Freie Wähler in Bamberg: Kleine Truppe, große Wirkung

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Hohe Lebensqualität für alle Bamberger - dafür wollen sich die Freien Wähler auch im nächsten Stadtrat einsetzen. Auf unserem Bild (v.l.): Dieter Weinsheimer, Herbert Lauer, Ursula Redler und Wolfgang Wußmann. Foto: Ronald Rinklef
Hohe Lebensqualität für alle Bamberger - dafür wollen sich die Freien Wähler auch im nächsten Stadtrat einsetzen. Auf unserem Bild (v.l.): Dieter Weinsheimer, Herbert Lauer, Ursula Redler und Wolfgang Wußmann.   Foto: Ronald Rinklef
 
 
 

Die Freien Wähler sind keine Großmacht im Bamberger Rathaus, beanspruchen aber, viel erreicht zu haben: zum Beispiel 28 neue Stellen im Klinikum. Wir sprachen mit den Spitzenkandidaten Herbert Lauer und Dieter Weinsheimer.

Zwischen den Fronten der Rathauspolitik gehen die Freien Wähler seit Jahren einen eigenständigen Weg - ohne Scheuklappen nach links und nach rechts aufzusetzen. Opposition um der Opposition willen ist ihre Sache nicht. Aber ebenso wenig lassen sie sich von den "Großen" vereinnahmen. Ein Gespräch mit den Spitzenkandidaten Herbert Lauer und Dieter Weinsheimer.

Bei den Freien Wählern gibt es keine "Abtrünnigen", niemand beitreibt ein Ausschlussverfahren gegen ehemalige Mitglieder. Böse formuliert. Warum sollen die Bamberger eine Gruppierung wählen, in der offenbar nichts los ist?
Weinsheimer: Das ist ja gerade eine unserer Stärken. Bei uns gibt es ein harmonisches sachgebundenes Arbeiten, wenn man auch in der Sache bisweilen ringen muss. Aber wir brauchen keine Skandale und keinen Radau zu machen, um die Stadt nach vorne zu bringen.

Auch keine Angst vor einer Zersplitterung der politischen Kräfte und davor, dass die Politik in Bamerg unberechenbar wird?
Weinsheimer: Natürlich nicht. Da müssen sich die Großen, die jetzt vor Weimarer Verhältnissen warnen, erst einmal sich selbst an die Nase fassen und sich fragen, woher die Zersplitterung kommt. Uns geht es allein um die Sache. Wir sind einer vernünftigen, guten Lösung zugetan und springen bisweilen auch mal zu Herrn Tscherner. Was die Berechenbarkeit angeht: Da haben wir eher Probleme mit dem Verhalten von CSU und SPD. Da gibt es kein Vertrauen mehr.


Die "besondere Stärke"


Um seine Politik durchzusetzen, braucht man vor allem Mehrheiten. Wo haben die Freien Wähler der Stadtpolitik zuletzt ihren Stempel aufgedrückt?
Weinsheimer: Unsere besondere Stärke liegt im nicht öffentlichen Bereich. Da hört man gerne auf unsere Fachkompetenz. Ich bin lange im Stadtrat und Herbert Lauer war Oberbürgermeister. Eingesetzt haben wir uns vor allem in der Kinder- und Jugendpolitik. So haben wir jüngst erreicht, dass Jugendsozialarbeit in Grundschulen eingerichtet wird. Wir haben, obwohl wir nicht im Stiftungsrat sind, für das Klinikum erreicht, dass dort 28 Leute zusätzlich eingestellt wurde - durch hartnäckiges zwei Jahre lang dauerndes Bohren. Und wir haben wesentlich dazu beigetragen, dass in der laufenden Wahlperiode mehr Transparenz eingetreten ist. Ohne uns wäre es auch in der Verkehrspolitik anders gelaufen. SPD, CSU, GAL wollten Sperrungen im großen Stil. Wir haben für eine maßvolle Umsetzung plädiert und uns durchgesetzt.

Als kleine Gruppierung muss man es hinnehmen, überstimmt zu werden. Wo sind Sie gescheitert?
Weinsheimer: Auch wenn wir überstimmt wurden, haben wir unsere Ideen häufig indirekt durchgebracht. Zum Beispiel dass beim Bahnausbau in Bamberg nun ein unabhängiges Gutachten eingefordert wird. Die große Niederlage haben wir schon vor der letzten Wahl erlitten, als wir uns mit einem bescheideneren Konzept für das Bambados nicht durchsetzen konnten. Auch beim Neubau an der Sparkasse hätten wir gerne einen andere Planung gehabt, die sich gefälliger einfügt.
Lauer: Wir sind für Stadtreparatur und nicht für Abriss. Einer unserer Erfolge ist zum Beispiel, dass beim Quartier an der Stadtmauer die Häuser an der Hellerstraße nicht mehr komplett abgebrochen werden sollen. Da haben sich viele im Stadtrat von uns überzeugen lassen. Und wir machen uns dafür stark, dass die Einzelhandelsflächen zu Gunsten von Wohnungen reduziert werden. Persönlich freue ich mich, dass es mir gelungen ist, beim Neubau im Grundstück der Stauffenberg-Villa zu erreichen, dass kein supermoderner Neubau entstanden ist, sondern ein sich einfügendes Bauwerk.


Hang zu Prestigebauten?


Es gibt ja Leute, die OB Starke vorhalten, er habe einen Hang zu teueren Prestigebauten. Wie denken Sie darüber?
Lauer: Ich hätte zum Beispiel das Hallenbad überhaupt nicht gebaut, sondern hätte abgewartet, wie sich die finanzielle Situation bei den Stadtwerken entwickelt. Es war gar nicht so dringend, wie immer getan wird. Aber man wollte sich ein Denkmal setzen. Das macht uns jetzt große Probleme. Ebenso war es mit dem Tunnel unter dem Bahnhof. Auch das hat man den Stadtwerken aufgehalst.
Weinsheimer : Das Radhaus in der Brennerstraße ist zwar von der Idee her gut, aber es war alles andere als ausgegoren und fährt jetzt nur Defizite ein. Auch die Sanierung der Volksparkgaststätte ist ein Flop. Und ein Geschenk an einen Verein, das nicht hätte sein müssen. Deshalb habe ich klar dagegen gestimmt.

Der OB betont bei jeder Gelegenheit, dass es Bamberg gut geht, und die Bürger widersprechen nicht.
Weinsheimer : Wir meinen auch, dass es sich in Bamberg gut leben lässt. Das hat zwei wesentliche Gründe, nämlich, dass die Stadt Bamberg immer sehr wohlhabend war und gut geführt wurde.

Und jetzt?
Weinsheimer : Ich sag mal so: Wenn ich als Privatmann 100000 Euro Schulden aufnehme, dann lebe ich eine bestimmte Zeit nicht schlecht. Aber irgendwann müssen die Schulden zurückgezahlt werden.

Die Freien Wähler haben als erste die Verschiebung von Schulden in den Haushalt der städtischen Töchter angeprangert. Doch was spricht eigentlich dagegen, dass sich die Stadtwerke beispielsweise für den Flugplatz engagieren? Der Flugplatz ist eine wichtige Verkehrseinrichtung.
Weinsheimer: Deshalb haben wir auch für alle notwendigen Maßnahmen für die Brose-Ansiedlung gestimmt. Auch für den Flugplatz. In der Diskussion waren wir deshalb kritisch, weil es uns an Transparenz und an alternativen Möglichkeiten gefehlt hat. Im Aufsichtsrat läuft es inzwischen so: Da gibt es eine Meinung, und die Ehrenamtlichen müssen selber sehen, dass sie Alternativen finden. Wir bekommen keinerlei Unterstützung von der Verwaltung, weil das Ziel klar vorgegeben ist.
Lauer: Die Rücklagen, die ich als Oberbürgermeister bis 2006 aufgebaut habe, um als Stadt leistungsfähig zu bleiben, sind vollkommen aufgebraucht. Nach dem Finanzplan werden die Schulden der Stadt Bamberg in den nächsten Jahren um 50 Prozent steigen und dann frage ich mich, wie will man die Belastungen mit der Konversion und mit dem ICE - wie will man das alles finanzieren?


Jahrhundertchance oder Jahrhundertpleite?


Die Konversion wird als Jahrhundertchance gepriesen. Sie könnte aber auch eine Jahrhunderpleite werden, weil die Stadt mit leeren Händen da steht. Wie kann man das Megaprojekt schultern?
Weinsheimer: Wir folgen da der allgemeinen Idee, eine Konversionsgesellschaft zu gründen, die mit der Rückendeckung der Stadt Kredite aufnimmt, das Gelände kauft und erschließt und nacheinander wieder verkauft, so dass wieder ein Geld eingespielt wird. Letzten Endes könnte es ein Nullsummenspiel werden.

Glauben Sie das wirklich? Auf dem Kasernengelände schlummern möglicherweise Altlasten. Es gibt großen Anpassungsbedarf bei der Infrastruktur. Im Raum stehen Verkehrswertschätzungen von einer Milliarde Euro, und zu guter letzt drohen hohe Unterhaltlasten.
Weinsheimer: Es kann nicht anders gehen. Wir können ja nicht nur Teile erschließen und das andere liegen lassen und mal sehen, was draus wird. Wir müssen mit den so genannten Filetstücken den Rest mitfinanzieren. Und auch der Staat muss einsichtig sein, dass er uns einen vernünftigen Preis anbietet.
Lauer: Auf jeden Fall muss das Entwicklungsrisiko überschaubar bleiben. Der Bund muss sich darauf einlassen, dass er erst einmal eine kleine Anzahlung bekommt und, dass die Stadt je nach Entwicklungsfortschritt weiter bezahlt oder sogar vom Bund was zurückverlangt, wenn man das Zeug nicht los wird.


Thema Wohnungsmangel


In der Stadt hat sich der Wohnungsmangel zum ernsten Problem entwickelt. Alle reden über günstige Wohnungen. Doch man hat nicht den Eindruck, dass sich viel tut. Warum haben die Familien so eine schwache Lobby?
Weinsheimer: Vielleicht, weil wir beim letzten Mal so schlecht gewählt worden sind. Wir zumindest verstehen uns als Familienlobby. Lebensqualität und Lebensbedingungen sind uns wichtig. Wir wollen, dass alle gut leben können in Bamberg. Gegen die Wohnungsnot haben wir beispielsweise beantragt, dass Grundstücke günstiger an Baugesellschaften abgegeben werden und als Gegenleistung dafür ein Anteil von 20 Prozent als Sozialwohnung vermietet wird. Der Antrag ist leider am Widerstand der Verwaltung und des Stadtrats gescheitert.

Der Steuerzahler muss 450000 Euro für die Planungskosten der Jugendherberge bezahlen, obwohl für die Sanierung gar kein Geld da ist. Wer hat da versagt?
Weinsheimer : Das waren ganz klar OB Andreas Starke und die Verwaltung. Man hat versucht, die Kosten mit Gewalt hochzujubeln, damit das Projekt scheitert. Wir halten dieses Vorgehen für unverantwortlich, es ist aber so gemacht worden.









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