Raketen zu Rosenkränzen

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Schwester Anne Rath kümmert sich auf dem Marienberg um Gäste wie Fabian, Carina und deren Großmutter. Fotos: Marion Krüger-Hundrup
Schwester Anne Rath kümmert sich auf dem Marienberg um Gäste wie Fabian, Carina und deren Großmutter. Fotos: Marion Krüger-Hundrup
Die Kapelle auf dem Marienberg ist eine Nachbildung des "Urheiligtums" aus dem Jahr 1914, in dem die Schönstatt-Bewegung gegründet wurde. Foto: Marion Krüger-Hundrup
Die Kapelle auf dem Marienberg ist eine Nachbildung des "Urheiligtums" aus dem Jahr 1914, in dem die Schönstatt-Bewegung gegründet wurde. Foto: Marion Krüger-Hundrup
 
Wilhelm Mahlmeister, ein Priester mit Humor und theologischemSachverstand.
Wilhelm Mahlmeister, ein Priester mit Humor und theologischemSachverstand.
 
Blick auf den Sportplatz und in die Weite, die sich von der Spitzedes Marienberges eröffnet.
Blick auf den Sportplatz und in die Weite, die sich von der Spitzedes Marienberges eröffnet.
 
 
 

Rektor Wilhelm Mahlmeister nimmt Abschied vom Schönstatt-Zentrum Marienberg. Er feiert dort am Sonntag seinen letzten Gottesdienst.

Es ist ein ganz normaler Samstagnachmittag im Juni. Radler nähern sich dem Seitentor auf dem Marienberg bei Dörrnwasserlos. Sie stoppen, schauen neugierig auf die Inschrift: "o beata solitudo - o sola beatidudo" - "O selige Einsamkeit - O einzige Glückseligkeit". Diese Worte spiegeln die Abgeschiedenheit dieses Ortes wieder. Eine letzte Erinnerung an die Trappistenmönche, die hier in den 1990er Jahren lebten. Sie hatten es buchstäblich geschafft, aus Raketen Rosenkränze zu machen - nach dem Vorbild in Jesaja 2,4 und Micha 4,3: "Schwerter zu Pflugscharen". Denn bevor das Kloster entstand, war dieses Gelände Nato-Raketenbasis. Aus einem Militärgelände wurde also ein Ort des Gebetes. Und ist es bis heute geblieben.

Nachdem sich die Trappisten zurückgezogen hatten, übernahm es die Bamberger Schönstattfamilie, die fromme Pionierarbeit nahtlos fortzuführen. Die Schönstatter erwählten gemäß ihres Auftrags durch Gründungsvater Pater Josef Kentenich die Gottesmutter Maria als Leitperson ihrer Bewegung innerhalb der katholischen Kirche. Aus der idyllisch von Wald umgebenen Bergspitze wurde kurz "der Marienberg", bestückt mit einem Kapellchen, einer Hauskirche, mit Begegnungshäusern, Spielplatz für Kinder und Sportplatz für die Älteren.


Auf einen Kaffee

"Über 25 000 Besucher kommen jährlich allein zu den Veranstaltungen auf den Marienberg", bilanziert Hausherr Martin Emge, derzeit Regionaldekan und Pfarrer in Forchheim sowie Präses der Schönstatt-Bewegung im Erzbistum Bamberg. Ungezählt seien die Gäste, die - wie die Radler an diesem Nachmittag - mehr zufällig auf das Schönstatt-Zentrum Marienberg stoßen oder es gezielt für einen Kaffee aufsuchen. So wie etwa die vitale Großmutter aus Walsdorf, die mit ihren Enkeln Fabian (6) und Carina (2) erst von Schönstatt-Schwester Anne Rath Kuchen serviert bekommt, bevor das Trio über den Spielplatz tobt.

"Der Marienberg hat sich im Leben des Erzbistums etabliert", meint Präses Emge. Das Zentrum sei für viele Pilger Heimat geworden und gebe hilfreiche Impulse aus Gottesdiensten, Andachten, Seminaren und Vorträgen, Exerzitien und mehr. Nicht zuletzt Wilhelm Mahlmeister, Rektor des Schönstatt-Zentrums, habe für eine gewisse Anziehungskraft gesorgt als gefragter Beichtvater und geistlicher Begleiter, so Emge. Umso bedauerlicher sei es, dass die Ära Mahlmeister nun nach 17 Jahren ende. Am morgigen Sonntag feiert der promovierte Würzburger Diözesanpriester um 11 Uhr seinen letzten Gottesdienst auf dem Marienberg. Wenige Tage später wird der Umzugswagen vor der Haustür stehen: Wilhelm Mahlmeister zieht zunächst in das Schönstatt-Priesterhaus Moriah bei Vallendar, etwa eineinhalb Jahre später in seinen Heimatort Münnerstadt, wo er in einem Betreuten Wohnen seinen Ruhestand verbringen will.

"Meine innere Uhr sagt, dass es Zeit ist, vom Marienberg zu gehen", lächelt der 80-jährige Mahlmeister. Natürlich spiele das vorgerückte Alter eine Rolle, aber auch der Wunsch, "einmal ohne Verantwortung zu sein". Er sei dankbar, dass er die Jahre auf dem Marienberg "in großer innerer Freiheit" verbringen konnte. Eine Arbeitskontrolle habe es nur durch die Gottesmutter gegeben, fügt der Senior trocken hinzu, und der Schalk blitzt in seinen Augen. Ja, ein spitzbübischer Humor macht sein lebensfrohes Naturell aus.

"Er ist ein sehr authentischer Priester, der nicht den Status quo bedient", charakterisiert Präses Emge seinen Mitbruder, dessen Rat ihm wichtig sei. Emge würdigt die "ausgewogene, lebenstaugliche Marien-Theologie" Mahlmeisters mit dem klaren Ziel Christus: "Marienverehrung führt zu Christus", erdet Pfarrer Emge den einen oder anderen ungesunden Auswuchs.


"Anti-marianische Stimmung"

Wilhelm Mahlmeister spricht mehr vom Gegenteil. Nämlich von einer eher "anti-marianischen Stimmung im mittleren Management des Erzbistums". In dessen Pastoral und Spiritualität spiele Maria keine Rolle: "Das ist die Realität", bedauert der scheidende Rektor.

Umso empfänglicher für das Marianische seien die vielen "Leute sehr guten Willens", die den Marienberg besuchen und sich gefangen nehmen lassen von der gastfreundlichen Atmosphäre und der Offenheit auch für Fremde. Dass das Schönstatt-Zentrum notfalls auch Kirchenasyl gewährt, ist da nur eine für sich sprechende Facette.

Völlig offen ist, wer Nachfolger Mahlmeisters werden soll: "Wir sind offen für einen Pensionär, er muss kein Schönstatt-Priester sein und kann auf dem Marienberg wohnen", erklärt Martin Emge. Vorläufig müsse jedenfalls der Sonntagsgottesdienst gestrichen werden, zumal er selbst mit drei Messen in Forchheim ausgelastet sei und eine vierte rein rechtlich gar nicht halten dürfte.


Erzbischof kommt

Fest steht dagegen, dass Erzbischof Ludwig Schick am 15. August, dem Fest Mariä Himmelfahrt, auf dem Marienberg das Pontifikalamt feiern wird. Dann soll auch Wilhelm Mahlmeister im großen Kreis offiziell verabschiedet werden. "Jeder ist dazu jetzt schon eingeladen", so Emge. Einen Abschied im internen Kreis der Bamberger Schönstattfamilie hat es bereits gegeben: mit guten Segenswünschen für den weiteren Lebensweg und vor allem Dankesworten für 17 Jahre, an dem Mahlmeister das Gesicht des Marienbergs als Priester, Seelsorger, Mensch und Theologe wesentlich mitgeprägt hat.