Am 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Ein Tag, an dem Familie Nürnberger sagt: Das Leben bleibt nicht stehen, wenn ein Kind mit dem Gendefekt zur Welt kommt. Im Gegenteil: Auf Sonnenschein Leo will niemand verzichten.
Was sagt der Fachmann Eltern, wenn sich nach der Geburt herausstellt, dass ein Kind das Down-Syndrom hat? "Ich versuche den Leuten klar zu machen, dass es ein anderes Kind ist. Aber kein schlechteres." Das sagt Doktor Meinhard Schatz, einer der Oberärzte der Kinder- und Jugendklinik am Bamberger Klinikum - und selbst Vater einer 22-jährigen Tochter mit Down-Syndrom.
Er sagt auch: "Ein Kind mit Down-Syndrom ist ein liebenswertes Kind, das aufgrund seines Charakters extrem viel Liebe zurück gibt." Ein Satz, den Christina Nürnberger (35) sofort unterschreiben würde. Die Scheßlitzerin ist Mutter von Zwillingen, Leo und Fiona, 21 Monate alt. Leo, das ist der Zwilling "mit dem kleinen Extra", wie es sein Vater Michael (37) ausdrückt. Denn Leo hat das Down-Syndrom, seine Schwester nicht.
Fiona läuft schon, Leo noch nicht. Und der Bruder ist "geistig noch nicht so weit wie die Schwester", sagt Mutter Christina.
Die Eltern haben mit ihren Zwillingen den direkten Vergleich, wie sich der Gendeffekt äußern kann. Von "Krankheit" reden sie nie. Von Behinderung auch nicht. "Wir fühlen uns nicht behindert", sagt Christina Nürnberger.
Sie hört es nicht gerne, wenn jemand sagt, ihr Sohn "leide" unter dem Down-Syndrom. "Der Leo leidet nicht, wir leiden nicht - vielleicht leidet jemand anders?" Umso lieber mag sie das Klischee vom "Sonnenscheinkind", das Kindern mit Trisomie 21 - wie eine andere Bezeichnung für "Down-Syndrom" lautet - nachgesagt wird. Trisomie 21 deswegen, weil durch eine Genmutation das 21. Chromosom dreifach vorliegt.
Drei bis sechs Kinder pro Jahr Im Klinikum Bamberg kommen pro Jahr etwa drei bis sechs Kinder mit Trisomie 21 zur Welt, weiß Kinderarzt Meinhard Schatz. Deren Lebenserwartung liegt heute bei etwa 60 bis 70 Jahren.
"1977, als ich anfing zu studieren, ging man noch von 20 Jahren aus", sagt Schatz. Damals habe im Medizinlexikon auch noch der Begriff "Mongoloide Idiotie" gestanden. Eine Bezeichnung, die heute niemand mehr verwendet.
Auch sonst hat sich vieles geändert. So bekommt schon der kleine Leo eine spezielle Förderung: Er geht zum Logopäden und zum Physiotherapeuthen. Ja, sie seinen mit ihm schon häufiger beim Arzt als mit Fiona, sagen die Eltern. "Aber wir finden nicht, dass unser Leben eingeschränkt ist."
Eine verminderte Muskelspannung, enge Gehörgänge oder häufige Probleme mit Mittelohrentzündungen, vor allem aber ein Herzfehler - das sind gesundheitliche Probleme, von denen Menschen mit Down-Syndrom betroffen sein können, erklärt Kinderarzt Schatz.
Auch der kleine Leo kam mit Herzfehler auf die Welt, musste operiert werden.
"Diese Sorgen um ihn waren weitaus schlimmer als die Diagnose ,Down-Syndrom'", sagt Mutter Christina. Sie hat erst nach der Geburt erfahren, dass ihr Sohn Trisomie 21 hat - "aber selbst, wenn wir es bereits in der Schwangerschaft gewusst hätten, für uns hätte es nichts geändert".
Das ist nicht bei jedem so. "Etwa die Hälfte der Paare akzeptiert ein Kind mit Down-Syndrom und setzt die Schwangerschaft fort - unter der Voraussetzung, dass keine schweren Fehlbildungen vorliegen", sagt Professor Doktor Burkhard Schauf, Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Bamberg.
Gebe es im Ultraschall Hinweise auf das Down-Syndrom und stehe für die Eltern ein Abbruch im Raum, gehe man in die Diagnostik. Das heißt: Es wird eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt. "In diesen Fällen brechen in der Frühschwangerschaft relativ viele ab - etwa 80 bis 90 Prozent", erklärt der Chefarzt.
Konsequenzen für die Eltern? Die Fruchtwasseruntersuchung werde nur durchgeführt, wenn die Frau sage, dass eine Trisomie-21-Diagnose für sie voraussichtlich Konsequenzen habe. Eine Frage, die sich für die Nürnbergers nicht stellte. Die Schwangerschaft und die Ultraschalluntersuchungen verliefen unauffällig. Mutter Christina betont: "Selbst wenn - das hätte für uns nichts geändert, wenn wir es gewusst hätten. Jedes Lachen von Leo macht die Herausforderungen wett."
Herausforderungen wie die häufigen Behördengänge, wenn es etwa um den Behindertenausweis oder spezielle Anträge für die Kinderkrippe geht. Oder die Frage, wie Leo einmal in der Schule integriert wird. Auch hier sagen seine Eltern, wie schon bei Leos Geburt: "Alles steht und fällt mit der Aufklärung.
Und man muss die Hilfsangebote annehmen." Für Ärzte und Eltern-Netzwerke finden die Nürnbergers nur lobende Worte.
Doch wie reagiert eigentlich das Umfeld, Freunde und Bekannte? "Die stellen die klassischen Fragen", sagt der Vater. "Schlafen se scho durch? Hams denn scho gessen?"
Kontakt zur FamilieWer sich gerne mit Familie Nürnberger austauschen möchte, kann unter folgender E-Mailadresse Kontakt mit den Eltern aufnehmen:
SonnenscheinkindLeo@gmx.de