Scheßlitz: Versuchter Mord in 13 Fällen - deshalb ging es glimpflich aus

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Wenn er sich bei der Herstellung eines Molotow-Cocktails nicht so dilettantisch angestellt hätte, hätte es ein Inferno werden können: Im Verfahren gegen einen vermeintlichen Brandstifter stellten die Gutachter jetzt spannende Details vor.

Am zweiten Verhandlungstag wegen einer versuchten besonders schweren Brandstiftung und versuchten Mordes in 13 Fällen kam das mögliche Motiv für die gefährliche Tat im Juli 2019 in Scheßlitz ans Licht. Außerdem schilderte ein Brandgutachter des LKA Bayern, wie dilettantisch sich der Angeklagte beim Bau und Einsatz der Molotow-Cocktails angestellt hatte. Zum Glück für die schlafenden Bewohner.  

"Er ist ein komischer Typ, der mit niemandem klarkommt. Er muss sich mit jedem anlagen", so der Betreiber der Pizzeria über den Angeklagten. Immer wieder kommt die Polizeistreife vorbei. Es hagelt Anzeigen und Gegenanzeigen. Zwischen dem Angeklagten und seinem Nachbarn, einem italienischen Gastronomen, herrscht ein monatelanger Kleinkrieg. Von ständigem Herumschreien und lauter Musik, von schlimmen Beleidigungen und wüsten Bedrohungen ist die Rede. "Ich bringe dich um, wenn ich dich auf der Straße treffe", "Dich kriege ich auch noch" oder "Ich schlitze dich auf und begrabe dich lebendig."

Weil sie damals schwanger gewesen sei, habe sie sich ernsthafte Sorgen gemacht, so die Schwester des Pizzeria-Betreibers. Einmal flog sogar ein Ast in Richtung des Gastwirtes, dann fand man morgens zerstochene Autoreifen vor. "Er hat jede Gelegenheit genutzt, um uns zu nerven." Man habe aber versucht, ihn zu ignorieren.   Auch andere Familienmitglieder werden auf beiden Seiten in die Sache hineingezogen.

Situation eskaliert

Schließlich eskaliert die Situation. Auslöser scheint ein Abend im Juni 2019 gewesen zu sein. Damals kamen Polizeibeamte, um den Hund des Angeklagten mitzunehmen. "Es war das einzige Individuum, das ihn glücklich gemacht hat", so eine Zeugin. Grund soll gewesen sein, dass er das Tier geschlagen und den ganzen heißen Sommertag über im Zwinger ohne ausreichend Wasser eingesperrt haben soll. Dabei kam es zu Widerstandshandlungen des Angeklagten und zu einem tätlichen Angriff auf einen Polizisten - auch dies ist in einer zweiten Anklageschrift Teil des Prozesses.

Zwei Wochen später warf ein unbekannter Täter des Nachts einen riesigen Stein durch das Wohnzimmerfenster. Drinnen waren der Angeklagte und seine Lebensgefährtin zu Tode erschrocken. Auch wurden sie durch herumfliegende Glassplitter verletzt. Wieder eine Woche später sollte das Mehrfamilienhaus brennen, in dem insgesamt 13 Menschen schliefen, darunter auch ein Kleinkind und eine schwangere Frau. "Das war kein Spaß mehr. Ich verstehe nicht, warum er das gemacht hat", so der Hauseigentümer. "Ich kenne den Jungen schon lange."  

Es hätte böse enden können

Dass es zu keinem Flammeninferno kam, lag wohl zum großen Teil daran, dass der Angeklagte sich nachgerade dilettantisch anstellte. Obwohl der Versuch an sich brandgefährlich war. Denn sowohl die Belüftung durch die eingeschlagene Scheibe der Hintertür, als auch das ganz aus Holz bestehende Treppenhaus galten als geeignet, das gesamte Gebäude abzufackeln. Vor allem, weil durch die Entwicklung von Rauchgas und Qualm der einzige Fluchtweg versperrt gewesen wäre. Sobald die Rauchmelder in den Wohnungen angeschlagen hätten, wären die Bewohner beim Öffnen ihrer Tür vor einer schwarzen Wand gestanden. "Im Worst Case brennt das ganze Haus."

Nur einen Schrecken eingejagt?

Nur kam es dazu nicht. Denn Flammen schlugen nur vor der Haustüre hoch. Drinnen entzündete sich das Benzin nicht. Wenn man dem Angeklagten glaubt, dann absichtlich. Er habe der italienischen Familie nur einen Schrecken einjagen, aber niemanden umbringen wollen.

Allerdings stellte er sich nach Ansicht eines Sachverständigen allzu dilettantisch an, sodass das gefährliche Utensil seine Wirkung nicht entfalten konnte.

Vorschaubild: © Marcus Führer/dpa (Symbolfoto)