Messerangriff durch JVA-Insasse in Ebrach: Was hörte der Mithäftling?

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Der Angeklagte saß schon einmal in der JVA Ebrach. Luftbild: Ronald Rinklef
Der Angeklagte saß schon einmal in der JVA Ebrach. Luftbild: Ronald Rinklef

Ein 21-Jähriger soll in der JVA Ebrach eine Wärterin schwer verletzt haben. Ein Zellennachbar will vorher Drohungen des Beschuldigten gehört haben.

Der zweite Prozesstag im Verfahren gegen Markus A. (Name geändert) ist ein kurzer. War vergangene Woche schon das Urteil für den gestrigen Termin im Gespräch gewesen, war die Sitzung nun schon nach einer Stunde vorbei - krankheitsbedingt.

Doch was gesprochen wurde, könnte für die weitere Verhandlung von Bedeutung sein. Für den Beschuldigten ist es ein Sicherungsverfahren, das heißt: Es geht für ihn nicht um eine weitere Haftstrafe, sondern die zunächst unbegrenzte Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Der Insasse der Jugendstrafanstalt Ebrach soll dort am 12. August 2016 auf eine Beamtin losgegangen sein. Er hat offenbar mindestens drei Mal mit einem etwa zehn Zentimeter langen Bruchstück aus einem Anstaltsteller auf die Frau eingestochen. Verletzt wurde diese vor allem im Gesicht und am Hals. Sie erlitt klaffende Schnittwunden und entkam nur knapp einer Lähmung, weil der Angreifer den Gesichtsnerv verfehlt hatte.
Festgehalten wurde der Übergriff von der Überwachungskamera im Jugendgefängnis, was der Jugendkammer des Bamberger Landgerichts die Beweisaufnahme erleichtert.


Lag Psychose vor?

Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der 21-jährige Häftling zum Tatzeitpunkt unter einer Psychose litt - hervorgerufen durch jahrelangen und ausgiebigen Drogenmissbrauch. Es sei davon auszugehen, dass er auch in Zukunft Straftaten begehe und für die Allgemeinheit gefährlich sei, heißt es in der Anklageschrift.

Der Beschuldigte hatte sich am ersten Verhandlungstag zwar bei seinem Opfer entschuldigt. Angaben zum Übergriff wolle er aber keine machen. Gestern sagte nun ein Mithäftling aus. Peter Z. (Name geändert) war im vergangenen Jahr ebenfalls in der JVA Ebrach untergebracht, belegte die Zelle über dem Beschuldigten. Persönlich gekannt hätten sich die beiden Häftlinge nicht. Doch Peter Z. habe auf das Namensschild an der Zelle von Markus A. blicken und dessen Stimmte der Zelle zuordnen können.

Warum das von Bedeutung sein könnte? Weil es auch eine Rolle spielen könnte, ob der Beschuldigte die gefährliche Körperverletzung vorher geplant oder vollkommen unvermittelt gehandelt hat.
Glaubt man der Aussage von Mithäftling Peter Z., gab es wohl Hinweise auf die Tat. "Ich habe nachts gegen 2.30 Uhr mal ein Gespräch mitbekommen zwischen ihm und einem anderen Häftling." Markus A. habe sich beschwert, dass er sich von Sabine M. - dem späteren Opfer - unfair behandelt fühle. Demnach soll Markus A. gesagt haben: "Diese Beamtenbitch hat mich voll dumm angemacht, die werd ich abstechen." Der andere soll geantwortet haben "das wirst du eh nicht machen, dazu hast du nicht die Eier".

Aber warum hat Insasse Peter Z. diese Geschichte erst erzählt, als der Angriff schon stattgefunden hatte, wollte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt wissen. "Ich hab dieses Gespräch im ersten Moment nicht für voll genommen. Man hört im Knast öfter solche Sätze wie ,ich hau dem auf die Fresse‘, und dann passiert nichts." Dass es in diesem Fall anders sein würde, habe Z. laut eigener Aussage nicht wissen können. Er kann sich nicht erklären, warum der Beschuldigte Schwierigkeiten mit der JVA-Beamtin gehabt haben könnte. "Sie war beliebt, hat auch mal mit uns Kicker gespielt, jeden gleichberechtigt behandelt. Nach dem Vorfall war sie allerdings vorsichtiger", sagte Peter Z.


Aussage in Frage gestellt

Dessen Aussage sieht ein Zeuge der Polizei jedoch kritisch. Der Sachbearbeiter des Falles sprach von "ein paar Faktoren, die die Aussage zumindest fragwürdig erscheinen lassen." Etwa, dass sich die beiden Häftlinge nicht persönlich gekannt hätten, Peter Z. die verbale Drohung gegen die Beamtin aber Markus A. zugeordnet habe. Auch gebe es Unklarheiten zum Inhalt des mitgehörten Gesprächs und zudem habe das Opfer bereits ausgeschlossen, dass es im Vorfeld Meinungsverschiedenheiten mit dem mutmaßlichen Täter gegeben hätte. Gleichwohl: "Widerlegen kann ich die Aussage auch nicht."

Klar ist dagegen, was der Beschuldigte schon alles auf dem Kerbholz hat. Richter Schmidt verlas zahlreiche Einträge aus dem Bundeszentralregister. Der 21-jährige Markus A. saß schon mehrmals im Gefängnis, unter anderem wegen räuberischer Erpressung, Körperverletzungsdelikten, Bedrohung, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Diebstahls und des Besitzes verfassungswidriger Kennzeichen.

Ob bald die aktuell angeklagte gefährliche Körperverletzung hinzukommt, dürfte sich demnächst entscheiden. Der Prozess wird voraussichtlich am Montag, den 14. August, um 9 Uhr fortgesetzt.