Derzeit wird das Kirchengebäude am Kaulbergfuß in Bamberg saniert. Der Privateigentümer und der Architekt planen eine rentable Nutzung.
Es dauert noch einige Tage, bis das Außengerüst an der Marienkapelle in der Judenstraße 1 abgebaut wird. Doch wesentlich länger kursieren Legenden und Gerüchte über die zukünftige Nutzung dieses Kirchengebäudes, an dessen Stelle im 13. Jahrhundert eine Synagoge stand. Und das eine bewegte Geschichte als Gottesdienstort, Lagerraum, Turnhalle oder Gemeindezentrum der evangelischen Freikirche der Baptisten hinter sich hat.
Nachdem die Baptistengemeinde am Bamberger Stadtrand 2008 ein neues Gemeindezentrum eingeweiht hatte, stand die Kapelle zum Verkauf - und leer. Nach dem Willen des jetzigen Privateigentümers, ein Jungunternehmer aus Gaustadt, soll sich das nun ändern: "Wünschenswert ist eine gastronomische Nutzung in Verbindung mit Kulturveranstaltungen, es muss eine rentable Nutzung ermöglicht werden", erklärt Architekt Christian Schalk (Nürnberg/Bamberg), den der Eigentümer, der ungenannt bleiben möchte, autorisiert hat, unserer Zeitung Auskunft zu geben.
Auf jeden Fall sei der Plan des Voreigentümers vom Tisch, aus der Marienkapelle eine Markthalle mit Verkauf von Lebensmitteln ohne klassische Gastronomie zu machen. Um die neuen Pläne umsetzen zu können, muss aber erst die Stadt Bamberg mit ins Boot geholt werden: "Die Stadt ist Herrin des Verfahrens", betont Schalk. Das bedeute, dass die Stadt dem Eigentümer und Bauherrn zugesteht, auf dessen Kosten einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen zu dürfen. Dieser solle die planungsrechtliche Zulässigkeit einer neuen Nutzung rechtssicher klären, so der Architekt. Wenn die Stadt dem zustimme, "können wir in Kooperation mit dem Stadtplanungsbüro in die Planung gehen in einem Verfahren nach den Regelungen des Baugesetzbuches". Dabei müsse mit mindestens ein Jahr Bearbeitungszeit gerechnet werden.
Gegebenenfalls könne in dieser Zeitspanne eine zulässige Zwischenlösung angestrebt werden: "zum Beispiel eine Ladenfläche mit einem untergeordneten Café-Teil, so wie es sie in der Umgebung schon gibt".
Christian Schalk räumt ein, dass "Nachbar-Bedenken ein Problem sein können". Oder die wohl fehlenden Kfz-Stellplätze. Deshalb sei es aus seiner Sicht der einzige Weg über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der vieles klären könne. "Wenn die Stadt das nicht wünscht, dann bin ich mit meinem Latein am Ende und muss neu nachdenken", seufzt Architekt Schalk.
Dach ist das Hauptproblem
Dabei hat der freischaffende Architekt schon sehr viel Zeit und Gehirnschmalz investiert, um den historischen und baulichen Geheimnissen der Marienkapelle auf die Spur zu kommen. Literatur und Archivalien, Bebauungsplan und Forschungsergebnisse hat Schalk durchforstet, mit einem Team aus Statiker, Dendrochronologe, Restaurator, Archäologe, Denkmalpfleger die derzeit laufenden Sanierungsarbeiten eingeleitet.
Statisches Hauptproblem sei das eigentlich barocke Dach, das um 1830 massiv umgebaut wurde. Die mansard-ähnlichen Dachgauben hätten alle Gespärre zerschnitten, und die Deckenbalken oberhalb der Gewölbe bogen sich durch. Auch das Chordach sei durch den Wohnungseinbau für den Schrannenwärter ebenfalls stark geschädigt, Streben gekappt und zerschnitten. Die archivalisch belegten Sanierungsmaßnahmen der 1970/80er Jahre berücksichtigten diese Sachlage nicht.