Ihr Rezept ab 50: Lachen statt Liften

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Mit grenzenlosem Optimismus auf Achse: Annette Grabiger alias Annette von Bamberg Foto: Jan Stehli
Mit grenzenlosem Optimismus auf Achse: Annette Grabiger alias Annette von Bamberg Foto: Jan Stehli

"Es gibt ein Leben über 50 - jedenfalls für Frauen", heißt das neue Kabarettprogramm von Annette von Bamberg. Ein Vorabinterview und Video.

Falten, schlaffe Haut, Altersflecken? Kein Grund zum Wehklagen: "Es gibt ein Leben über 50 - jedenfalls für Frauen", klärt uns Annette von Bamberg als Kabarettistin auf, die sich mit ihrem neuen Programm auf den Kleinkunstbühnen zurückmeldet. Mit unerschütterlichem Optimismus propagiert sie beim weiblichen Publikum die Vorteile der zweiten Lebenshälfte, während Männer eher ihr Fett abbekommen. Wir stellten Annette von Bamberg zur Rede.



Frauen ab 50: Warum wählten Sie ausgerechnet diese Thematik, die in unserer Ellenbogengesellschaft normalerweise eher Betroffenheit als Heiterkeit auslöst?
Annette von Bamberg: Ich habe einfach kein Talent zum Trauerkloß. Mein Hang zur Melancholie ist auffällig unterentwickelt. Ich habe Sorge, dass ich im Alter verhaltensauffällig werde.Oder heißt es verhaltensoriginell? Egal, mein Denken endet eher mit Schmunzeln und nicht mit Weltkrise. Kabarett ist ja als Wort von Cabaret abgeleitet, das eine drehbare Platte mit fächerförmig angeordneten Schüsseln meint. So ist für mich auch das Leben im Alter, es breitet sich fächerförmig vor dir aus, du kennst dich in vielen Gebieten aus und in manchen Dingen eben überhaupt nicht: Meine Kinder würden dann sagen: Mama, schweig, sonst wird es peinlich.



Krise beim 30. Geburtstag

Dann haben Sie sicher auch alle runden Geburtstage locker genommen - 30, 40 50, oder?
Krise geschoben habe ich tatsächlich an meinem 30. Geburtstag. Damals habe ich schon gewußt, so richtig knackig jung bist du doch nur zwischen 15,5 und 16. Danach bist du praktisch schon im Zwischenalter und zwar für immer. Ich werde einfach alt, weder gern noch ungern.

Im Trend liegen Botox-Behandlungen und OPs, um schon bei 30-Jährigen das Altern aufzuhalten. Wie gehen Sie mit dem körperlichen Verfall um?

Gegen den körperlichen Verfall laufe ich durch die Gegend. Ich spaziere total gerne durch Bamberg - auch nachts. Und wenn ihr mich trefft: Habt kein Mitleid mit mir, wenn ich alleine unterwegs bin. Ich denke nach und komme auf die aberwitzigsten Ideen. Z. B. spaziere ich am Dom vorbei und denke über das 60 qm große Wohnzimmer des Herrn Erzbischofs nach. Hat er manchmal Besuch: den Frauenbund, den Kirchenchor, die Zeugen Jehovas? Nächtigen darin Obdachlose? Oder ist das Wohnzimmer des Bischofs toter Raum mit totem Winkel? Ich lache auch gern. Lachen ist ebenfalls ein natürliches Lifting und damit wirksam gegen die Schwerkraft.



Keine glattgestrafften Gesichtspopos

Reizt es Sie als Kabarettistin denn gar nicht knifflige gesellschaftliche Themen wie den Jugendwahn aufs Korn zu nehmen?
Den Jugendwahn braucht man nicht mehr aufs Korn zu nehmen, den hat unsere Gesellschaft schon auf die Spitze getrieben. Und trotzdem reizt die Vorstellung, wie ein alter Mann seiner jungen Freundin hinterher hetzt. Nein, Botox, SchönheitsOPs, Orangenhaut - das interessiert mich einfach nicht. Drum kommen diese Worte in meinem Programm nicht vor. Das war mir auch als erstes eingefallen, aber für ein Kabarettprogramm zu banal. Ich seh' bei mir auch keine Orangenhaut - und wenn, würd' ich die ignorieren. Genauso Falten. Ich liebe alte Menschen, die eine Lebenslandkarte im Gesicht tragen und nicht diese glattgestrafften Gesichtspopos.

"Frauen altern, Männer reifen" ist ein beliebter Macho-Spruch. Wie sehen Sie das Endergebnis des Reifungsprozesses beim "starken" Geschlecht?
Ich denke Männer und Frauen altern gleichberechtigt, es kommt nur auf die Betrachtungsweise an: Frauen haben graue Haare und müssen diese tönen. Männern gehen die Haare aus nach dem Motto: Ist die Glatze schon von Dauer, hörst du jeden Regenschauer. - Wissen Sie, warum Rentner so gern Schafskopf spielen? Weil sie dafür ihre labbrige Jogginghose net ausziehen müssen. Meinten Sie das mit reifen Männern? Da kann ich nur sagen, lieber stilvoll altern als geschmacklos reifen.

Damit meinen Sie aber sicher nicht Ihren Mann, Mäc Härder?
Ich sag's mal so, wenn einer von uns damals so ausgesehen hätte, wie heute - wir hätten uns nicht ausgewählt. Also ich damals mit 21 hätte den 56-Jährigen in die Wüste geschickt. Mein Mann würde jetzt wieder sagen: "Ein weiterer Beweis: Für den Diplomatendienst bist du nicht geboren." Zum Glück habe ich einen lustigen Mann. Ich selber bin privat eher zurückhaltend, introvertiert, ja direkt schüchtern. Deshalb gehe ich gern auf die Bühne, um mich mit offenem Visier in jedes Fettnäpfchen zu stürzen.

Die Männerwelt tritt bei Frauen ab 50 gern mit Komplimenten wie "Sie sehen noch gut aus für Ihr Alter" ins Fettnäpfchen. Wie reagiert eine Annette von Bamberg darauf?
Ehrlich, so was sagt keiner zu mir. Entweder bin ich immer noch spätentwickelt hinten dran, oder die lügen mich alle an. Oft sagen die Leute zu mir: Annette von Bamberg, ich verehre Sie ob Ihrer inneren Werte.
Haben die ja auch recht. Innen ist bei mir so was von viel los.

Wie alt fühlen Sie sich mittlerweile? Wie alt geben Sie sich - und wie alt sind Sie?
Nach dem Essen lecke ich gern meinen Teller ab. Also da bin ich wohl drei. - Ich kann wütend wie ein Tiger sein, da bin ich dann wahlweise zwei oder 13 Jahre. Wenn ich die Premiere am 26. Februar geschafft habe, werde ich feiern wie eine 30-Jährige. Und wenn ich über das Leben philosophiere fühle ich mich altersentsprechend - also 50. Nach einer Stunde Joggen oder etwa 1000 Meter Schwimmen, fühle ich mich wie 80 - und in der Schule beim Elternabend scheintot.

Ums wahre Alter haben Sie sich jetzt aber gedrückt. - In Ihrem Programm empfehlen Sie Frauen ab 50, sich loszusagen vom Pflichtprogramm des Müssens, "das uns die Welt gerne aufdrückt". Welche Freiheiten genießen Sie?
Es ist die Freiheit, meine Ideen umzusetzen - die Freiheit, Gedanken auszusprechen. Ich stelle alle Fragen, die ich habe, mit der Selbstverständlichkeit, die jeder Frage gebührt. Ich stelle mich manchmal einfach dumm, damit ich sehe, wie viel Fassung mein Gegenüber für Dumme aufbringt. Und ich liebe es immer noch, spontan zu sein.

Spontan inwiefern?
Ich "schubber" im Winter über die Eisschicht eines Sees, auch wenn mich die Feuerwehr von Memmelsdorf rausholen muss. Ich liebe es, bei einer Radtour mit meinem Fahrrad den Wiesenhügel zum Sportplatz mit Indianergeheul runterzufahren und mich unter dem Rasensprenger des Fußballfeldes abzukühlen. Wenn aus einer Kneipe laute Musik spielt, dann tanze ich auf der Straße. Darf ich das noch dürfen oder muss ich's schon müssen? Du möchtest etwas tun und du verbietest es dir selbst - ich glaube, wenn's mal so weit bei mir ist, dann bin ich alt.

Na, damit sollten Sie noch warten. Viel Glück für die Premiere!



Termine und Tickets

"Annette von Bambergs" neues Kabarettprogramm " Es gibt ein Leben über 50 - jedenfalls für Frauen" feiert am Freitag, 26. Februar, im Jazzkeller (Obere Sandstraße 18) ab 20 Uhr Premiere. Zu sehen ist das Programm auch im Club Kaulberg (Unterer Kaulberg 36 ) am 19. März ab 20 Uhr.

Tickets sind beim bvd im Vorverkauf erhältlich