"Existenzängste": In einem Bamberger Stadtteil holt die AfD über 47 Prozent

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Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
Bei der Landtagswahl erlangte die AfD im Stimmbezirk "BasKidHall" im Bamberger Stadtteil Gereuth mehr als doppelt so viele Stimmen wie die CSU.
Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
Ronald Rinklef/Archiv
Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
"Man muss sich nicht wundern, wenn der ein oder andere seinen Unmut auf dem Wahlzettel ausdrückt", kommentiert der Bamberger AfD-Politiker Michael Weiß das gute Abschneiden seiner Partei.
Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
Michael Weiß (Archivbild)
Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
Bei der Landtagswahl erlangte die AfD im Stimmbezirk "BasKidHall" im Bamberger Stadtteil Gereuth mehr als doppelt so viele Stimmen wie die CSU.
Ronald Rinklef/Archiv
Bamberg: AfD holt in Stadtteil über 47 Prozent - "Leute haben Existenzängste"
"Manche haben das Gefühl, dass sie Staat und Gesellschaft benachteiligen", sagt Jonas Glüsenkamp (Grüne), Bambergs zweiter Bürgermeister und Sozialreferent der Stadt.
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Sonja Seufferth / Stadt Bamberg

Bei der Landtagswahl holte die AfD in einem Bamberger Stadtteil über 47 Prozent. "Die Leute haben Existenzängste", meint AfD-Direktkandidat Michael Weiß. Bambergs Sozialreferent Glüsenkamp (Grüne) betont, dass man die Sorgen der Bürger ernst nehmen müsse.

Die AfD ist längst kein reines Ost-Phänomen mehr. Das ist spätestens jetzt - nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen - klar. In beiden Bundesländern erzielte die Partei deutliche Stimmengewinne. In Bayern kam die AfD auf 14,6 Prozent - ein Plus von 4,4 gegenüber der Wahl 2018. In Hessen erreichte die am rechten Rand des Parteiensystems stehende Partei starke 18,4 Prozent (+5,3).

Auch in mehreren fränkischen Stimmkreisen hat die Alternative für Deutschland am vergangenen Sonntag besonders gut abgeschnitten. Einen Überblick dazu gibt es hier: AfD-Hochburgen in Franken: Wo die Partei bei der Landtagswahl besonders stark war. Den größten frankenweiten Erfolg erzielte die AfD im Stimmkreis Bamberg-Land - mit starken 20,8 Prozent an gewonnenen Gesamtstimmen. Auch im Stimmkreis Bamberg-Stadt konnte die AfD punkten - in einem Bezirk stimmte fast die Hälfte aller Wähler für sie.

Bamberg: AfD holt im Stadtteil Gereuth 47,3 Prozent - mehr als doppelt so viele Stimmen wie die CSU

Laut vorläufigem Wahlergebnis konnte die AfD in Bamberg 15,9 Prozent erzielen. Vor allem in einem Stadtviertel war die Partei auffallend stark: In der Gereuth fielen fast 50 Prozent der Gesamtstimmen auf sie. Im Stimmbezirk "BasKidHall" holte die AfD 47,3 Prozent - und damit mehr als doppelt so viel wie der Wahlsieger CSU (23,8). Die Gereuth gilt allgemein als sozial benachteiligter und strukturschwacher Stadtteil Bambergs. Doch auch im Stimmbezirk 15 ("Dientzenhofer-Gymnasium") in der Feldkirchenstraße votierten 35,3 Prozent der Wähler für die AfD (CSU: 29,4). 

Was macht die Partei in den genannten Stadtvierteln dermaßen erfolgreich? "Es gibt einige Leute, die sich von der Politik nicht mehr abgeholt fühlen", kommentiert der Bamberger AfD-Direktkandidat Michael Weiß sein gutes Abschneiden bei der Landtagswahl im Gespräch mit inFranken.de.  Dieser Umstand spiegele sich im Wahlergebnis wider. "Ich habe zum Beispiel mit Leuten in Bamberg-Ost gesprochen. Die sehen, wie oft die Polizei zur AEO fährt."

Seit September 2015 fungiert die "ANKER-Einrichtung Oberfranken" (AEO) - so die offizielle Bezeichnung des Bamberger Ankerzentrums - als erste Anlaufstelle für Asylbewerber in Oberfranken. In der Tat kommt es in der Einrichtung regelmäßig zu Polizeieinsätzen. "Wenn man sich mit Menschen unterhält, die dort wohnen, hört man, dass teilweise Flaschen im Biomüll landen." Die Tonnen würden deshalb von der Müllabfuhr nicht geleert. "Ein anderer erzählt mir von fremden Fahrrädern auf seinem Grundstück", berichtet Weiß. "Die Leute fühlen sich von der Politik im Stich gelassen." 

Bürgermeister Glüsenkamp (Grüne): "Manche haben das Gefühl, dass sie Staat und Gesellschaft benachteiligen"

Bambergs zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grüne) hält im Gespräch mit inFranken.de fest, dass die AfD vielerorts gut abgeschnitten hat. "Spätestens seit dieser Wahl muss man sagen, dass das nicht ausschließlich ein Problem der Gereuth ist." Hohe Stimmengewinne habe es auch in anderen Wahlbezirken gegeben. "AfD-Wähler wohnen auch woanders in Bamberg", sagt der Sozialreferent der Stadt. Auch speziell im Landkreis sei die Zustimmung für die Partei sehr hoch gewesen.

Glüsenkamp verweist darauf, dass es vonseiten der Stadt in der Vergangenheit zahlreiche Aktionen für die Bewohner in der Gereuth gegeben habe. Mit einem Job-Bus sei man beispielsweise im Stadtteil vor Ort gewesen und habe Gratis-Burger an die Menschen verteilt. "Das Argument, dass sich dort keiner kümmert, lasse ich nicht gelten", sagt der 35-Jährige. "Das ist einfach die Unwahrheit." Auf die Sorgen der Bürger müsse man gleichwohl aber eingehen. "Manche haben das Gefühl, dass sie Staat und Gesellschaft benachteiligen. Selbst wenn es nur ein Gefühl ist, müssen wir das ernst nehmen und was tun", erklärt Glüsenkamp.

Auch er berichtet von Bürgern, bei denen der Müll nicht abgeholt werde. Ein anderer fühle sich etwa übergangen, weil ein Migrant die freie Wohnung bekommen habe und nicht er. Der Bürgermeister plädiert, stets den jeweiligen Einzelfall zu betrachten. "Es gibt keine einfache Erklärung. Wir müssen jedem einzelnen Hinweis nachgehen - das ist unsere Aufgabe", konstatiert er. "Und das tun wir in der Gereuth stärker als in anderen Stadtteilen." 

"Die Leute haben Existenzängste": Bamberger AfD-Politiker erklärt Wahlerfolg seiner Partei

Ob der Erfolg seiner Partei aus außerordentlich vielen Protestwählern resultiert, vermag der Bamberger AfD-Direktkandidat Michael Weiß derweil nicht zu beurteilen. "Ich weiß nicht, ob die Wähler bei uns eine neue Heimat gefunden haben oder ob unser Erfolg auf Proteststimmen zurückzuführen ist." Durch die Inflation und die von der Bundesregierung ins Auge gefasste Lkw-Maut-Erhöhung befürchten Bürger laut Weiß teils steigende Kosten. "Alles wird teurer. Davor haben die Leute Angst", sagt der 54-Jährige aus Zapfendorf. Mancher Arbeitnehmer könne schon jetzt nicht mehr von seinem Verdienst allein leben.

"Ein Vollzeitangestellter mit zwei Kindern muss teilweise zum Amt, um aufzustocken", so Weiß. Die aktuelle Politik gehe an den Bürgern vorbei, lautet sein Vorwurf. "Die Leute haben Existenzängste. Sie haben Angst, dass sie mit ihrem Einkommen kein Auskommen mehr haben." Laut Weiß' Auffassung sollte Politik für Bürger gemacht werden - "und nicht umgekehrt". Die Unzufriedenheit mancher Menschen habe sich letztendlich auch bei der Stimmangabe zur Landtagswahl gezeigt. "Da muss man sich nicht wundern, wenn der ein oder andere seinen Unmut auf dem Wahlzettel ausdrückt", hält der Bamberger Direktkandidat mit Blick auf das gute Abschneiden der AfD fest.

Unsere Kollegen vom Fränkischen Tag haben sich tiefgehend mit dem Wahlerfolg der AfD im Osten Bambergs beschäftigt (Plus-Inhalt): AfD in der Bamberger Gereuth fast 50 Prozent stark. Den Wahlticker von inFranken.de zur Landtagswahl im Raum Bamberg findet ihr hier. Weitere Nachrichten aus Bamberg gibt es in unserem Lokalressort.