2016 wurden im Landkreis Bamberg 348 Anträge bearbeitet und genehmigt - so viele wie nie zuvor. Die meisten davon werden in neuen Baugebieten errichtet.
Nach einem vorübergehenden Bevölkerungsrückgang wächst der Landkreis Bamberg seit einigen Jahren wieder. Die zuletzt kräftig gestiegenen Einwohnerzahlen scheinen sich nun auch im Bauwesen niederzuschlagen. In keinem Jahr davor wurden in den Gemeinden des Landkreises mehr Anträge für den Bau von Einfamilienhäusern bearbeitet und genehmigt als 2016. 348 bedeuten laut Landrat Johann Kalb einen absoluten Rekord.
2015 lag ihre Zahl deutlich unter 300, 2013 hatte sie schon einmal an der 300er-Marke gekratzt. Das geht aus einer Statistik des Landratsamts hervor, die Kalb kürzlich zum "Bamberger Baugespräch" mitbrachte. Der anhaltende Wohnungsmangel in der Welterbestadt und die Wachstumsprognosen für die ganze Region deuten auch im Landkreis auf einen Bau-Boom hin.
Ebenfalls nach oben zeigt die Statistik bei den Mehrfamilienhäusern: Es wurden 36 Anträge gezählt, etwa doppelt so viele wie 2015. Zurückgegangen ist dagegen die Zahl der neuen Zweifamilienhäuser. Nur elf Anträge zielten auf diese Bauform ab, zwei Jahre zuvor waren es immerhin noch 19.
Attraktivität und niedrige Zinsen
Das Umland dürfte davon profitieren, dass in Bamberg Grundstücke knapp und entsprechend teuer sind. Im Landratsamt sieht man den Stadt-Land-Effekt allerdings nicht als einzige Erklärung. "Den ,Bauboom' führen wir zum einen auf die hohe Attraktivität der Region zurück, zum anderen trägt die derzeit günstige Zinslage ihren Teil hierzu bei", sagt Steffen Nickel, Verwaltungschef im Landratsamt. Die meisten Einfamilienhäuser wurden laut Nickel in den Gemeinden Scheßlitz und Hirschaid beantragt.
Die meisten Kommunen im Landkreis setzen beim Hausbau auf das klassische Modell der Neubaugebiete am Ortsrand. Hirschaid hat seit vielen Jahren von einer solchen Baulandpolitik profitiert und seinen Spitzenplatz als größte Landkreisgemeinde ausgebaut. Aber auch in anderen Kommunen wurden in jüngster Zeit große Neubaugebiete ausgewiesen - und weitere sind in Planung. So sind etwa in Scheßlitz im Bebauungsplan "Zeckendorfer Loh" 37 Bauplätze verzeichnet. Der Homepage der Stadt zufolge sind davon nur noch acht verfügbar.
In Bischberg erfolgte im Herbst 2014 der Spatenstich für die Erschließung des Baugebiets "Himmelreich". 72 Grundstücke sind dort zur Bebauung vorgesehen. Die Nachfrage sei größer als das Angebot, stellte Bürgermeister Johann Pfister (BI) damals schon fest. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt wächst im Süden von Burgebrach das Baugebiet "Im Knöckel - Hurenanger". Im Jahr 2000 waren dort gut 250 Baurechte ausgewiesen worden. Im vergangenen Jahr hat die Marktgemeinde nun weitere 118 Bauplätze freigegeben.
Im vergangenen Jahr wurde auch das Baugebiet "Mahlrain-Nord" in Oberhaid erschlossen. "So gut wie alle 45 Bauplätze im neuen Baugebiet 'Mahlrain-Nord' sind bereits verkauft", konnte Bürgermeister Carsten Joneitis (SPD) jüngst dem Gemeinderat vermelden. Auch andere Gemeinden im Landkreis haben selten Probleme, ausgewiesene Baugrundstücke zu verkaufen - eher schon, neue Baugebiete zu finden und auszuweisen.
Innen- vor Außenentwicklung
Allerdings ist die Ausweisung neuer Baugebiete nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Flächenfraß, Bodenversiegelung und Zersiedelung der Landschaft sind auch hier Themen, die zu beachten sind, ebenso der demographische Wandel. Die Innenentwicklung der Orte, Bauen und Sanieren im Bestand, das waren besondere Anliegen der ehemaligen Kreisbaumeisterin Gabriele Pfeff-Schmidt, die allerdings im Herbst 2015 in den Ruhestand verabschiedete. Die Ausstellung "Bauen mitten im Dorf", die derzeit durch den Landkreis wandert (der FT stellte in einer Serie Beispiele daraus vor), ist ihr Vermächtnis.
Manche Gemeinden haben auch den Anstoß, den Pfeff-Schmidt gegeben hat, aufgegriffen. So hat Litzendorf bereits im Jahr 2012 rund 20 Hektar Bauerwartungsland aus seinem Flächennutzungsplan herausgenommen und das Augenmerk mehr auf innerörtliche Baulücken und Brachflächen gerichtet. Eine Entscheidung, die nicht unumstritten war und die, wie Bürgermeister Wolfgang Möhrlein (CSU) einmal dem FT im Gespräch anvertraute, bei vielen seiner Bürgermeisterkollegen und sogar bei den Baubehörden auf Unverständnis stieß.
Umgesetzt wird Ziel "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" in Litzendorf derzeit etwa mit dem Bebauungsplan "Tanzwiesen-West". Nach dem ersten Entwurf des Plans wären hier bis zu 36 Baurechte innerorts machbar. Auf den Weg gebracht wurde bereits das Projekt "Aufseesianische Wiesen" in Pödeldorf.
Als Vorreiter bei der Innenentwicklung und Nachverdichtung hat man sich in Stegaurach schon seit 2007 in dem Projekt "HAI" (Handlungshilfen für eine aktive Innenentwicklung) mit dem Thema befasst. Allerdings zeigten sich dabei auch Grenzen: Viele Eigentümer innerörtlicher Baulücken waren gar nicht bereit, ihr Grundstück zu bebauen oder zu diesem Zweck zu verkaufen.
Häuser frei nach US-Abzug
Stegaurach hat seither nur ein kleines Baugebiet am Ortsrand von Höfen ausgewiesen. Dass die Gemeinde bei den Einwohnern trotzdem auf deutlichem Wachstumskurs ist, hart sie vor allem einem Sonderfall zu verdanken. Mit dem Abzug der US-Truppen aus Bamberg wurden in Stegaurach zahlreiche Häuser und Wohnungen frei. Diese sind inzwischen fast alle an Neubürger weiterverkauft oder -vermietet. Und innerorts herrscht dennoch eine rege Bautätigkeit auf freien Flächen.