Frauenhäuser in Franken und die Wahrheit über Flüchtlingsfrauen

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Gerd Altmann / pixabay
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Asylbewerber stehen seit der Silvesternacht unter Generalverdacht - besonders, wenn es um Gewalt gegen Frauen geht. Das Gerücht geht um, die Frauenhäuser in Franken seien wegen misshandelter Flüchtlingsfrauen total überfüllt.

Es stimmt, dass viele Frauen, die vor gewalttätigen Männern ins Frauenhaus flüchten, ausländische Wurzeln haben. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gelten der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge als Menschen mit Migrationshintergrund. "Von den Frauen, die vergangenes Jahr bei uns waren, hat die Hälfte einen Migrationshintergrund", sagt die Geschäftsführerin des Nürnberger Frauenhauses, Gabi Penzkofer-Röhrl.
Der Grund dafür ist allerdings nicht, wie von Asylgegnern behauptet wird, dass Männer aus anderen Kulturen ihre Frauen häufiger misshandeln als deutsche Männer. Die Frauenhäuser nennen andere Gründe, warum Migrantinnen kommen.


Die Frau aus dem Katalog

Da sind zum Beispiel die "Katalogfrauen", die von deutschen Männern aus Thailand, Lateinamerika oder der ehemaligen Sowjetunion "zum Zwecke der Eheschließung eingeführt werden". Ursula Weidig, Leiterin des Frauenhauses Bamberg hatte das "schon x-Mal: Die Frauen lernen Deutsch, sie lernen ihre Rechte kennen." Dann gehorchen sie nicht mehr bedingungslos. "Gewalt ist in solchen Ehen häufig. Und kurz bevor die Aufenthaltsgenehmigung der Frau unbefristet wird, schmeißen die Männer sie raus und holen sich eine neue." Ein Schicksal, das häufig ins Frauenhaus führt.
Ein anderes Problem, das vor allem Frauen mit zeitlich befristeter Aufenthaltsgenehmigung betrifft, ist Zwangsprostitution - vor allem in Nürnberg immer wieder Thema.


Häusliche Gewalt - leider überall ein Thema

Aber der wahrscheinlich häufigste Grund für die Flucht ins Frauenhaus ist häusliche Gewalt. Sie trifft Deutsche genau wie Frauen mit Migrationshintergrund - nur dass die den Absprung seltener alleine schaffen. Häufig fehlt ihnen ein soziales Netzwerk aus Familie, Freunden und Kollegen, die helfen.
Gar kein soziales Netzwerk haben Asylbewerberinnen. Dennoch kam vergangenes Jahr nur gut eine Handvoll in die Frauenhäuser in Nürnberg, Bamberg und Coburg. Es stimmt, dass die Häuser zeitweise so überbelegt sind, dass Frauen weggeschickt werden. Aber mit den Asylbewerbern hat das nichts zu tun. "Die sind monatelang, teilweise jahrelang auf der Flucht. Wenn sie hier ankommen, bleiben sie normalerweise zusammen", sagt Ria Wirsching-Höfner vom Frauenhaus Coburg. "Die Familie ist ja das einzige, was sie haben."


Traumatisiert von der Flucht

Wirsching-Höfner ist empört darüber, dass ein Zusammenhang zwischen kultureller Herkunft und Gewalt gegen Frauen konstruiert wird. "Bei Gewalt geht es um Macht. Das Problem gibt es überall - und in jeder Schicht." Sie erzählt von einer deutschen Frau mit einem deutschen Mann, sehr angesehene, wohlhabende Leute aus einer gehobenen Wohngegend. "Wenn er nach Hause kam, hat er erst mal die Rollos runtergelassen. Er hat seine Frau im Keller an einem Regal festgekettet. Ich habe schon so viele Frauen von deutschen Männern in so erbärmlichem Zustand gesehen!"
Der Unterschied bei den wenigen Asylbewerberinnen, die ins Frauenhaus kommen, ist Wirsching-Höfner zufolge, dass diese Frauen "unheimlich" traumatisiert sind. "Sie haben sexuelle Gewalt nicht nur von den Ehemännern erlebt. Durch die Fluchtgeschichte und die Unterbringung, die in Ländern wie Bulgarien oder Rumänien oft Gefängnissen gleicht, haben diese Frauen Dinge erlebt, die zu hören man als Mitteleuropäerin kaum erträgt", sagt die Sozialpädagogin, die seit 20 Jahren im Frauenhaus arbeitet.


Hintertürchen für Täter

Für die Frauenhäuser ist es nicht einfach, sich auf Asylbewerberinnen einzustellen. Ursula Weidig vom Frauenhaus Bamberg erklärt, dass zuerst die Kostenübernahme durch Sozialamt oder Ausländerbehörde geklärt werden muss. "Und die Mitarbeiterinnen sind nicht dafür ausgebildet, Flüchtlingsberatung zu machen. " Außerdem geht es oft um einen kurzen Zeitraum: Wird der Ehemann in eine andere Unterkunft gebracht, kann die Frau zurück in die Flüchtlingsunterkunft."
Gabi Penzkofer-Röhrl vom Nürnberger Frauenhaus ist wichtig, "dass nun endlich begonnen wird, Forderungen umzusetzen, die Fachöffentlichkeit und Frauenbewegung seit Jahren stellen." Zu lange sie beispielsweise ein Hintertürchen für Täter gewesen, dass sie behaupten konnten, sie hätten den Widerstand des Opfers gar nicht bemerkt, die Frau habe sich nicht richtig gewehrt. "Da soll jetzt nachgebessert werden. Aber es hat den blöden Beigeschmack einer hektischen Aktivität, die nur dazu dienen soll, die Leute zu beruhigen." Sie findet gut, wenn die Not der Gewaltopfer Ernst genommen wird. "Aber es ärgert mich, dass die Übergriffe in der Silvesternacht genutzt werden, um Stimmung gegen Migranten und Asylbewerber zu machen!"