Strafanzeige: Räte fühlen sich überrumpelt

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Gegen den Whistleblower im Rathaus-Skandal wird Strafanzeige erstattet. Nicht alle Stadträte sind damit einverstanden. Grafik: Micho Haller
Gegen den Whistleblower im Rathaus-Skandal wird Strafanzeige erstattet. Nicht alle Stadträte sind damit einverstanden. Grafik: Micho Haller

Steht der Ältestenrat wirklich hinter der Anzeige gegen den Whistleblower? Einige Räte widersprechen. Auch der Datenschutzbeauftragte äußert sich.

Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) suggeriert Geschlossenheit im Umgang mit dem Whistleblower im Rathaus-Skandal: Der Ältestenrat habe ihn in seiner jüngsten Sitzung "beauftragt, die Empfehlung des Datenschutzbeauftragten der Stadt Bamberg umzusetzen, nämlich, Strafantrag gegen Unbekannt wegen der unbefugten Weitergabe des Prüfberichts zu erstatten", heißt es in einer Pressemitteilung. Davon haben sich mehrere Mitglieder des Gremiums überrumpelt gefühlt, das sich aus den Vorsitzenden aller Fraktionen und Ausschussgemeinschaften zusammensetzt.

Peter Neller (CSU) sagt auf Nachfrage, der OB habe die Stellungnahme des Bamberger Datenschutzbeauftragten lediglich vorgetragen. "Und dann gefragt, ob jemand was dagegen hat." Niemand hat der Empfehlung, Anzeige zu erstatten, widersprochen. Starke betont: Am Ende der Sitzung seien die Ergebnisse erneut zusammengefasst worden. "Auch hier meldete kein Sitzungsteilnehmer eine anderslautende Meinung an." Neller erklärt, warum das so war: "Wenn ich mich dagegen ausgesprochen hätte, würde es heißen, die CSU habe etwas zu verbergen."

In der schriftlichen Stellungnahme des städtischen Datenschutzbeauftragten Bernd Bauer-Banzhaf, die dem FT vorliegt, heißt es lediglich, eine Meldung an den Landesbeauftragten für Datenschutz sei juristisch notwendig. Laut Bauer-Banzhaf ist diese auch erfolgt.

Eine Strafanzeige wurde lediglich empfohlen. Mit der Begründung, dass durch Initialen und Funktionsangaben die Verwaltungsmitarbeiter leicht zu identifizieren seien. Dazu erklärt Bauer-Banzhaf auf Nachfrage: "Die Möglichkeit für eine Anzeige ist gegeben - warum sollte man das ignorieren?" Ihm gehe es rein um den Datenschutz. "Man hätte den Bericht ja auch geschwärzt weitergeben können." Er könne das Vorgehen Starkes verstehen, "es ist ja auch eine Aufgabe des OB, sich vor seine Mitarbeiter zu stellen". Starke äußert sich auf Nachfrage ähnlich: "Es geht um die schützenswerten Interessen meiner Mitarbeiter."

Zudem gehe es nicht um eine Strafanzeige gegen einen Whistleblower. Vielmehr habe der Datenschutzbeauftragte darauf verwiesen, "dass der Verdacht bestehe, wonach ein Amtsträger einen Rechtsverstoß begangen habe, indem der nicht-öffentliche Bericht weitergegeben worden ist".

CSU-Vorsitzender Neller, selbst Richter am Amtsgericht, erklärt zur Strafanzeige: "Wenn man konkret von einer Straftat weiß, hätte man Anzeige erstatten müssen. Aber gegen Unbekannt muss man gar nichts."

Hätte Ältestenrat Hans-Günter Brünker (Volt) in der Sitzung diese Einschätzung gehört, "hätte ich mich gegen die Anzeige ausgesprochen", sagt er. Brünker wundert sich auch, warum die Stellungnahme des städtischen Datenschutzbeauftragten, die laut Datumsangabe zwei Tage vor der Sitzung unterschrieben wurde, den Räten nicht im Vorfeld übermittelt worden ist. In diesem Falle hätte er sich selbst juristischen Rat eingeholt. Auf eine entsprechende Nachfrage hat sich die Stadt nicht geäußert.

Zudem kritisiert Brünker: Die Einschätzung für den Umgang mit dem Whistleblower hätte nicht ausgerechnet von der Stadtverwaltung kommen sollen - "um Interessenskonflikte zu vermeiden".