Weil das richtige Papier nicht lieferbar war, ist das neue katholische Gebet- und Gesangbuch erst jetzt im Erzbistum Bamberg erhältlich. In der Diözese Würzburg wurde es bereits über 150.000 Mal verkauft.
Es lag am Thinopaque. So heißt das seidige Papier für das neue katholische Gebet- und Gesangbuch, das zu Weihnachten 2013 in ganz Deutschland, Österreich und Südtirol in einer Auflage von über 3,5 Millionen Exemplaren auf den Markt kommen sollte. Nur: Die 3000 Tonnen waren nicht auf einmal beizubringen. "Und das Ersatzpapier taugte nichts. Es war so durchsichtig, dass die Rückseite voll mit durchschlug", erklärt Richard Alt vom Bamberger St. Heinrichs-Verlag, der das neue "Gotteslob" im Erzbistum vertreibt. Also entschied man sich, lieber zu warten als das Gebetbuch in nicht tragbarer Qualität herauszubringen.
Basisausgabe ist bereits vergriffen Rechtzeitig zu Ostern und zum Weißen Sonntag hat nun endlich auch Bamberg als eine der letzten Diözesen sein neues Gebetbuch mit individuellem Eigenteil bekommen. Doch Richard Alt macht gleich eine Einschränkung: Die zunächst ausgelieferten 10.000 Exemplare der (günstigsten) Basisausgabe sind nach wenigen Tagen bereits vergriffen und erst wieder ab Juni lieferbar. Erhältlich sind derzeit nur die Ausgaben in Kunst- und in Echtleder.
Interessenten haben allerdings Zeit: Noch bis Herbst bleibt das bisherige, 1975 eingeführte Gebetbuch in Gebrauch: "Es war mit 500.000 verkauften Exemplaren ein echter Bestseller", sagt Richard Alt. Auf Wunsch von Erzbischof Ludwig Schick wird das neue "Gotteslob" erst zum Tag des Bistumspatrons Otto am 30. September eingesetzt; dann sind auch die Liedtafeln in den Kirchen entsprechend programmiert, die Priester, Pastoral- und Gemeindereferenten sowie Organisten und Singleiter geschult.
Bestseller in Würzburg Anders in der Diözese Würzburg. Dort wird das neue Gebetbuch bereits seit Advent 2013 genutzt. "Alle Pfarreien haben umgestellt", vermeldet Pressesprecher Bernhard Schlesinger. Die erste Auflage mit 150.000 Exemplaren sei schon ausverkauft.
Wie das bisherige Gebetbuch enthält auch das neue "Gotteslob" einen so genannten Stammteil, der für alle gleich ist, und einen individuellen Eigenteil, für den die Diözesen die Lieder und Texte selbst bestimmen konnten. "Wir haben dazu eine Umfrage in ausgewählten Pfarreien gemacht und eine Kommission gebildet. Liederbücher wurden durchgeschaut und die Listen immer wieder mit dem Stammteil verglichen", schildert Prof. Dr. Peter Wünsche, der Bamberger Diözesanbeauftragte für das neue Gebet- und Gesangbuch.
Bamberg im Dreivierteltakt Im Laufe der Zeit hatten die Lieder in den Regionen eine unterschiedliche Dynamik entwickelt. "So wird das Volkslied Maria Maienkönigin bei uns lieber gesungen als anderswo. Es findet sich also im Eigenteil des Bistums wieder", verdeutlicht Wünsche. Während man in Würzburg dem heiligen Kilian huldigt, besingt man in Bamberg die Patrone Heinrich, Kunigunde und Otto in Liedern von Paul Joseph Metschnabl, Hans und Ursula Kulla, Alois Albrecht und Hugo Scholter.
Und auch das Rhythmusgefühl der Gläubigen unterscheidet sich offenbar, wie Diözesanmusikdirektor Markus Willinger weiß: "Lied Nummer 892 - O himmlische Frau Königin - singen wir in D-Dur und im Dreivierteltakt, während es in Würzburg in F-Dur und im Viervierteltakt angestimmt wird."
Das Lieblingslied von Günther Jauch Knapp die Hälfte der 500 Lieder entfallen auf den Diözesanteil, während im Stammteil die allseits beliebten Hymnen zu finden sind. Zur Einführung des neuen "Gotteslobs" haben Prominente bereits ihre liebsten Kirchenlieder verraten. Fernsehmoderator Günther Jauch zum Beispiel mag "Ein Haus voll Glorie schauet", weil es ihn an seine Zeit als Ministrant erinnert: "Es vermittelt Kraft und Zuversicht und ermunterte den Organisten unserer Pfarrei, immer besonders dynamisch in die Tasten zu greifen."
Janus Fröhlich, Schlagzeuger und Sänger der Kölner Band "Höhner", bekommt Gänsehaut bei "Adeste Fideles", Handball-Nationalspieler Holger Glandorf verbindet "O du fröhliche" mit den schönen Weihnachtsfesten seiner Kindheit. Dem Unternehmer Klaus Hipp liegt das "Salve Regina" am Herzen, der Benediktinermönch und Bestsellerautor Anselm Grün aus Münsterschwarzach lässt sich inspirieren von "Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein", während Ministerpräsident Horst Seehofer bei "Großer Gott, wir loben dich" den starken Text ebenso wie die schöne Melodie schätzt.
Die Sache mit dem Copyright "Aber noch schwieriger als die Liedauswahl war das Einholen der Rechte bei Komponisten und Textern beziehungsweise deren Erben", sagt der Bamberger Diözesanbeauftragte Peter Wünsche. Denn das Copyright erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors. "Wir haben monatelang geforscht und korrespondiert", ergänzt Willinger, der mit den Regionalkantoren zum Eigenteil des Erzbistums ein Notenbuch für die 600 bis 700 Organisten erstellt hat. Auch dafür war das Einverständnis der Komponisten nötig.
Warum freilich einige der Lieder im Stammteil einen Halb- beziehungsweise Ganzton tiefer intoniert sind, kann Peter Wünsche nur vermuten: "Die Menschen werden länger, die Kehlköpfe größer und die Stimmen tiefer."
Infos zum neuen "Gotteslob" Das neue "Gotteslob" hat 1248 Seiten (bisher 1152) und wiegt 600 Gramm. Es ist mit seinen Maßen von 11,2 mal 17,0 Zentimetern größer als das bisherige Gebetbuch; die alten Schutzhüllen passen also nicht.
Die Basisausgabe hat einen blauen Vinyl-Einband und kostet 19,90 Euro (sie ist derzeit im Erzbistum Bamberg vergriffen und erst wieder ab Juni lieferbar; Vorbestellungen sind möglich). Ferner gibt es noch eine Kunstlederausgabe mit Goldschnitt (26,90 Euro) sowie eine schwarze Lederausgabe (34,90 Euro). Ab Mitte Juli soll die Großdruckausgabe (25,90 Euro) lieferbar sein.
Die nur in den Gotteshäusern ausliegenden Gebetbücher unterscheiden sich deutlich von den frei verkäuflichen Exemplaren: Sie sind grau, mit einem entsprechenden Aufdruck versehen und können nur von Kirchenstiftungen erworben werden.
Erhältlich sind die neuen Gesangs- und Gebetbücher in den Geschäftsstellen Bamberg und Coburg des Fränkischen Tags sowie im Buchhandel.
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Es gibt eine ganze Reihe von Liedern im Gotteslob, die mir gut gefallen. Außer vielen schon oben genannten sind es das freudige Loblied "Erfreue dich Himmel, erfreue dich Erde" GL 259 und als "Kontrastprogramm" GL 621 "Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr". Huub Oosterhuis hat hier einen sehr existentiellen Text verfasst, der mir sehr zusagt. Gerne und mit Begeisterung singe ich auch das Adventslied GL 110 "Wachet auf, ruft uns die Stimme".