Herz, Schmerz und das kleine Saxophon

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Denis Wittberg und die Schellacksolisten entführten die Zuhörer in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts. Foto: Elisabeth Görner
Denis Wittberg und die Schellacksolisten entführten die Zuhörer in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts. Foto: Elisabeth Görner
 
 
 
 
 
 

Denis Wittberg und die Schellacksolisten versetzten das Publikum in Eggolsheim in die 20-er und 30-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Man kennt die Comedian Harmonists und natürlich Max Raabe, aber Denis Wittberg und seine Schellacksolisten, die das Eggolsheimer Publikum und viele Gäste von außerhalb offenbar geradezu beglückten, brauchen einen Vergleich nicht zu scheuen! Die Bearbeitung und Darbietung der Musik der 20-er und 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts bis zu den 70-er und 80-er Jahren - letztere aber auch "auf alt getrimm" - ließ die Zuhörer immer wieder auf ihren Stühlen wippen oder sich wiegen; Lachen Applaus nach jedem einzelnen Beitrag zu dem Konzertprogramm mit dem Titel "Kleines Fräulein, einen Augenblick!"
bestätigten die musikalische Qualität.

Steif-ernst und überkorrekt

In gelb-goldenes Licht getaucht, kam die gesamte Gruppe in den Blick - die Männer in Schwarz-Weiß, die einzige Frau zunächst in leuchtendem Rot - was den durchaus auch erotischen Touch der
Schlager unterstützte. Clara Holzapfel spielte die Violine, während J.W. Gerlach, J.Mühlhaus, Chr. Diederich, J.Hunstein, D.Reiter, N.Porth, Chr. Seeger und A.Gärtner jeweils auf dem Flügel und mit dem Kontrabass, dem Schlagzeug, mit der Gitarre, der Trompete und der Posaune sowie mit dem Alt- und Tenorsaxophon den immer wieder verblüffenden Sänger Denis Willberg begleiteten. Den hat der Plattenschrank seiner Großmutter, schon als kleines Kind , begeistert, sodass er auf diese Art von Musik gekommen ist - und sich auch mit ihrer typischen steif-ernsten Darbietung samt der schon fast überkorrekten Aussprache identifizierte.

Es war faszinierend, wie Willberg auch kleinste Wege auf der Bühne gravitätisch schreitend zurücklegte und dann vor dem altertümlich aussehenden Mikrophon mit ernstester Miene sang: "Ich bring Dich um die Ecke - zum Autobus!" Jedes von ihm gesungene "Herz" und vor allem der entsprechende "Schmerz" müssten eigentlich mit (mindestens) drei "r" geschrieben werden, und das Publikum amüsierte sich köstlich.

Hohe Töne und Kastagnetten

Der Umfang seiner Stimme von den tieferen Lagen bis zu den für einen Mann schon ungewöhnlich hohen ist enorm, was besonders bei den Schlusstönen auffiel, etwa bei "Hab keine Angst vor dem ersten Kuss!" von Robert Stolz. "Du Du Dudl Du Du" und "Der Onkel Bumba aus Columba" über "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?!" bis zu "Schöne Isabella von Kastilien" (mit Kastagnetten-Solo) gehörten natürlich zum Programm, aber auch so bös-ironische Lieder wie "Ich fahr´mit meiner Klara in die Sahara" - ein Vorschlag, wie sich ein Mann seiner Frau entledigen kann, ohne gerichtlich belangt zu werden.

Wirklich romantisch mutete dagegen an der "Schöne Gigolo", bei dem Wittberg sogar mit Clara Holzapfel tanzte, die "Salome", aber auch - schon allein von der Sprache! - das "... wenn es tropft, wenn es klopft auf ein Regendach" aus dem Lied "Unter einem Regenschirm am Abend".

Wie sehr das gesamte Orchester zum Musikgenuss beitrug, merkte man besonders beim Schlussbeitrag des ersten Teils "Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche", gegen Ende des Konzerts bei "Mr. Sandman" und schließlich - nach stehenden Ovationen - bei der zweiten Zugabe, als es hieß: "Schlafen geht das kleine Saxophon" Da hörte man - von den Instrumenten imitiert: Hund, Katze, einen Zug, Husten und - einen Knall, der das Publikum tatsächlich erschreckte. Dann sah man die Spieler "einschlafen" und schließlich begaben sich nach dem "kleinen Saxophon" auch alle anderen Instrumentalisten einer nach dem anderen von der Bühne.