Nicht für den Haushalt geboren

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"Warum muss mir das immer wieder passieren?" Ausdrucksstarke Bestürzung, Verzweiflung und Verwunderung zogen sich wie ein "roter Faden" durch das erste Solo-Programm von Annette Grabiger, die mit ihrem Wortwitz und schauspielerischen Talent das Premieren-Publikum überzeugte. Foto: Bertram Wagner
"Warum muss mir das immer wieder passieren?" Ausdrucksstarke Bestürzung, Verzweiflung und Verwunderung zogen sich wie ein "roter Faden" durch das erste Solo-Programm von Annette Grabiger, die mit ihrem Wortwitz und schauspielerischen Talent das Premieren-Publikum überzeugte. Foto: Bertram Wagner

In ihrem Soloprogramm tappt Annette Grabiger von einem Missgeschick zum anderen - und fällt sogar vom Stuhl.

Genau elf Jahre nach ihrem letzten "Tanten"-Auftritt (mit Heidi Friedrich) hat Annette Grabiger bei der Premiere ihres ersten Solo-Programms "Warum immer ich?" eindrucksvoll bewiesen, dass sie überhaupt nichts auf den Bühnen-Brettern verlernt hat.

Im Gegenteil: Der 100-minütige Auftritt von "Annette von Bamberg" (unter der Regie ihres Ehemannes Mäc Härder) im Jazzkeller war reich an Tempo, Wortwitz, Spontaneität und schauspielerischem Talent. Was sie an Missgeschicken, Peinlichkeiten und "Katastrophen des Alltags" schilderte, frischte einerseits selbst erlebtes Leid beim Publikum wieder auf, andererseits wünscht man das Malheur "Rohrverstopfung inklusive der brauen ekligen Brühe" nicht einmal seinem (Tod-) Feind.

Kabarett pur

Es gibt sicherlich in der deutschen Kabarett-Szene nicht allzu viele Kabarettistinnen, die - mit Ausnahme eines Stuhls - ohne jegliche
Requisiten, ohne Tanz- oder Gesangseinlage oder ohne sonstiges künstlerisches Equipment auskommen. Bei ihrem Solo setzte Annette Grabiger voll auf die Story und die passenden Übergänge von der häuslichen "Verstopfungs-Katastrophe" zu alltäglichem Künstlerpech, einer Retrospektive ihrer "Taschenkönigin"-Auftritte im Kindertheater bis hin zu bekannten Klischees, die bestimmte Berufsbilder wie Lehrer ("weiß alles, kennt alles, hört nicht zu"), Metzgerei-Fachverkäuferinnen ("mit Wurstfigur") und Urologen ("Patienten gehen denen am Arsch vorbei") hergeben.

Abendprägend war die Kurzweil beim temporeichen Szenenwechsel und das souveräne Auftreten der Komödiantin, die sich eben keinen Tag aussuchte, an dem alles "flutscht" und die alltägliche "To-do-Liste" locker abgehakt wird, sondern ein ereignisreiches Wochenende, das mit einer defekten Glühbirne, einer verpatzten Lese-Aktion auf dem verstopften Klo und somit einer Menge "negativer Energie" beginnt. Einfach im wahrsten Sinne des Wortes "versaut"! Wut, Verzweiflung, die Arbeit mit dem Klo-Stopfer, ein erster Selbstversuch, der (unfähige) "Rohr-Reinigungs-Retter" - das Unheil nimmt seinen Lauf.

Dass der (virtuelle) Bankautomat trotz lautstarker Schimpfkanonaden ("Gib meine Karte raus, du Drecksack!") weder das Plastikstück noch Geld ausspuckt, vervollständigt das Chaos. Total verärgert, aber überzeugend stellte sie die These auf, dass "ein Vietnamese drin sitzen muss und mich auch noch filmt". Frust pur!

Den Atem hielt das Premieren-Publikum an, als die "Baronin" - laut Selbsteinschätzung "für den Haushalt nicht geboren" - sich im "Küchen-Urwald-Dschungel" auf einen Stuhl begab und sich einer "saugefährlichen Mission impossible" aussetzte. Der Stuhl kippte - und Grabiger flog gekonnt: "Mein persönlicher Skyfall!"

Gelb-Phobie

Noch mehr flippte sie aus, als sie schilderte, wie sie mit der von ihr verfluchten Farbe Gelb beim "Mensch ärgere Dich nicht" von ihren Kindern immer wieder "rausgeschmissen", dann aufs Zimmer geschickt ("Mama, du musst das Verlieren noch lernen") und ihr auch noch eine Therapie angedroht wurde. Die "Gelb-Phobie" könnte auch der Grund dafür gewesen sein, dass das "Dilemma einer weiblichen Urinprobe" an Kompliziertheit nicht zu überbieten ist. Auch die üblichen "Check-ups" regten sie fürchterlich auf: "Lassen Sie uns mal ihren Hautkrebs anschauen! Währenddessen "stank die Brüh schon überall", selbst alle Absaugaktionen verschlimmerten die Situation nur noch.

Natürlich durften auch einige positive Aufmunterungen ob dieser Tristesse nicht fehlen: Sie behauptete sich energisch in der Männer-Welt des Metallbau-Fachhandels, verdeutlichte am Handy-Beispiel, dass "früher nicht alles besser war", schwärmte von Netzwerk-Veranstaltungen bei Ikea und der eherettenden Urlaubs-Poesie mit ihrem Gatten ("Perle des Südens" - "Sultan Süleyman, der Prächtige") sowie einem "Teppichleger-Kongress" in der Blauen Moschee zu Istanbul.

Das männliche Geschlecht kam trotz mancher bissigen Seitenhiebe noch ganz gut weg, musste jedoch einmal so richtig zittern, als "Annette von Bamberg" männliche Hosentaschen inspizieren wollte. Aufatmen, als sie es bei der Theorie beließ, trotz der Ankündigung, dort würde man "ein Feuchtbiotop vorfinden, in dem Urin und Nasensekret Tango tanzen! Das ist eine ideale Partymeile für Millionen Viren und Bakterien".

Wer diese Anhäufung von Missgeschicken als Story erleben will: Die nächsten Solo-Abende von "Annette von Bamberg" sind auf den 14. Dezember und den 19. Januar 2013 im Jazzkeller terminiert.