiß der Hausmeister. "Aleksandr, du redest zu viel", bremst Peter B. ihn aus. Strom, Wasser, Gas, alles ist abgestellt oder defekt. B. will sauber machen lassen und dann können die Mieter ja wieder rein, lässt er sich abringen, ein Foto nicht..

Die Brandermittler der Kriminalpolizei sind noch vor Ort, teilt Pressesprecher Jürgen Stadter vom Polizeipräsidium Bayreuth auf FT-Nachfrage mit.

Die Gemeinde Memmelsdorf hat ein Spendenkonto eingerichtet: Stichwort "Brandhilfe Lichteneiche" bei VR Bank Bamberg unter IBAN DE78 7706 0100 0005 7202 06