Von wegen abgehängt: Franken hatte und hat in vielen Disziplinen weltweit die Nase weit vorne. Auch ohne erstklassige Clubberer. Eine Übersicht - von Adam Riese bis Levi Strauss.
Die Provinz! Tote Hose! Wer will da hin? Wer ist gerne provinziell? Alle! Jeder jedenfalls, der gerade nicht in der Provinz ist, und das sind viele. Provinz ist wieder salonfähig, und das liegt nicht nur daran, dass viele Städter schon immer den Traum vom Häuschen im Grünen träumen. Das heißt heute
Landliebe und ist in. Und dann noch Paderborn. Die Provinzkicker sind wie die Hoffenheimer dahin gekommen, wohin jeder will: Aus der Provinz an die Spitze. Und zwar der Fußball-Bundesliga. Frankens Provinz kann aber mehr.
Nein, an dieser Stelle soll es nicht um den Club und um die Clubberer gehen. Natürlich können sich die vielen Fans des 1. FC Nürnberg mit dem Club im Ruhm sonnen, Deutscher Rekordmeister (gewesen) zu sein und einsamer Rekordaufsteiger (immer noch). Und den Weltmeister Max Morlock nimmt den Nürnbergern auch keiner mehr! Aber gut, lange her.
Franken erobert die Welt Doch genau das ist es, was wahre Größe ausmacht: Frankens Provinz
war und
ist ein Global Player. Dass Paderborn und Hoffenheim der Weltgeschichte ihren Stempel aufgedrückt hätten, ist dagegen mit keinem Wort überliefert.
Es fängt schon mit der Welt an sich an: Stellt man sie sich vor, dann hat jedes Kind die Weltkugel vor Augen, die sich in jeder Nachrichtensendung hinter dem Sprecher dreht. Die Idee zu dieser revolutionären Darstellung hatte ein Franke, Martin Behaim, dessen Nürnberger "Erdapfel" von 1492 der älteste erhaltene Globus der Welt ist.
1492 kommt nicht von ungefähr. Im Zeitalter der großen Entdeckungen wandelte sich das Bild der Welt, die größer wurde, als Kolumbus in diesem Jahr erstmals die Küsten Amerikas erreichte. Nun war Kolumbus kein Franke - niemand ist vollkommen -, aber Franken war an Bord: Die Sternkarten des Königsberger Mathematikers Johann Müller, genannt Regiomontanus, halfen dem Entdecker, den Weg von Spanien nach Indien zu finden. Gut, a wengala verfranzt hat er sich dabei ...
Der Nürnberger Simon Marius entdeckte die Jupitermonde und ließ sich den Ruhm in fränkischer Bescheidenheit oder Dummheit von Galileo Galilei klauen. Damit ersparte er sich allerdings auch den Ärger mit der Kirche; was dafür spricht, dass er eben doch nicht dumm war und gleich wusste, was die Stunde geschlagen hat. Übrigens: Auch die Taschenuhr ist eine fränkische Erfindung (Peter Heinleins "Nürnberger Ei" von 1510), und wer nach Adam Riese rechnet, rechnet natürlich mit Franken.
In Franken fuhr Deutschlands erste Eisenbahn, der Adler, und die erste Fracht, die der dampfende Vogel von Nürnberg nach Fürth brachte, war ein Fass Bier.
Ein Wein für die Ewigkeit Wäre sie von Würzburg nach Schweinfurt gefahren, hätte sie einen Bocksbeutel transportiert, wahrscheinlich jenen, der hinter Panzerglas in der Schatzkammer des Juliusspitals steht: Es ist ein Würzburger Stein des Martin-Luther-Jahrgangs 1450, der älteste datierte und wohl noch trinkbare Wein Deutschlands. Goethe, das nur nebenbei, hätte wohl keine einzige Zeile gedichtet ohne seinen geliebten Frankenwein.
Aus Franken kamen ein deutscher Bundeskanzler (Ludwig Erhard) und ein amerikanischer Außenminister (Henry Kissinger). Ludwig Erhard erfand das Wirtschaftswunder, und zwei fränkische Auswanderer gründeten in den USA Banken, die später eine der größten Weltwirtschaftskrisen auslösten: Goldmann und Sachs.
Dass dabei so mancher Banker seine teure Rolex verlor, hat auch ein fränkisches Gschmäckla, denn der Gründer der Weltmarke war Hans Wilsdorf aus Kulmbach. Apropos Weltmarke und Weltmeister: Was wären die erfolgreichen Kicker dieser Welt ohne Schuhe und Textilien aus Herzogenaurach: Die Weltmarken Adidas und Puma sind hier zuhause.
Auch einer der erfolgreichsten Fußballlehrer im Land, Felix Magath, ist ein Franke: Er stammt aus Aschaffenburg. An diese Stelle gehört einer der buchstäblich größten Sportler überhaupt, Dirk Nowitzki. Der Basketballkönig wurde in Würzburg geboren.
Auch ohne die Clubberer, die vorübergehend in der Diaspora der Zweiten Liga Luft holen dürfen, gibt es in Franken übrigens Spitzensport: angefangen bei den Brose Baskets in der Basketball- und dem HC Erlangen in der Handball-Bundesliga über die Nürnberger Hockey-Herren bis hin zum Bamberger Gleitschirmclub, der in der Tabelle aktuell auf Platz 10 landet.
Apropos fliegen: Franken ist zu Land, zu Wasser und in der Luft unterwegs: Die fränkischen Automobilzulieferer machen die Welt mobil, und nicht einmal Fahrräder und Kugellager gäbe es wohl ohne den Grips fränkischer Tüftler. Die größten Windräder und die Turbinen der größten Flugzeuge und die Schrauben der größten Schiffe drehen sich auf Kugeln und Lagern aus der fränkischen Provinz.
Schnitzel und Schweine Darauf kann man a wengela stolz sein. Wer noch mehr will, schaut ins Guinness Buch der Rekorde. Dort findet sich Aufseß im Landkreis Bayreuth als die Gemeinde mit der weltweit größten Brauereidichte. Die längste Bratwurst der Welt wurde in Nürnberg gebraten und das größte Schnitzel in Feucht. Noch deftiger schafften es die Unterfranken: Als Schweinfurt das 1200. Stadtjubiläum feierte, labten sich 1200 Gäste an der größten Schlachtschüssel aller Zeiten.
Provinziell? Fränkisch? Ja, aber wie - und ist das nicht die ganze Welt? Die Welt trägt Jeans, und das Kultobjekt trägt einen Stempel aus Buttenheim: Levi Strauss. Na? Franken hat die Hosen an!
Tempo kommt aus Nürnberg.
kam Grad bei Galileo