Ein Paar streitet sich heftig, zwei Männer wollen der Frau zu Hilfe eilen und gehen auf den Lebensgefährten los. Doch sie schlagen etwas zu heftig zu.
Es hat wohl ziemlich heftig ausgehen: Mason P. (Name geändert) gerät zwischen Hauptwachstraße und Zentralem Omnibusbahnhof (ZOB) mit seiner Freundin in Streit. Es ist vier Uhr morgens an diesem 29. August 2015, als das Geschrei immer lauter wird. Die Freundin weint, Mason P. packt sie an den Händen. "Eine Situation, die bedrohlich wirken kann", stellt Rechtsanwältin Mareen Basler fest.
Ihr Mandant, Andrej N., und dessen Kumpel, Michail K. (Namen geändert) sind gerade auf dem Nachhauseweg, als sie das Paar bemerken. Sie fragen nach, ob alles in Ordnung ist, die Freundin von Mason P. sagt "ja". Doch als die Frau den Inhalt ihrer Handtasche aufsammelt, offenbar im Streit über den halben ZOB verteilt, gehen die Angeklagten zum Angriff auf Mason P. über. "Möglicherweise haben sie aufgrund ihrer Alkoholisierung gedacht, sie müssten erzieherisch tätig werden", merkte die Richterin an.
Überhaupt hatten alle an diesem frühen Augustmorgen Alkohol im Blut. Mason P. kann sich kaum noch an die Tat erinnern, zum Teil wegen des Alkohols, zum Teil wegen der Schläge: Die beiden Täter, so sieht es das Amtsgericht Bamberg als erwiesen an, schlugen ihrem Opfer mit den Fäusten gegen den Kopf. Auch, als der Mann in der Defensive war und schließlich am Boden lag, ging der Übergriff weiter.
Mason P. selbst hatte zugegeben, dass auch er möglicherweise einen Faustschlag ausgeteilt habe, um sich zu wehren. Am Ende ging er mit gebrochenem und ausgekugeltem Unterkiefer nach Hause. Der junge Mann musste zwei Mal operiert werden, konnte nach eigener Aussage zwei Monate nur Flüssignahrung zu sich nehmen, etwas Griesbrei und vielleicht mal ganz weiches Weißbrot.
Doch noch etwas anderes ist neu für ihn: die Angst. "Ich gehe abends nicht mehr aus, kann mich dabei einfach nicht mehr entspannen", sagte das Opfer vor Gericht. "Ich bin ständig in Alarmbereitschaft."
"Mut an falscher Stelle bewiesen"
Allerdings: Thomas Gärtner, Anwalt von Michail K., merkte an: "Der Geschädigte hat eine erhebliche Mitverantwortung. Denn er hat die Ursache gesetzt." Gleichwohl räumte Gärtner ein, dass die beiden Täter sich wohl "mit ehrenwerten Motiven" in den Streit eingemischt hätten, "aber so richtig überlegt haben sie nicht. Sie haben Mut an der falschen Stelle bewiesen."
Gärtner führt dies nicht zuletzt auf den teilweise erheblichen Alkoholkonsum zurück. Er und seine Verteidiger-Kollegin Mareen Basler forderten für ihre beiden Mandanten Freispruch.
Doch Richterin Nadine Schiffers entschied anders: Sie folgte Staatsanwalt Arno Ponnath und verurteilte Michail K. und Andrej N. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Die Richterin hat keinen Zweifel daran, "dass die Angeklagten gemeinschaftlich angegriffen und zugeschlagen haben". Die beiden hätten der Frau zur Seite springen wollen, "doch es gab nichts zu helfen. Das Paar wollte das untereinander klären."
Die zwei Angreifer müssen nun eine Bewährungszeit von drei Jahren überstehen und gemeinnützige Arbeit leisten. Michail K. hat zudem 300 Euro innerhalb eines halben Jahres an das Projekt "Lifeline" zu zahlen, danach 50 Euro monatlich an das Opfer, die ganze Bewährungszeit lang.
Dieses Geld wird angerechnet auf die Schmerzensgeldsumme, die die beiden Täter gemeinsam zahlen sollen: Es sind insgesamt 3800 Euro. Allerdings dürfte bei Andrej N. nicht viel zu holen sein. Er hat keine Krankenversicherung und bekommt keine Sozialleistungen, hat dafür aber 10 000 Euro Schulden.
Da er nicht mehr bei seiner Mutter wohnen könne, werde er sich an die Obdachlosenhilfe "Menschen in Not" wenden. Dort, so deutete Richterin Schiffers an, werde man ihm vermutlich beim Ausfüllen eines Hartz-IV-Antrages helfen können, damit er nicht auf der Straße sitzt.
Bei seinem Mittäter ist es finanziell auch eng, deswegen die Staffelung von 50 Euro pro Monat. Hinzukommen werden für beide noch die Kosten des Verfahrens. Zu rechnen ist mit 2000 bis 3000 Euro.