Andreas Schwarz (links) und Jens Müller auf Freiflächen in Amlingstadt. Bebaubare Grundstücke sollen jetzt endlich aktiviert werden, sagt Strullendorf. Fotos: Susanne Müller
Bürgermeister Andreas Schwarz mit der CD vom Strullendorfer Imagefilm und der Uni-Untersuchung
Grün markiert sind die leeren, bebaubaren Grundstücke. Grafik: FT
Die Gemeinde Strullendorf möchte junge Familien in der Gemeinde halten und Grundstücksbesitzer dazu bewegen, ihre unbebauten Flächen auf den Markt zu bringen. Flächenaktivierung heißt dieser Ansatz.
Strullendorf hat ein Problem, so heißt es in dem Imagefilm, den die Gemeinde in Auftrag gegeben hat: Es ist der Flächenfraß der letzten 50 Jahre, der dennoch keinen Raum für eine Weiterentwicklung gelassen hat. Strullendorf hat das Problem nicht allein, auch andere Gemeinden im Landkreis Bamberg leiden darunter. Strullendorfs neuer Lösungsansatz heißt Flächenaktivierung.
Flächenaktivierung bedeutet, leer stehende, erschlossene Grundstücke, also Baulücken ebenso für eine Wohnbebauung wie leer stehende Häuser für neue Mieter oder Besitzer zu aktivieren. "In der Gemeinde gibt es derzeit 300 voll erschlossene Bauplätze", weiß der Bürgermeister. Strullendorf liegt auf der Entwicklungsachse Bamberg - Forchheim - Erlangen.
Die Nachfrage gerade junger Familien nach Bauland ist groß, de facto aber kaum erfüllbar, da das Gros der 300 Grundstücke nicht auf dem Markt und die Erschließung neuer Wohngebiete angesichts der bestehenden Bauplätze nicht vertretbar ist. Mit Blick auf die demografische Entwicklung - auch die Strullendorfer werden in zehn 20 Jahren einen wesentlich höheren Anteil der Älteren haben, kommt der Ansiedlung junger Familien große Bedeutung zu. Weichen müssen rechtzeitig gestellt werden.
Ein weiterer Aspekt der bei der Gemeindeentwicklung zum Tragen kommt, ist der Wegzug der Amerikaner im kommenden Jahr. Durch den werden in Strullendorf alleine 65 Wohnungen frei. "Ab 2014 geht es Schlag auf Schlag," so Bürgermeister Schwarz. Damit meint er dann auch die Konkurrenz durch zusätzlichen freien Wohnraum in Bamberg.
Wie reagiert nun Strullendorf? Mit dem Einsatz einer Strategiegruppe. Und mit der Untersuchung der Universität Bamberg. Es wurden die Besitzer der 300 freien Grundstücke (mit einer Fläche von insgesamt 3,2 Hektar) angeschrieben, ob sie an dieser Untersuchung teilnehmen würden. Das bedeutete ein etwa einstündiges Gespräch mit Studenten, die anhand eines Fragebogens die wichtigen Aspekte untersuchten, so verdeutlicht Städteplaner und Architekt Franz Ullrich das Verfahren. 160 Grundstücksbesitzer oder 65 Prozent nahmen teil, was Ullrich als gutes Ergebnis wertet.
Zu den Ergebnissen dieser Umfrage gehören die Informationen, wonach es drei Gruppen von Eigentümern gibt. Die erste (44) möchte die Grundstücke für familiäre Nutzung, also Kinder oder Enkel behalten. Die zweite (44) betrachtet sie als Wertanlage oder Altersversicherung und die dritte (36) würde die Grundstücke unter bestimmten Voraussetzungen veräußern.
Bewusstsein entwickeln
Mit Blick auf die ersten beiden Gruppen gilt es ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass die derzeitigen Preise (sie reichen in der Gemeinde von 170 Euro pro Quadratmeter in Strullendorf selbst bis zu 70 in Zeegendorf) wohl kaum noch steigen, und eher zurückgehen werden. Damit relativiert sich der Aspekt der Wertanlage bzw. Altersvorsorge. Um den Bürger finanzielle Perspektiven aufzuzeigen, möchte Schwarz auch die Finanzdienstleister der Region mit ins Boot nehmen.
Das besondere Interesse der Strategiegruppe (darin sind Gemeinderäte, Bürger, Regierungsvertreter, Städteplaner, Kreisbaumeisterin, Immobilienexperten, Arbeitskreisvorsitzenden und weitere) gilt nun der dritten Gruppe. "Dabei geht es etwa darum, bei der Vermarktung zu helfen", erläutert Schwarz. Über die Gemeinde wird so etwas wie eine Börse aufgebaut. Angedacht ist auch die Auflage eines Förderprogramms bei der Wertermittlung der Grundstücke. Parallel will die Gemeinde ihre bestehenden Bebauungspläne überprüfen, um sie für Bauwillige weiter zu optimieren und damit aktualisieren. Es geht dann beispielsweise um die Teilung von Grundstücken, die Zulässigkeit modernerer Formen oder zulässige Wohneinheiten. Unterstützt und begleitet wird Strullendorf bei dieser Grundstücksaktivierung übrigens über die Städtebauförderung und die Regierung von Oberfranken. Dazu gehört auch der Imagefilm. Wer den sieht, sieht auch Ansätze zur Lösung des Strullendorfer Problems.
Dass dieses freilich kein Einzelfall, sondern Teil einer generellen Entwicklung ist, erläutert Kreisbaumeisterin Gabriele Pfeff-Schmidt. In der 70ern wurden auf dem Land großzügig Baugebiete ausgewiesen (Flächenfraß), angesichts des damalilgen Trends, aufs Land zu ziehen. Der kehrt sich nun wieder um. Mit der Folge, dass es etliche zu groß dimensionierte Baugebiete gibt, die die Gemeinden für viele Geld erschlossen haben und nun auch in Stand halten müssen.
Diese Gebiete entstanden meist an den Ortsrändern, die Folge Lücken im Ortskern. Um eine Weiterentwicklung im Kernort voranzutreiben hatte Strullendorf übrigens schon vor etlichen Jahren im Flächennutzungsplan neue Baulandflächen in den Gemeindeteilen reduziert - um über 20 Hektar, so die Kreisbaumeisterin. Litzendorf war die zweite Gemeinde, die auch mit Blick auf Städtebauförderprojekte einen solchen Schritt unternommen hat. Stegaurach wiederum war der Vorreiter beim Flächenressourcenmanagement mit der Erstellung eines Baulückenkatasters, Gundelsheim die erste Landkreisgemeinde, die für die Nachverdichtung des Ortskerns einen Bebauungsplan aufgestellt hat.
Eine besondere Gemeinde ist Hirschaid, so Pfeff-Schmidt: Hirschaid wächst außen weiter und stärkt zugleich die Innenentwicklung. Heiligenstadt wiederum ist seinen Baulücken selbst auf den Grund gegangen.
Die Kreisbaumeisterin sieht eine Entwicklung mit Freude: Es werden immer mehr Geschosse ausgebaut, wonach also Jung und Alt unter ein Dach ziehen und nicht gleich ein neues Haus gebaut wird.Ortskerne lebendig und damit bewohnt zu halten, ist für sie ein elementarer Aspekt. Allerdings ist es oftmals so, dass Anwesen hier von Einzelpersonen bewohnt werden "und wie das in zehn Jahren aussieht..."
Deswegen fordert die Kreisbaumeisterin Modelle dafür, dass die Älteren in ihren Häusern bleiben können. Für eine Illusion hält sie sie nun Grundstücke als Spardose zu betrachten...