Zum Start des neuen Schuljahrs gelten zunächst strenge Corona-Vorgaben. Auch die Schüler und Lehrer der Trimberg-Mittelschule tragen Mund-Nasen-Schutz im Klassenzimmer und verlagern die Sportstunden nach draußen.
Um welche Zahl muss man den Bruch 1/8 erweitern, um auf einen Dezimalbruch zu kommen? Drei Finger schnellen hoch, Nico wird von Mathelehrer Thomas Fehn aufgerufen und weiß die richtige Lösung: 125. "Was hast Du gesagt?", fragt Fehn auf eine andere dahingemurmelte Antwort. Wer Mund-Nasen-Schutz trägt, muss eben etwas lauter und deutlicher sprechen als sonst. Es ist Fehns erste Woche an der Hugo-von-Trimberg-Mittelschule, das Kennenlernen findet hinter Masken statt. "Das erschwert den Unterricht manchmal schon", sagt der neue Konrektor. Wie an allen weiterführenden Schulen in Bayern muss auch hier bis Ende nächster Woche Mund-Nasen-Schutz im Unterricht getragen werden.
Reihentests für Lehrer
"Ich glaube schon, dass das für zwei Wochen sinnvoll ist. Wer weiß denn, wo die einzelnen Schüler in den Ferien waren", sagt Schulleiter Bernhard Ziegler. Über das Maskengebot hätten sich bislang auch noch keine Schüler, Lehrer oder Eltern bei ihm beschwert. "Wir bewegen hier außerdem alles, damit wir uns hygienetechnisch richtig verhalten." Ein Leitz-Ordner auf Zieglers Tisch ist mit den Corona-Infos des Kultusministeriums bis Juli gefüllt, zum Schuljahresbeginn ist ein daumendicker Papierstapel dazugekommen. An allen Eingängen der Schule steht Desinfektionsmittel bereit. In den Pausen sind die Schüler locker übers Gelände verteilt - und tragen auch draußen Maske. Der Sportunterricht wurde ins Freie verlegt, noch spielt das Wetter mit. "Wir haben uns eine Fieberpistole angeschafft, mit der wir bei Erkältungssymptomen die Temperatur messen können", erklärt Ziegler. Wer am Unterricht teilnehmen will, muss zumindest 24 Stunden fieberfrei sein.
Die Lehrer nehmen an Reihentestungen teil, bislang wurde bei keinem eine Corona-Infektion festgestellt. Und bei den Schülern? "Wir hatten zum Glück erst einen Fall in einer Familie. Die Mutter war sehr konsequent und hat ihre vier Kinder gleich daheimgelassen." Und so absolvierten zwei der Kinder die letzten Prüfungen für den mittleren Bildungsabschluss einzeln - zum Ende ihrer 14-tägigen Quarantänezeit.
Was Ziegler noch fehlt, sind zwei Container, mit denen er schon zum Beginn des Schuljahres gerechnet hatte. "Da liegt die Genehmigung der Regierung von Oberfranken leider noch nicht vor, weshalb auch die Stadt nicht anfangen darf." Er hofft nun, dass es bis zu den Herbstferien klappt. Dann wandern zwei kleinere Klassen in die neuen Container. Dadurch gewinnt der Schulleiter einen Musik- und einen sogenannten Differenzierungsraum, in dem zum Beispiel evangelischer Religionsunterricht gegeben werden kann.
Klassen durchmischen darf eine Schule nur in wenigen Fällen, so sind unter anderem Schulspiel oder Instrumentalunterricht bis auf Weiteres nicht möglich. Auch Hugo's Mittagstisch, der Kindern aus finanziell schwächer gestellten Familien eine günstige Mahlzeit sichert, muss noch pausieren. Bis Oktober soll aber auch hier ein neues Konzept vorliegen, das eine Weiterführung ermöglicht. Das Schüler-Frühstück wird derzeit noch in Tüten gepackt und an die jeweiligen Schüler verteilt.
"Im Herbst müssen wir dann hoffen, dass alle Eltern uns ehrlich sagen, wenn es ihrem Kind nicht gut geht", sagt Ziegler. Es könne nicht sein, dass die Schule mit kranken Schülern konfrontiert werde, und daheim dann keiner zu erreichen sei.
Der Schulleiter hat sich für die Einführung der App "EduPage" an den Bamberger Grund- und Mittelschulen eingesetzt. Über diese Informationsplattform können unter anderem per PC oder Handy Krankmeldungen eingereicht oder Hausaufgaben verteilt werden. "Da bin ich dem Bildungsbüro sehr dankbar, dass die Stadt jetzt die Kosten dafür übernimmt." Derzeit wird bei den Eltern abgefragt, wie die jeweilige technische Ausstattung daheim aussieht.
In der R9 hat Lehrer Fehn gerade entsprechende Fragebögen eingesammelt. Die Klasse hat noch Glück, dass sie in die Aula umziehen konnte, weil das eigentliche Klassenzimmer renoviert wird. In der Aula ist deutlich mehr Platz, die Abstände entsprechend größer.
Wie an jeder Schule gibt es auch hier im Matheunterricht einige Eifrige, die sich immer melden, und andere, die hoffen, nicht gefragt zu werden. "Es gibt viel nachzuholen", stellt Fehn fest. Und kann dann doch immer wieder Lob verteilen oder deutlich machen, dass auch wegen einer falschen Antwort keiner ausgelacht werden darf.
"Das mit den Masken im Unterricht ist schon nervig", sagt Lars in einer Pause. "Ich hoffe, dass das in zwei Wochen vorbei ist", ergänzt Pino, der sich aber auch ungern an die unfreiwillige Nähe im vollen Schulbus erinnert. "Und ich hoffe, dass Corona bald vorbei ist", sagt Maximilian und alle pflichten ihm bei. Einige haben sich zur Lockdown-Zeit sogar wieder auf die Schule gefreut, denn "da durfte man ja auch sonst fast nichts machen".
KOMMENTAR von Stefan Fößel
Auf Nummer sicher
Mund-Nasen-Schutz im Regelunterricht ist eine Zumutung für Schüler und Lehrer. Weil aber die Klassenzimmergrößen schon in Vor-Corona-Zeiten wenig Abstand zuließen und es an Ausweichräumen fehlt, gibt es im Präsenzunterricht zunächst wohl kaum eine Alternative. Denn wer weiß schon so genau, wer aus der Masse der Urlaubs- und Ferienrückkehrer eine Infektion mit im Gepäck hat. Das erkennen auch viele Schüler, obwohl ihnen das Stück Stoff vor dem Mund den Unterricht wahrlich erschwert.
Wie schnell aber die abstrakte Ansteckungsgefahr zu einer konkreten werden kann, zeigt das Beispiel des Clavius-Gymnasiums, wo nun wegen einer Corona-Infektion eine ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden musste. Ob dort die Maskenpflicht eine Ansteckung von Mitschülern verhindern konnte, werden die nächsten Tage zeigen.
Da durch den Mundschutz erwiesenermaßen das Infektionsrisiko insgesamt deutlich sinkt, dient die vorübergehende textile Zumutung der Sicherheit aller. Es ist aber Lehrern wie Schülern zu wünschen, dass sie in der übernächsten Woche zumindest im Unterricht darauf verzichten können.