"Ich habe Pubertät" - Freundlich geht auch manchmal

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Tasse bleibt leer - sonst gibt es wieder zu viel Forderungen. Foto: mb
Tasse bleibt leer - sonst gibt es wieder zu viel Forderungen. Foto: mb

Michael und Nicola Busch - Unser Redakteur, Vater einer 13-jährigen Tochter, schreibt seine Erfahrungen in einer wöchentlichen Kolumne auf.

Nach jeder neuen Kolumne bekommen Nicola und ich Leserreaktionen. Und immer wieder taucht die Frage auf: "Ist es echt so schlimm?" Grundsätzlich beantworten Nicola und ich das sehr verschieden. Während mir ein spontanes "Ja" auf den Lippen liegt, reagiert meine 13-jährige Tochter eher mit dem Hinweis: "Papa ist schon ganz in Ordnung, wenn er nicht gerade pubertiert."


Wenn Freunde zu Besuch sind ...

Gut, Ansichtssache, um es kurz zu machen. Doch noch viel interessanter wird es, wenn Freunde und/oder Bekannte zu mir nach Hause kommen, die ebenfalls unsere Serie verfolgen. Noch bevor Nicola auftaucht, wird schnell angesagt, dass man sehr gespannt sei, wie Nicola so sei. Wie zickig, wie pubertär, wie schwierig. Ich erklärte auch am vergangenen Wochenende vier Freunden lapidar, dass sie sicher schnell erkennen, wie schwierig die pubertäre Situation für alle Beteiligten ist. Wir sitzen zusammen auf der Terrasse, als Nicola tatsächlich von der Neugier getrieben, wer so alles in "ihrem" Haus ist, auftaucht. Und dann passiert das für mich Unfassbare. "Guten Tag zusammen!" Eine verdächtige Freundlichkeit.
"Es ist schön, dass Sie meinen Papa besuchen." Ich bin sprachlos. "Darf ich Ihnen einen Kaffee oder einen Café au lait machen?" Mein erster Gedanke war, dass dies das Ende der Pubertät sein könnte. Ich weiß um den Streit, der aufkommt, wenn ich nur ein Glas zum Abendbrot haben will und Nicola losschicke, weil sie beim Tischdecken so gar nicht mitgeholfen hatte. Hier bereitete sie den Kaffee alleine vor und bediente auch noch meine Freunde, die mich wiederum traktierten: "Deine Tochter ist aber total nett." Erweitert mit dem Hinweis, dass meine Kolumne offensichtlich übertrieben sei.
Völlig unglaubwürdig wurde ich in dem Moment, als sie mir völlig unschuldig zum Abschluss auf eine sehr charmante Weise entgegenschleuderte: "Papa, du trinkst deinen Kaffee wie immer schwarz - oder?" Ich habe von Nicola in den letzten sechs Monaten keinen Kaffee serviert bekommen. Selbst als ich Krücken hatte, wegen einer Meniskusoperation, musste ich mir den Kaffee zentimeterweise zu meinem Platz schieben.
Meine Leute wiederum waren begeistert. "Michael, du übertreibst!", war noch die harmlosere Variante, die mir entgegengeschleudert wurde. Sollte Nicola die Pubertät so schnell, wie sie gekommen ist, auch wieder abgegeben haben?
Mein Besuch verließ das Haus und Nicola grinste und winkte hinterher. Der Letzte war kaum um die Ecke gebogen, da kam die entscheidende Ansage. "Ich war ja jetzt echt nett. Darf ich bei Sophia schlafen?" Aha, mir wurde alles klar. "Kannst du mich auch fahren?" So, so. "Und morgen wieder abholen?" Vollendet wurde die unschuldige Frage mit: "Ich helfe dir echt nie wieder!"
Das Wort Erpressung ist kein schönes Wort. Ist vielleicht auch nicht der passende Begriff. Mir fiel nur eines ein, als ich die Erlaubnis zur Übernachtung gab: Scheiß Pubertät!

Und was sagt Nicola?
Ich habe verstanden. Im Grunde ist das ganz einfach. Ein wenig helfen und dann knallhart die Forderungen stellen. Ich denke, das ist Erpressung, aber war ja für einen guten Zweck.