Bamberg: Kleinod im Sand erstrahlt neu

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In neuem Glanz erstrahlt die aufwendig sanierte Elisabethenkirche Foto: Matthias Hoch
In neuem Glanz erstrahlt die aufwendig sanierte Elisabethenkirche Foto: Matthias Hoch
 
 

Nach mehrjährigen Instandsetzungsarbeiten konnte in den vergangenen Wochen die Sanierung der Elisabethenkirche abgeschlossen werden.

Ein Schmaus für Aug und Ohr ist der Besuch der Kirche St. Elisabeth - mehr denn je nach der sechsjährigen, 1,47 Millionen Euro teuren Generalsanierung. Nimmt der Besucher allerdings für eine über einstündige Feierstunde - wie gestern zur Wiedereröffnung des historischen Gotteshauses - oder für eine katholische Eucharistiefeier auf einer der spartanischen Kirchenbänke Platz, wird er über kurz oder lang fragen: Womit, lieber Gott, habe ich diese Qualen verdient? St. Elisabeth im Sand ist als wunderbares Kleinod wiedererstanden, aber man hat mit fanatischer Liebe zum Detail alle Unbequemlichkeiten beibehalten: die das Sitzfleisch zermürbenden, schmalen Sitzbänke; die zum Vordermann auskragenden, Schulterblätter oder Wirbelsäule marternden Gebetbuchauflagen; die hölzernen, ungepolsterten Kniebänke ebenso. Und auch in Zukunft wird's im Winter klapperkalt in der einstigen Spitalkirche aus dem frühen 14. Jahrhundert: Eine Heizung gibt es nicht. Sie wäre mit ihren kurzfristigen Veränderungen des Raumklimas Gift für die kostbare Ausstattung und das vor dem Verfall bewahrte Gemäuer.


Zahlreiche Glanzstücke

Aber sonst? Man lausche der meisterhaft gespielten, zu neuem Leben erweckten Steinmeyer-Orgel (Nummer 474, aus dem Jahr 1893) und lasse den Blick wandern über die vielen liebevoll restaurierten Glanzstücke, hin zum Vor-Bild der heiligen Elisabeth, jener frommen und gutherzigen Frau, deren Nächstenliebe so nacheifernswert ist. Vielleicht strahlt auch noch die Sonne durch die vom Staub der Jahrhunderte befreiten Buntglasfenster. Hat dann jemand die Heilsbotschaft auf den Lippen - ja dann fühlt man sich gleich dem Himmel ein Stück näher, dem fränkischen zumindest.

Stiftungsreferent Bertram Felix erklärte bei einem Ortstermin für die Medien, dass St. Elisabeth, ehemalige Spitalkirche im Eigentum der Stadt Bamberg, auch in Zukunft hauptsächlich als katholisches Gotteshaus genutzt werden soll. Bald werde es wieder die Gottesdienste samstagabends geben und auch für kirchliche Trauungen oder Taufen soll das Gotteshaus zur Verfügung stehen. Über die Modalitäten sowie hinsichtlich einer mit dem sakralen Charakter in Einklang zu bringenden kulturellen Verwendung werde noch mit der zuständigen Dompfarrei verhandelt, berichtete Felix.

Verwunderlich, dass die umfassende Sanierung des Sakralbaus aus dem späten Mittelalter in gewisser Weise der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise zu "verdanken" ist, die durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 entstand. Die Deutsche Bundesregierung legte 2009 ein Investmentprogramm für nationale Unesco-Welterbestätten auf, das gerade recht kam, um trotz der heraufziehenden Krise ein solch aufwendiges Denkmalprojekt zu anzupacken.

398 650 Euro überwies der Bund inzwischen auf das Sanierungskonto. Die Oberfrankenstiftung steuerte 284 173 Euro bei, die Bayerische Landesstiftung gab 119 326 Euro dazu, das Landesamt für Denkmalpflege erübrigte 10 000 Euro und das Erzbischöfliche Ordinariat überwies 112 000 Euro. Die Stadt Bamberg hat schließlich 523 000 Euro aufzubringen. Als einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Restaurierung der "altehrwürdigen" Steinmeyer-Orgel würdigte Felix die Denkmalstiftung der Familie Ibach in Zusammenarbeit mit dem Kaiser-Heinrich-Gymnasium.


Vorausschauende Bauplanung

Erfreulich, dass die mit 1,8 Millionen Euro budgetierten Baukosten nicht ausgeschöpft werden mussten. "Dank vorausschauender Bauplanung", so Abteilungsleiter Stephan Walz, sei das in drei Abschnitte aufgeteilte Vorhaben von kostspieligen Überraschungen verschont geblieben. Baukosten von 1,473 Millionen Euro stehen unterm Strich.

Der erste Schritt galt der Sanierung des bei der Barockisierung geradezu vergewaltigten gotischen Dachstuhls. Doch nicht nur der kecke Verzicht auf statisch eigentlich unverzichtbare Elemente, auch der Holzwurm und die zwischenzeitliche Zweckentfremdung als Stall oder Lager setzten dem Gebälk massiv zu. Seine Erneuerung kann dem Anschauungsunterricht zeitgenössischer Baufach- und Zimmerleute dienen. Geflickt wurde mit Holzstücken zwischen zehn Zentimeter bis drei Meter Länge, und um jedes Detail habe man mit der Denkmalbehörde ringen müssen, plauderte Walz aus der Schule. Es sollte so viel historische Substanz wie möglich erhalten bleiben. Dabei zeigte sich, dass der Dachstuhl seit dem Barock zerstörerisch nach außen auf die Mauern drückte, so dass zahllose Risse an den Wänden und im Chorgewölbe auftraten. Ein neuer Ringanker aus einem 30 Millimeter starken Rundstahl werde das "statische Gefüge", nunmehr auf weitere Jahrhunderte hin stabilisieren, verbreitet der Bautechniker Zuversicht.

Bei der Fassadenerneuerung war die Versalzung ein großes Thema: Als Überbleibsel der früheren Tierhaltung in der Kirche war an den Wänden, in den Sockeln und im Fundament, ja sogar in der Holzkassettendecke Salpeter ausgeblüht. Am Sockel außen hatten aber auch die zwei- und vierbeinigen Wildpisser Spuren hinterlassen. Trocknen und wegbürsten - nach dieser "sanften" Methode gelang es, Salpeter fast restlos zu entfernen, informierte Walz.


Helle Farben sind zurück

Seit 2013 bis in die letzten Tage wurde das Kircheninnere restauriert. Früheren Kirchenbesuchern sind der spätgotische Altar und die Kanzel (Ende 19. Jahrhundert) sowie das Gestühl buchstäblich dunkel, fast schwarz, in Erinnerung. Befunduntersuchungen förderten jedoch eine ursprünglich helle Farbgebung zutage. Und die ist nun wieder zurückgekehrt. Man lasse sich nicht täuschen: Es ist kein natürliches Wurzelholz in den Wangen der Kanzel zu sehen; die Maserierung stammt vom Kirchenmaler!

Zum Schutz des wertvollen Inventars kann St. Elisabeth außerhalb der Gottesdienste und anderer Veranstaltungen nur durch das vor Jahrzehnten vom Bürgerverein spendierte Gitter besichtigt werden. Der Abschluss der sechsjährigen Generalsanierung dürfte Anlass sein, das Kirchweihfest der in neuem Glanz erstrahlenden Spitalkirche heuer besonders würdig und voller Dankbarkeit zu feiern. Die Sandkerwa im August ist ja in erster Linie nicht ein Rummel, sondern zunächst das Fest der Weihe von St. Elisabeth - was in unserer säkularisierten Zeit übersehen wird.

Sollten all die Hindernisse beseitigt werden können, die dem Einbau von Glasfenstern des Künstlers Markus Lüpertz noch im Wege stehen, wird die kleine Kirche noch zu einem Aushängeschild der zeitgenössischen Kunst. Ob das notwendig ist, darüber dürften sich die Geister scheiden.