Gegenüber von Schloss Seehof, an der Staaatsstraße 2190, fällt ein ungewöhnlicher Versuchs-Aufbau ins Auge. Gras muss hier Schadstoffe "schlucken".
Ein zierliches Gitter neben der Straße und noch eines, weiter weg Richtung Feld. Zum Radweg hin besteht die Umzäunung aus einem Baustellenabsperrbalken und ebenfalls den dünnen Stäben aus Metall. In jedem Viereck ist etwas eingesperrt. Grüne Haarbüschel ragen auf über langen weißen Gesichtern.
Wer an der Einmündung der Kreisstraße in die Staatsstraße von Bamberg nach Scheßlitz vorbeifährt, stutzt und überlegt ob er umdrehen und eine Gelegenheit zum Parken suchen soll. Die Wissbegier von Fußgängern und Radfahrern kann schneller gestillt werden. Ein kleines Schild an den Stäben gibt Auskunft.
Von Grünkohl keine Spur
Schräg gegenüber von Schloss Seehof will das Landesamt für Umweltschutz (LfU) etwas herausfinden mit Hilfe der grünen Wuschel. Langlebigen Luftschadstoffen ist man hier auf der Spur. Dazu werden die Bioindikatoren Weidelgras und Grünkohl eingesetzt. Ein eindringlicher Appell ist angefügt: "Bitte berühren Sie den Messaufbau nicht, da schon geringste Verunreinigungen zu unbrauchbaren Messwerten führen."
Beim Blick auf den Boden sucht man Grünkohl allerdings vergebens. Nachfrage in Augsburg, wo das Landesamt seinen Sitz hat. Mit den Messungen will das LfU Erkenntnisse über die mögliche Verbreitung von luftgetragenen Schadstoffen in der Umgebung einer stark befahrenen Kreuzung im ländlichen Raum gewinnen.
Messung läuft bis 2017
Memmelsdorf ist derzeit die einzige Messtelle ihrer Art im Landkreis Bamberg. Mit Grünkohlkulturen wird übrigens nur an sieben Dauerbeobachtungsstationen in Bayern gearbeitet. Sie dienen der Beurteilung organischer Schadstoffmoleküle.
In Memmelsdorf werden in unterschiedlichen Abständen zur Straße standardisierte Graskulturen (Welsches Weidelgras) ausgebracht, informiert eine Sprecherin des Landesamtes. Auf den schnell wachsenden Grasbüscheln lagert sich der Staub aus der Luft mit seinen Inhaltsstoffen ab.
Die Pflanzen werden ab Anfang Mai bis Mitte Oktober ausgesetzt. Zusätzlich wird mit Sammelbehältern der gesamte Staub aufgefangen und die Konzentrationen in der Luft von Stickstoffdioxid und Ammoniak gemessen. Die Proben werden alle vier Wochen im Labor untersucht. Dafür werden jeweils sämtliche Graskulturen geerntet. Alle Parameter werden kontinuierlich, im Vier-Wochen-Turnus, bis Ende 2017 gemessen.
Verdurstet das Gras nicht?
Aus den Messwerten werden Vergleichsdaten errechnet, die als Grundlage für die Beurteilung von Risiken herangezogen werden, die von Umweltschadstoffen wie Schwermetallen ausgehen. Das Projekt wird finanziert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.
Und wie überlebt so ein Weidel-Wuschel bei der Sommerhitze? Die langen weißen Röhren sind Wasserbehälter. Die Gräser wachsen in Kunststoffblumentöpfen, die oben in den Wasserbehältern platziert sind. Dochte hängen von den Töpfen in das Reservoir. Das Wasser reicht auch bei trockener und warmer Witterung für die Dauer von vier Wochen. Während besonders heißer Perioden kann allerdings ein zusätzliches Gießen notwendig werden.