Wo man heute Kittel kauft

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Nach dem Kauf auf der Frühjahrsmesse: erster Arbeitseinsatz für den Kittel in der Küche der Lokalredaktion. Fotos: Schreiber/Christofzik/Rinklef
Nach dem Kauf auf der Frühjahrsmesse: erster Arbeitseinsatz für den Kittel in der Küche der Lokalredaktion.  Fotos: Schreiber/Christofzik/Rinklef
 
Erwin Kissinger
Erwin Kissinger
 
Kurt Ollmann
Kurt Ollmann
 

Auf die großen Märkte warten musste in den letzten Jahren in Bamberg, wer einen klassischen Hauskittel brauchte. Das hat sich geändert.

Der Tipp kam von Vielen: "Geh' mal zu Ollmann. Die haben bestimmt noch welche." So ein Zweitkittel wäre ganz praktisch für das Projekt. Man weiß ja nie.

Hochsommerlich heiß ist dieser Samstagmittag. Hinter der Tür des Ladens in der Bamberger Herrenstraße herrscht angenehme Kühle. Aus gleißendem Sonnenschein geht es hinein in eine andere Zeit. Geschäfte wie dieses gibt es nicht mehr viele in der Stadt.


Zwei bis drei Anfragen im Monat

Kurt Ollmann fragt nach den Wünschen der Kundin in der blauen Kittelschürze - und muss bedauernd verneinen. Etwa zwei bis drei Mal im Monat kämen Frauen mit dem gleichen Anliegen, wird er später erzählen. Doch die klassischen Hauskittel seien schon seit vielen Jahren nicht mehr im Sortiment.

"Ich wüsste auch gar nicht, wo ich noch einen Lieferanten herbekommen sollte", sagt der alte Herr, dessen Großvater 1920 das Textilwarenhaus gegründet hat und dessen Sohn es jetzt weiterführt.

Seit 1951 steht er hinter dem Ladentisch, der einen großen Teil der Länge des Raums einnimmt. Akkurat in Regal-Fächern gestapelt ist die Ware: Arbeitskleidung, aber auch vieles andere. Auf der Glasplatte präsentiert werden baumwollene Taschentücher. "Auch sowas aus früheren Tagen", sagt Kurt Ollmann. "Die werden aber tatsächlich noch ganz gut nachgefragt."


Der Knoten im Taschentuch

Kundin und Verkäufer kommen ins Sinnieren. Wie war das mit der Redensart vom "Knoten ins Taschentuch machen", wenn etwas nicht vergessen werden soll? Stimmt. Ein zerknülltes Papiertaschentuch räumt man aus der Hosentasche und wirft es unbesehen weg. Ein Stofftaschentuch, das in die Waschmaschine muss, hat man länger in der Hand. Und mit viel Glück fällt einem wieder ein, was man sich merken wollte, während man den Knoten löst.

Kittelschürzen seien in vergangenen Jahrzehnten ein oft verkaufter Artikel gewesen, erinnert sich Kurt Ollmann. "Fast jede Frau trug zu Hause einen. Aber die waren meistens kleingemustert oder einfarbig. Nicht so wie Ihre", spielt er auf das großflächige Paisley-Design an. "Berufskittel und Küchenschürzen haben wir noch, aber Hauskittel - ach, bestimmt seit 15 Jahren schon nicht mehr."

Wo ist er denn nun her, der Projektkittel? Nicht im Internet bestellt, wo man den Suchbegriff Kittelschürze eingibt und auf mehrere Versandhändler verwiesen wird.


Reine Kunstfaser Auslaufmodell

Er wurde angeschaut, befühlt und anprobiert am Schürzenstand auf der Bamberger Frühjahrsmesse. Das heißt, eigentlich sind Oberpfälzer Strickwaren das Hauptsortiment von Erwin Kissinger aus Maxhütte-Haidhof. Kittel hat er immer noch dabei - und er macht einen beträchtlichen Teil des Umsatzes mit den bunten Baumwollschürzen. Auch einige wenige aus Nylon hängen an den Kleiderständern. "Das sind alle, die ich noch habe. In 100 Prozent Kunstfaser werden die heute nicht mehr produziert."

Viele verschiedene Modelle bekommt man bei ihm. Zum Knöpfen, zum Wickeln, in 7/8-Länge, als Kasacks, mit kurzen Ärmeln oder ärmellos, mit und ohne Kragen.

Erwin Kissinger kennt seine Kundschaft. Kaum eine Interessentin in der Viertelstunde, die für Kittelkauf und Interview verstreicht, mit der er nicht über gemeinsame Bekannte, Arbeitsstelle oder Familie plaudert. "Die Leute wissen ja, wann ich hier stehe und nehmen teilweise lange Anfahrten in Kauf. Früher waren es bis zu acht Händler, die auf der Mess' Schürzen verkauft haben. Und damals bekam man die ja auch noch in den Kaufhäusern und in vielen Bekleidungsgeschäften. Jetzt bin ich der Einzige."

Seit 1969 (ohne Unterbrechung) kommt der Oberpfälzer nach Bamberg. Er übernachtet im Hotel und geht oft abends in den Gasthäusern essen, in denen seine Kundinnen sind. "Ist denn die Anna noch da und wie geht's der Chefin?", begrüßt Kissinger eine Frau, die zielstrebig auf die kurzen, einfarbigen Kittel zumarschiert und sich wenig später zwei in die Tüte packen lässt.

"Sie arbeitet in einer Wirtshausküche im Höchstadter Raum", erläutert er nachher und überlegt: "Da war ich schon lange nicht mehr, da könnte ich eigentlich mal wieder hin."


Im Lager immer vorrätig

Also warten auf die Herbstmesse, wenn die Kittelsammlung auf zwei Exemplare anwachsen soll? Online bestellen wäre kein Problem. Obwohl, da gibt's doch ... Die Erkenntnis kommt schlagartig. Auch im (Internet-)Versandhandel vertreten und seit kurzem mit einem Laden in Bamberg ist Witt-Weiden. Ein Versuch kann nicht schaden.

"Wieviele brauchen Sie denn?", fragt die Verkäuferin zurück. Wieviele? Zu sehen ist im Geschäft keine einzige Kittelschürze. "Ich kann Ihnen welche aus dem Lager holen."

"Vier bis fünf Modelle haben wir da. Bis Größe 50. Alles andere müssten wir bestellen", klärt Filialleiterin Claudia Schäfer auf. "Das sind Artikel, die nicht so oft nachgefragt werden. Aber wenn es so warm ist wie jetzt, wächst die Zahl der Kundinnen, die einen Kittel kaufen, ganz deutlich."