Bei der Beseitigung der Eichenprozessionsspinner-Nester ist Vorsicht angesagt, denn die Härchen der Raupe lösen heftige Reaktionen auf.
Als hätte der Bauhof der Stadt Scheßlitz derzeit nicht schon genug zu tun, wird er in den kommenden Wochen auch noch einige Zeit für die Bekämpfung von Eichenprozessionsspinnern aufwenden müssen. Deren Gespinste fielen unter anderem den Gläubigen bei der Fronleichnamsprozession an der Kilianseiche auf, der Spielplatz am Rathaus ist durch lange Absperrbänder geteilt und auch an der Mittelschule wird vor den Raupen des Falters gewarnt. Genauer gesagt vor deren Brennhaaren, die auch beim Menschen heftige Reaktionen auslösen können. "So aktiv war ders bei uns noch nie, der Bauhof muss das jetzt nacheinander abarbeiten", sagt Bürgermeister Roland Kauper (CSU). Nicht nur in Scheßlitz, sondern unter anderem auch in Zapfendorf, Memmelsdorf oder Dörfleins stößt man auf die Nester der Falter.
Für Uwe Hoff, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, ist der Eichenprozessionsspinner ein "Kind des Klimawandels", das vor 20 Jahren noch als seltene Schmetterlingsart galt. Wo er heute auftritt, sollte hingegen gehandelt werden - am besten von Fachleuten. Denn die Härchen der Raupen können noch nach fünf Jahren Reaktionen auslösen. "Absperren allein ist keine Lösung", sagt Hoff. Denn die Brennhaare im Nest könnten noch nach fünf Jahren allergische Reaktionen auslösen. Allerdings seien die Raupen samt Härchen derzeit auch noch ziemlich in ihre Nester eingesponnen, so dass noch etwas Zeit zum Agieren bleibe. Professionelle Bekämpfer saugen Nester ab, sie können aber auch abgeschabt, mit Papiertüten aufgefangen und verbrannt werden. Vom Abflammen hält Hoff nicht so viel, da Härchen durch die Gegend fliegen könnten und auch die Rinde möglicherweise Schaden nehme.
"Die jetzigen Maßnahmen sind die teuersten", sagt der Kreisfachberater und empfiehlt, gefährdete Eichen vorbeugend mit dem natürlichen Schädlingsbekämpfungsmittel Neemazal zu spritzen. Das werde bereits erfolgreich an den Kreisstraßen und auch in der Stadt Bamberg so praktiziert. Wer jetzt die Nester beseitigt, sollte Schutzanzug und Maske tragen, "kein Fitzelchen Haut darf rausschauen", empfiehlt Hoff. Die brennenden Härchen treten erst bei der dritten Raupen-Generation auf, das dürfte derzeit der Fall sein. "Für den Prozessionsspinner ist es ein ideales Jahr, die mögen nämlich Nässe und Kälte nicht.", sagt Hoff. Er weist darauf hin, dass grundsätzlich die Eigentümer auch für ihre Bäume haften und damit auch verantwortlich dafür sind, dass von diesen keine Gefahr ausgeht. "Ich habe nur manchmal Angst, dass die Eiche gleich gefällt wird. Sie ist eine der ökologisch wertvollsten Baumarten."
Für die Menschen ungefährlich ist hingegen der Schwammspinner, der allerdings derzeit den Eichen bei Buttenheim und Altendorf schwer zu schaffen macht. "In Seußling sind die Wälder schon ziemlich kahl", sagt Forstamtsrat Hans-Peter Schreier vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Er sieht eine periodische Massenvermehrung bei den Schwammspinnern herannahen, wie sie alle 25 Jahre auftreten. Nun müsse man die weitere Entwicklung beobachten und entsprechend reagieren, um ein Absterben der Eichenwälder zu verhindern. "Wenn nur der Schwammspinner da ist, übersteht das die Eiche", ist sich Schreier sicher. Es dürften nur nicht noch weitere Schädlinge, wie 1994 der Eichenwühler und der Frostspanner, hinzukommen.
Der Eichenprozessionsspinner sei mittlerweile im ganzen Landkreis verbreitet, seit einigen Jahren auch auf dem Jura. Wer Befall an seinen Bäumen feststelle, könne sich auch ans AELF wenden. Auch Schreier rät bei der Bekämpfung zur vollen Schutzausrüstung und zu besonnenem Vorgehen. "Der Eichenprozessionsspinner nutzt die Wärme voll aus und etabliert sich", erklärt der Forstamtsrat. "Ganz weg kriegen wir ihn wohl nicht mehr", sagt auch Kreisfachberater Uwe Hoff.
Wie verhält man sich nach Berührung einer Raupe?
Vorkommen Der Eichenprozessionsspinner kommt an der Stiel- und Traubeneiche sowie an der Amerikanischen Roteiche vor. Er neigt besonders in Trockenjahren zu Massenvermehrungen, wobei lichte Eichenwälder und Einzelbäume in warmtrockenen Regionen bevorzugt werden. Seit 1995 ist ein enormer Dichteanstieg dieser früher als selten eingestuften Schmetterlingsart in Franken zu verzeichnen.
Gesundheitsgefahr Die nur circa 0,1 Millimeter langen Brennhaare der Eichenprozessionsspinnerraupe stellen eine akute Beeinträchtigung für die menschliche Gesundheit dar. Sie brechen leicht ab, sind mit Widerhaken versehen und enthalten ein lösliches Eiweiß. Die Zahl der Brennhaare und damit die Gesundheitsgefährdung nehmen mit jedem weiteren Entwicklungsstadium zu. So besitzt jede Altraupe bis zu 700 000 Brennhaare. Zum einen reizen die eindringenden Brennhaare die menschliche Oberhaut sowie die Schleimhäute mechanisch, zum anderen verursacht das enthaltene giftige Eiweiß eine allergische Reaktion, die bei verschiedenen Personen unterschiedlich stark ausfällt.
Symptome Folgende Beschwerden können durch Hautkontakt oder beim Einatmen der Brennhaare ausgelöst werden: Hautausschläge (Raupendermatitis) mit Rötungen, starkem Juckreiz oder Brennen auf der Haut; Reizungen der Mund- und Nasenschleimhäute; Hustenreiz und Brennen in den Atemwegen sowie seltener Entzündungen der Augenbindehaut.
Verhalten Befallene Areale sollten gemieden, Raupen und Gespinste nicht berührt werden. Bei Kontakt Kleidung wechseln, duschen und Haare waschen, Holzernte- und Pflegemaßnahmen nur mit Körpervollschutz und Atemschutz ausführen; Bekämpfung nur von Fachleuten ausführen lassen. Bei Auftreten starker allergischer Symptome sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Wurde Neemazal auch in Memmelsdorf verwendet?
Ich konnte nämlich beobachten, dass dort die Eichen gespritzt wurden, aber derjenige, der das machte, voll verkleidet war. Wenn es ein natürliches Mittel ist, muss man sich dann so einpacken?
Vor allem den Anwohnern wurde gar nicht mitgeteilt, dass gespritzt wird und vor allem, ob das Mittel ungiftig war, was schon interessant gewesen wäre.