Immer häufiger kommt es vor, dass die Stadtverwaltung keine Steuernachzahlungen von Unternehmen mehr bekommt, sondern an diese selbst Geld zurückgeben muss.
Als Stadtkämmerer Bertram Felix seinen Zwischenbericht zum Haushalt 2017 vorträgt, stellt er schnell klar: "Die Haushaltslage ist für dieses Jahr stabil, aber die Aussichten sind nicht euphorisch. Der Puffer ist sehr dünn."
Vor allem ist er erforderlich, offenbar besonders in Hinblick auf die Gewerbesteuereinnahmen. Denn der städtische Schatzmeister berichtet im Finanzsenat von einer Entwicklung, die von der Öffentlichkeit größtenteils unbemerkt vonstatten ging - wohl auch, weil sie die wenigsten betrifft. Doch die Stadt, und damit die Steuergelder der Bamberger, umso mehr.
Laut Felix seien der springende Punkt die Vorauszahlungen, die Gewerbesteuerzahler leisten. In der Vergangenheit war es üblich, dass Unternehmen bei der endgültigen Vorlage der Steuer noch etwas nachzahlen mussten. Allerdings: "Mittlerweile bekommen wir kaum noch Nachzahlungen, sondern
wir zahlen zurück", sagt Felix. Der Clou: Ab dem 15. Monat erhalten Firmen eine Verzinsung von sechs Prozent pro Jahr. Das legt den Verdacht nahe, dass manches Unternehmen die städtischen Rückzahlungen als gut verzinste Geldanlage nutzen könnte.
Der Stadtkämmerer betont jedoch: "Unternehmer sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Hierbei handelt es sich um einen deutschlandweiten Trend." Und der ist möglich, weil es der Gesetzgeber erlaubt. Wie Felix erläutert, gibt es zahlreiche Finanzgerichtsverfahren zur Sechs-Prozent-Regelung. Das Bundesfinanzministerium lehnt derzeit jedoch eine Änderung der gesetzlichen Regelung ab.
Schwierigkeiten auf kommunaler Ebene
Auf kommunaler Ebene kann es allerdings schwierig werden. "Wir haben teilweise Fälle, die bis in die 90er Jahre zurückreichen", sagt Felix. Erst, wenn die Betriebsprüfung über den Steuerbescheid gelaufen sei, werde die endgültige Steuer festgesetzt. Bis das soweit ist, können schon mal ein paar Jahre vergehen. "Von uns wurde für den Veranlagungszeitraum seit 2001 beispielsweise ein Millionenbetrag zurückgefordert. Wir mussten die Steuer nachzahlen sowie die Zinsen" - in Höhe von sechs Prozent, natürlich. Kein Einzelfall: Es sei noch mit Gewerbesteuerminderungen für 2001 und 2002 in Millionenhöhe zu rechnen. Zudem seien die Gewerbesteuerrückzahlungen ab dem Jahr 2003 noch nicht abschätzbar.
Der Kämmerer lieferte in der Sitzung auch gleich ein einfaches Rechenbeispiel mit: Wird die Stadt zu einer Nachzahlung in Höhe von 1 000 000 Euro aufgefordert, kommt es bei einem Prüfungszeitraum von zehn Jahren zu einer zusätzlichen Zinsbelastung von rund 600 000 Euro.
Doch wie kann es sein, dass manches Unternehmen ihre Gewerbesteuer so hoch ansetzen? "Die Stadt kann gar nicht beurteilen, ob die Angabe richtig ist, ob sie zu hoch oder zu gering ist", klärt Bertram Felix auf. Die Daten zu den Vorauszahlungen liegen beim Finanzamt. Dort gibt jede Firma ihre Gewerbesteuervoranmeldung ab.
Die Stadt Bamberg bekommt dann einen "Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag" - eine Zahl. Die Kommune hat bei der Gewerbesteuer nur das Recht, den Steuersatz festzulegen. Nicht jedoch ein informelles Zugriffsrecht auf die Ermittlung des Gewerbeertrags. "Die Fiskalbehörde muss darauf vertrauen, dass Unternehmer realistische Angaben machen", sagt Felix. Er spricht bei den sechs Prozent städtischen Zinsen von einem "Anreizproblem".
Um diesem zumindest ein Stück weit zu begegnen, hat der Finanzsenat für eine Rücklage gestimmt, die jedes Jahr aufs Neue gebildet werden muss. Wie hoch diese Rücklage ist, ist noch unklar.
Kommentar von Redakteur Michael Memmel: Der Gesetzgeber ist gefragt Die Älteren werden sich erinnern: In den 1980er-Jahren musste ein Kreditnehmer noch über 10 Prozent Zinsen berappen; um die Jahrtausendwende waren es noch rund 6 Prozent. Seitdem fiel und fiel und fiel der Wert. Aktuell rangieren die Durchschnittszinsen nahe dem Nullpunkt. Gut für Häusle-Bauer, ganz schlecht für Kapitalanleger.
Im gleichen Zeitraum blieb trotzdem eine Regelung konstant: Zahlt ein Unternehmen zu viel Gewerbesteuer voraus, muss die Kommune zurückzahlen und noch ein halbes Prozent pro Monat oben drauf legen - im Jahr sind das ganze 6 Prozent. Seit 1977 besteht dieser Paragraph 238 der Abgabenordnung. Er muss dringend reformiert werden. Schließlich haben sich die Voraussetzungen um 180 Grad gedreht.
Einst lockten 6 Prozent keinen hinter dem Ofen hervor, doch in der neuen Niedrigzinswelt ist das plötzlich ein verlockendes Angebot. Das kann schon mal einen Firmenchef schwach werden lassen und die Stadtkasse beuteln.
So kann, so darf es nicht weitergehen. Auch die Idee zieht nicht, durch den nun hohen Zinssatz die Behörden zu bewegen, die Steuer zügig zu berechnen. Warum sollte sich der Finanzbeamte beeilen, wenn seine Langsamkeit der von ihm völlig unabhängig arbeitende Kämmerer bezahlen muss? Und noch eine weitere Frage stellt sich: Warum werden Firmen für ihre falsche Steuerschätzung belohnt, obwohl sie selbst am besten auf alle relevanten Daten zugreifen können? Der Fall ist eine Aufgabe für den Gesetzgeber. Mit wenig bis gar keinen Zinsen bei der Rückzahlung gilt es, Unternehmer zu motivieren, ihre Gewerbesteuer genau zu schätzen. Und die Kommunen vor unliebsamen Überraschungen zu bewahren.
Jetzt wählen! SO NICHT!
Ich möchte hier in keinster Weise pro irgendjemand schreiben, aber trotzdem mal mein Halbwissen anbringen.
Es ist ja nun auch so, dass Unternehmen, welche Gewinne erzielen, dazu verpflichtet sind, Gewerbesteuer für das folgende Jahr quartalsweise vorauszuzahlen. Fallen die Gewinne im betreffenden Jahr dann niedriger als im Vorjahr aus, hat das Unternehmen quasi zwangsweise mehr als nötig vorausbezahlt und bekommt dies dann rückerstattet.
Warum sich solche Vorgänge 10 Jahre hinziehen können? Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier und würde solche Artikel kommentieren
Das schlägt dem Fass den Boden aus: Kein Mensch kriegt Zinsen auf Guthaben, aber die Gewerbesteuer-Zahler legen einfach mal was beim Fiskus auf die hohe Kante und bekommen das Überzahlte mit 6 Prozent pro Jahr verzinst zurück. Hier schlummert der Finanztod der Kommunen und das Bundesfinanzministerium sieht keinen Handlungsbedarf. Das ist unfassbar, welche Steuerschlupflöcher es gibt! Schaden über die Finanzpolitiker und -beamte in Bund, Länder und Gemeinden! Geben Sie ihre Jobs auf und zahlen Ihre Bezüge zurück; Sie sind Ihr Geld nicht wert.
Folgende Zahlen aus einem Artikel aus dem Handelsblatt nennen den Grund warum der Staat nichts ändert und die Steuerzahler dagegen vorgehen. In der Regel verdient er gut an den 6% Zins im Jahr.
„Der Staat kassiert in der Niedrigzinsphase weiter kräftig aus Zuschlägen auf Steuernachforderungen. Im vergangenen Jahr 2016 nahm der Fiskus unterm Strich und per Saldo gut 670,51 Millionen Euro Zinsen ein, wie das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Schon in den Jahren 2014 und 2015 lag das Kassenaufkommen bei rund 1,92 Milliarden Euro.
Bei dieser Zahl handelt es sich um den Saldo sowohl der Erstattungs- als auch der Nachzahlungszinsen. Denn sowohl für Steuernachforderungen durch den Fiskus als auch für Erstattungen des Finanzamtes fallen Zinsen von 0,5 Prozent pro Monat an. Vom Finanzamt erhaltene Zinsen sind steuerpflichtig, gezahlte Zinsen dagegen können nicht abgesetzt werden. Wegen dieser Ungleichbehandlung ist nach Darstellung des Bundesverbandes Lohnsteuerhilfevereine auch eine Verfassungsbeschwerde anhängig (Az. 2 BvR 1711/15).“
Gleiches gilt in der Summe der Gewerbesteuer die gezahlt werden muss. Herr Felix hat auch nichts gesagt als er die 6% in den vergangenen Jahren für Nachzahlungen eingesteckt hat.
Doch nun hat ein Bamberger Unternehmen wohl viel investiert und muss nach Abgabe seiner Steuererklärung weniger zahlen als ihm dies im amtlichen Bescheid der Staat Bamberg als Vorauszahlung auferlegt wurde.
Bemerkenswerter Kommentar, frggerla.
Sollte Brose auf Grund der Gesetzeslage zuviel Gewerbesteuer entrichtet haben, so muss das Unternehmen den Überzahlbetrag zuzüglich dem Zinssatz von 6 % natürlich zurück erstattet bekommen.
Ob das jetzt Brose ist, oder Bosch, oder die Bäckerei Fuchs ist, ist doch absolut zweitrangig.
Was schreiben Sie denn, falls Ihre Vermutung für das Unternehmen Brose nicht zutrifft ?
Ich muss feststellen, dass die Hallstadter Kommune sowie die Hallstadter Bürgerschaft sich nicht so ungeschickt verhält wie Sie und Ihre Unterstützer.
Stoschek mag polarisieren, das bestreite ich nicht, aber ein Unmensch ist er glaube ich nicht.
Ich hoffe, der Stadtkämmerer klärt auf, damit Ruhe einkehrt.