Am Kaulbergfuß soll eine erweiterte Fußgängerzone für Radler leichter befahrbar werden. Anwohner sehen keinen Sicherheitsgewinn, denn es würde dann nur noch schneller gefahren.
Einmal hat Bettina Zillig-Wenker so richtig Glück gehabt. Sie wollte gerade ihr Fahrrad aus der Hofeinfahrt schieben, als sie einen heftigen Aufprall erlebte. Ein Radfahrer war gegen ihren Vorderreifen gefahren und hatte ihn völlig verbogen, sie selbst kam mit dem Schrecken davon. "Der Mann hat sich noch entschuldigt und ich habe ihm einen Krankenwagen gerufen. Denn wie sich herausstellte, war sein Arm gebrochen." Brenzlige Situationen erleben Zillig-Wenker und andere Anwohner am Unteren Kaulberg immer wieder, schon seit Jahren beklagen sie die Situation.
In der vergangenen Woche hat nun der Mobilitätssenat beschlossen, dass an dieser Stelle die Fußgängerzone erweitert und auf Kosten von drei Parkplätzen deutlich verbreitert werden soll. Auch Fahrradfahren wäre dann offiziell nicht mehr nur am Pfahlplätzchen, sondern kaulbergaufwärts bis zur Hausnummer 4 (Künstlerhaus Villa Concordia) erlaubt.
Die Anwohner glauben allerdings nicht an einen Sicherheitsgewinn: "Die Auffahrt zum Gehsteig ist für viele Radfahrer jetzt schon so eine Art Startrampe, über die sie wahnsinnig schnell zum Pfahlplätzchen runterfahren. Wenn die Zufahrt breiter wird, fahren sie wahrscheinlich noch viel schneller - das ist wirklich gefährlich", sagt Jochen Scherbaum. Er fürchtet, dass die Radfahrer auch die erweiterte Fußgängerzone in voller Breite nutzen und eng am Haus vorbeifahren werden. "Man hat nicht wirklich überprüft, ob das sicherer wird."
Scherbaum hat insgesamt auch größte Zweifel, dass das Pfahlplätzchen überhaupt für den Radverkehr geeignet ist. Ballen sich hier doch Touristen- und Schülergruppen, Außengastronomie, Geschäfte und Praxen.
Direkt am Kaulbergfuß arbeitet auch ein Physiotherapeut. Der hat bislang zwei Kurzzeit- und einen Behindertenparkplatz direkt vor der Haustür, die jedoch in der Nähe kompensiert werden sollen. Zu den Patienten zählt auch Werner B. (Name geändert), der zu seiner Krückenzeit heilfroh gewesen sei, dass ihn seine Frau dort aussteigen lassen konnte. "Beim Verlassen der dortigen Gebäude ist aber absolute Vorsicht geboten. Ich selbst bin beim Verlassen der Praxis mehrmals fast von bergab auf dem Gehsteig rasenden Radlern umgefahren worden." Andere hätten ihn zur Seite geklingelt oder mit wenigen Zentimetern Abstand überholt. Dass sich diese Zustände nun in einer breiten Fußgängerzone mit gleichzeitigem Radverkehr verbessern werden, glaubt auch B. nicht. "Eine um zwei Meter versetzte rot-weise Doppelkette am Beginn des Pfahlplätzchens würde zumindest den Schwung der Radler bergab bremsen."
Geschwindigkeit reduzieren
Auch Anwohner wie Zillig-Wenker und Scherbaum beklagen häufig die hohe Geschwindigkeit, mit der Radfahrer vom Kaulberg auf das Pfahlplätzchen fahren. Aus ihrer Sicht wäre der Gehsteig auf der gegenüberliegenden Straßenseite deutlich besser für Radverkehr geeignet, weil dort weniger Fußgänger unterwegs sind. Wiederholt geäußert wurde auch der Wunsch nach einer Ampel oberhalb der Einmündung Pfarrgasse.
"Ich weiß noch nicht, wie das fertige Ergebnis genau aussehen wird", sagt Bettina Zillig-Wenker. "Aber ich halte das hier weiterhin für supergefährlich." Denn auch wenn die Einfahrt nun breiter werde, bleibe ein Stück weiter unten ja die Engstelle zum Pfahlplätzchen. Obwohl bislang bereits sehr viele Radfahrer verbotswidrig über den Gehweg zum Pfahlplätzchen fahren, wurden der Polizei dort noch keine Unfälle gemeldet. Ines Schellmann, Sachbereichsleiterin Verkehr bei der Polizei Bamberg-Stadt, hatte in den nun beschlossenen Plänen "vielleicht nicht die schönste, aber eine pragmatische Lösung" gesehen, der die Polizei grundsätzlich zustimmte. Aber auch Schellmann hatte sich bauliche Veränderungen gewünscht, die für eine reduzierte Geschwindigkeit des Radverkehrs sorgen würden. Denn in der Fußgängerzone gelte für Radler ohnehin Schrittgeschwindigkeit. Auf Schellmanns Hinweis hin wurden in den Beschluss des Mobilitätssenats auch "Achtung Radfahrer!"-Schilder aufgenommen, die nun am Kaulberg installiert werden sollen.
Die Verkehrsverbindung an dieser Stelle ist für Radfahrer wichtig, der Umbau daher grundsätzlich zu begrüßen.
Richtig ist aber auch, daß die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit elementar für die Verkehrssicherheit ist. Nach meinen Beobachtungen handelt es sich bei den rücksichtslosen Rüpeln um eine Minderheit, der durch anfangs dichte, später fallweise Überwachung und Ahndung beizukommen wäre. Zudem sollte es möglich sein, den Umbau so zu vollziehen, daß langsames - und ausreichend weit von der Hausfront entferntes - Radeln auch ohne unnötige Schikanen erzwungen wird.
Die Straßenverkehrs-Ordnung geht - zugegeben, vielfach wirklichkeitsfremd - von der Selbstverantwortung der Verkehrsteilnehmer aus. Doch während dies im Autoverkehr tatsächlich umgesetzt wird, viele notwendige Beschränkungen deshalb nicht eigens angeordnet werden (dürfen), weil ihre Beachtung aus der Örtlichkeit heraus zu erkennen sein soll, wird gegenüber dem Fahrrad ständig nach zusätzlichen Reglementierungen und Verboten gerufen.
Man vergleiche doch bitte die Zahl der Toten und Schwerverletzten, die auf das Konto rücksichtsloser bzw. unachtsamer Kraftfahrer gehen, mit der von Radlern verursachten. Das soll mitnichten ein Freibrief für rücksichtsloses Radfahren sein (Gott, bewahre!), aber die Relationen zurechtrücken.
Es wird also Schilder aufgestellt "Achtung Radfahrer". Da frage ich mich, warum man die Fußgänger vor den anscheinend vielen rücksichtslos den Kaulberg runter bretternden Fahrradraser warnt und nicht stattdessen den Radfahrern das Gebot der Schrittgeschwindigkeit auferlegt, wie man das normalerweise mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern auch macht. Da kann ich die Bedenken von Herrn Scherbaum und Frau Wenker-Zillig schon verstehen, die an dieser Stelle doch die besten Erfahrungen mitbringen und deren Worte leider kein Gehör finden. Irgendwie läuft das in Bamberg nun vehement aus dem Ruder.