Kurzfilmtage Bamberg: 125 "Quickies" für Cineasten

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Nora Gomringer engagiert sich diesmal als Patin der Kurzfilmtage. Foto: Lucian Hunziker
Nora Gomringer engagiert sich diesmal als Patin der Kurzfilmtage. Foto: Lucian Hunziker

Am Montag, 25. Januar, hebt sich der Vorhang für die 26. Kurzfilmtage, die bis zum 31. Januar in Bambnerg laufen. Ein gigantisches Programm mit 125 Filmen aus zwölf Ländern erwartet Cineasten. Hier unser Blick auf Highlights.

"Ein kurzer Film ist wie kurzer Sex, also ein Quickie. Das kann sehr viel Spaß machen, belastet nicht und wenn's schlecht ist, kommt schnell der Nächste": Soweit Rosa von Praunheims Erklärung zum Genre, das vom 25. bis 31. Januar in Bamberg wieder im Rampenlicht steht. 125 "Shorties" aus zwölf Ländern erwarten das Publikum. Renommierte Regisseure aus Deutschland, Österreich, Südtirol, der Schweiz, Luxemburg und Tschechien präsentieren Werke, die abgedreht, urkomisch, abenteuerlich, zuweilen auch tragisch, aber sicher nie langweilig sind. Einen Vorgeschmack darauf gibt's vorab - und ein Interview mit der diesjährigen Patin: Künstlerhaus-Direktorin und Bachmannpreisträgerin Nora Gomringer.

In der Villa Concordia findet am Montag auch der Auftakt des Festivals statt. Um die "Leichtigkeit des Seins" dreht sich der deutsch-norwegische Filmabend, der um 20 Uhr beginnt. Darum, "der Schwere des irdischen Seins wie ein Vogel zu entfliegen und die grenzenlose Freiheit des Himmels zu spüren". Außergewöhnliche filmische, textliche und musikalische Beiträge in Kooperation mit den norwegischen Stipendiaten Evan Gardner, Siri Hermansen und Arild Vange zeigt das Sonderprogramm. Als deutsche Gäste sind Filmemacher Mike Huntemann und das Ensemble Responsorium mit von der Partie.


Reisen durchs Land der Lyrik

Mit Nora Gomringer geht das Programm am Dienstag ab 16 Uhr weiter: In der Stadtbücherei erwartet Besucher eine "vergnügliche Reise mit 16 Kurzfilmen durchs Land der Lyrik". Texte von Joachim Ringelnatz, Jean Paul, Maud Vanhauwaert und Gomringer selbst stehen im Blickpunkt - filmisch in Szene gesetzt von der Autorin, Judith Kinitz, Felix Knöchel, Wolf Hogekamp und Richard Westermaier.

Im Lichtspielkino sind am Dienstag und Mittwoch ab 18, 20 und 22.30 Uhr Dokumentarfilme zu sehen. Zwölf Filmemacher präsentieren "Geschichten zum Staunen, Mitfühlen oder einfach nur Kopfschütteln". Darunter "Tarek Chalibi" als siebenminütiger Beitrag, der sich mit dem Flüchtlingsthema befasst. "Hallo. Ich bin Tarek. Ich bin 18 Jahre alt. Ich bin syrisch", stellt sich der junge Mann in dem prämierten Kurzfilm vor, der vom Beginn der Unruhen in Syrien an Tareks Erlebnisse schildert, seine Flucht übers Mittelmeer bis hin zur Ankunft in Bremen.

Lassen Sie sich gerne aus dem Hier und Jetzt in fantastische Welten ziehen? Dann empfiehlt sich die Wettbewerbssparte "Spielfilm / Animex". Am Donnerstag und Freitag läuft im Lichtspiel und Luli-Kino (ab 18, 20.15 und 22.30 Uhr) ein Programm, das die große Bandbreite des Genres zeigt. Die heimliche Liebe in einer Marsrakete wird zum Thema. Ein einsamer Barock-Roboter reibt sich im Kampf zwischen Gut und Böse auf. Während im Animationsfilm "Dissonance" ein Pianist in einer schwebenden Stadt weit über der restlichen Welt ein einsames Leben fristet, das allein sein gnomenhafter Diener teilt. Bis eines Tages die Realität über die Fantasiewelt hereinbricht und zu einer wahnwitzigen Odyssee zwischen Psychosen und Wirklichkeit führt.

Klar, gehören Filme aus der Region zu den Highlights der Kurzfilmtage (zu sehen am Samstag ab 14.30 und 16.30 Uhr im Luli-Kino). Was uns wieder zur diesjährigen Patin bringt, die mit Judith Kinitz den Experimentalfilm "Kurze Sätze" drehte: Aphorismen von Jean Paul (1763-1825) nahmen sich die beiden kreativen Köpfe vor. Und erinnern an ein Original, von dem Sätze wie "Essen nimmt, Trinken gibt Enthusiasmus" stammen. Oder "Jeder Mensch glaubt, er sei der wichtigste, der beste. Aber nur der Narr und der Dummkopf haben den Mut, es auszusprechen."

Um die Tränen einer enttäuschten "Waldfee" geht's in einem weiteren Kurzfilm aus Franken. Ein Hip-Hop-Video mit Kriegsflüchtlingen, die aus Syrien nach Deutschland kamen, erwartet das Publikum. Selbst eine Verschwörungstheorie zu den Bamberger Bierbrauern landet auf der Leinwand, um mit insgesamt 16 Kurzfilmbeiträgen zu konkurrieren: gedreht von Profis, Schulen oder Hobbyfilmern, die sich die Auszeichnung "Bester Regionalfilm" sichern wollen.

Zum krönenden Abschluss werden am Sonntag ab 16 Uhr (Luli-Kino) und 18 Uhr (Lichtspiel) die Gewinner sämtlicher Kategorien - darunter auch Kinderfilme - gezeigt. Im Lichtspielkino ist an dem Tag auch noch ein Special zu Tschechien (16 Uhr) zu sehen. So präsentiert die Prager Filmhochschule an der Regnitz junge tschechische Talente samt ihrer Werke.

So ziemlich alles, was sie anpackt, wird zum Erfolg. An Auszeichnungen mangelt es Nora Gomringer nicht, die 2011 beispielsweise auch zur jüngsten Trägerin des Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache avancierte. Vor einigen Monaten erst erstürmte die Lyrikerin, Essayistin und Spoken-Word-Poetin die letzte Bastion des deutschen Feuilletons, indem sie den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann. Jetzt erlebt man Nora Gomringer als künstlerische Patin der Kurzfilmtage. Grund genug für ein Interview.


Beim 26. Kurzfilmfestival treten Sie in die Fußstapfen von Michael Ballhaus, Hans W. Geißendörfer und anderer Grenregrößen. Wie fühlen Sie sich dabei?
Nora Gomringer: Offensichtlich sieht man mir nun die großen Füße an... Natürlich ist es eine vergnügliche und große Freude! Ich bin seit ich in Bamberg lebe - das sind nun bald 20 Jahre! - Fan des Festivals.

Sie gehören zu den leidenschaftlichen Kinogängern. Waren Sie von jeher auch ein Kurzfilmfan? Was zeichnet das Genre Ihrer Meinung aus?
Kurzfilme sind Espressi, Pralinen, Gedichte, Liköre, Diamanten - alles, was konzise, dicht, lebhaft und formal bündig ist. Exakte Extraktkunst. Ich mag, welche klugen Geister die Kurzfilmszene vor und hinter der Kamera anlockt. So viele Menschen werden zu Poeten, wenn sie Kurzfilme drehen. Und noch mehr Zuschauer verstehen auf einmal die so oft verschmähte Lyrik von poetischem Film- und Textgut, speziell bei Poesiefilmen. - Ja, ich liebe Filme und war 2000 ein Vierteljahr in Los Angeles und habe ein Praktikum bei der AMPAS absolviert. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences vergibt des Oscar! Das war wild und sehr arbeitsreich.

Welche Impulse möchten Sie als Patin setzen? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Festivals?
Bestand wünsch ich dem Festival! Und finanzielle Sorglosigkeit in der Zukunft und keine Parallelveranstaltungen, die ähnliche Publikumsgruppen ansprechen. Das wird jetzt mal ausprobiert. Ich bin gespannt. Immerhin sind ja meine beiden Herzkammern, die, die für Literatur und die, die für Film schlägt, ganz schön am Pumpen. - Meine Impulse sollen Humor und Großzügigkeit, Einfachheit der Mittel in der Herstellung und Poesie im Kurzfilm sein.

Darüber hinaus erlebt man Sie eine Woche lang als Filmschaffende: Worauf dürfen sich Besucher freuen?
Seit vielen Jahren habe ich die Freude, Filmverliebte mit meinen Texten anzulocken. So sind sehr viele Filmprojekte realisiert worden über mich, mit mir, durch mich. Seit einem Jahr produzieren Judith Kinitz und ich zusammen Poesie- und Kurzfilme und wir haben viel Spaß dabei, sind aber auch sehr diszipliniert. Reisen international und zeigen unsere Arbeit. Nächstes Jahr in Mexiko. Ich muss so viel für TV und Rundfunk aufnehmen, dass sich vieles in der Arbeit nun gut mehrfach verwerten lässt. Das ist dann toll, wenn andere die eigene Arbeit als Grundlage für neue Interpretationen wählen. Man steht dabei und staunt.

Zuletzt noch Ihr ganz persönliches Programmhighlight als Tipp für unsere Leser?
Die Frankenfilme, die als eigene Wettbewerbsauswahl am Samstag gezeigt werden...die sollten spannend werden, aber hoffentlich schön selbstironisch! Und natürlich freue ich mich riesig auf die Eröffnung der Kurzfilmtage in der Villa! Wir haben wunderbare Stipendiaten in diesem Jahr, die selbst Filmschaffende sind: Siri Hermansen hat eine Doku über Isreal im Rahmen ihrer Ausstellung zu uns gebracht und Evan Gardner hat Musik geschaffen für vielfach ausgezeichnete Filme. Das Interview führte Petra Mayer


Trailer 26. Bamberger Kurzfilmtage from Bamberger Kurzfilmtage on Vimeo.