Ein Orden mit Draht zum Menschen

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Provinzleiterin Schwester Martina Schmidt begrüßt Gäste an der Pforte, auf der "Friede und alles Gute" geschrieben steht. Foto: Erzbistum Bamberg/Hendrik Steffens
Provinzleiterin Schwester Martina Schmidt begrüßt Gäste an der Pforte, auf der "Friede und alles Gute" geschrieben steht. Foto: Erzbistum Bamberg/Hendrik Steffens
Schwester Pernela Schirmer (Mitte) im Gespräch mit Schwester Martina Schmidt (l.) und Schwester Maria Uttenreuther. Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
Schwester Pernela Schirmer (Mitte) im Gespräch mit Schwester Martina Schmidt (l.) und Schwester Maria Uttenreuther.  Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
 
Das Taukreuz ist ein verbreitetes Symbol der Franziskanerinnen. Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
Das Taukreuz ist ein verbreitetes Symbol der Franziskanerinnen.  Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
 
In der Kapelle des Montanahauses beten die Ordensfrauen täglich gemeinsam. Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
In der Kapelle des Montanahauses beten die Ordensfrauen täglich gemeinsam.  Foto: Erzbistum Bamberg/H. Steffens
 

Die Dillinger Franziskanerinnen der Bamberger Provinz feiern am Wochenende das 775-jährige Bestehen ihres von Offenheit geprägten Ordens.

Die Tür zum Montanahaus in Bamberg ist mit einer Baumkrone verziert, die das Taukreuz der franziskanischen Bewegung zum Stamm hat. Schriftlich wird der Besucher in Latein und zwölf weiteren Sprachen willkommen geheißen: "Friede und alles Gute". Mit der Tür eröffnet sich ein Blick hinter Klostermauern.

Wer denkt, die Dillinger Franziskanerinnen leben abgeschottet, der irrt. Das Montanahaus, ihr Zentrum in der Provinz Bamberg, ist nicht nur geistlicher Ort, sondern auch ein Gäste- und Bildungshaus. "Kloster im Sinne von Claustrum, was verschlossener Ort bedeutet, ist es nicht. Wir sind ein offenes Haus", betont Provinzleiterin Schwester Martina Schmidt. Natürlich gebe es Klausurbereiche für Momente der Stille und des Gebets. Aber ansonsten sei das Haus mit seinen Angeboten darauf ausgelegt, dass die Schwestern mit anderen Menschen ins Gespräch kommen.
Bei Fortbildungen, Wochenend-Seminaren, Exerzitientagen oder Kursen zum meditativen Tanz sind Gäste mit und ohne Ordenshintergrund herzlich willkommen.

Ebenso bei den Feierlichkeiten zum 775-jährigen Bestehen des Ordens der Dillinger Franziskanerinnen am Wochenende: Am Samstag, 8. Oktober, ab 18.30 Uhr wird bei einer "Klosternacht" im Montanahaus auf die Ordensgeschichte geblickt, gebastelt, gesungen und getanzt. Auch spirituelle und gesellschaftspolitische Themen stehen auf dem Programm. Eingeladen sind Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Am Sonntag um 10 Uhr beginnt mit einem Festgottesdienst in St. Urban die Feier zum 775-jährigen Ordensjubiläum. Hauptzelebrant ist Erzbischof Ludwig Schick. Um 14.30 Uhr findet in St. Urban eine konzertante Lesung statt. Martin Neubauer rezitiert Texte zu Franz von Assisi; Markus Uttenreuther spielt Musik auf der Marimba.

"Der unmittelbare Draht zu den Menschen ist etwas typisch Franziskanisches", sagt Schwester Martina Schmidt. Die Provinzleiterin hat lange als Gymnasiallehrerin für Deutsch und Religion gearbeitet. "Wir Schwestern führen alle ein Gebetsleben, in dem wir den Draht zu Gott pflegen, und ein Arbeitsleben, in dem wir bei den Menschen sind." Jedes Wirken sei zugleich pastoraler Dienst im Alltag, sagt Schwester Martina Schmidt.
Außerdem diene es der persönlichen Entwicklung der Schwestern. Die Dillinger Franziskanerinnen arbeiten weltweit in Kindertagesstätten, Schulen, Kinderheimen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, in der Kranken- und Altenpflege, in der Jugendarbeit oder in der Pastoral.

Die Offenheit nach Außen sichert nicht automatisch den Erhalt des Ordens. Im Januar 2000 zählte die Kongregation weltweit 1066 Schwestern und 16 Novizinnen. Aktuell gehören ihr etwa 680 Frauen an. Generell entscheiden sich immer weniger Menschen für den Eintritt in einen Orden.

Vor mehr als 50 Jahren, als Provinzvikarin Schwester Pernela Schirmer Franziskanerin wurde, war das noch anders. "Ich weiß auch nicht, wie ich heutzutage als junge Frau mein Leben gestalten würde", sagt Schwester Pernela. Die gesellschaftliche Situation der Frau habe sich gewandelt. Die Möglichkeiten seien zahlreicher und viele Frauen wünschten sich nicht nur eine Familie, sondern auch eine erfolgreiche Karriere. Im Kloster gelten andere Prioritäten. "Trotzdem habe ich in meinem Leben immer wieder bewusst die Entscheidung für das Leben in dieser Gemeinschaft getroffen", sagt Schwester Pernela.


"Nicht auf die Jammerschiene"

Dass weniger Frauen in Orden eintreten, ist Fakt. Aber kein Grund zur Resignation, meint Provinzleiterin Schwester Martina Schmidt. "Wir dürfen uns nicht auf die Jammerschiene begeben, sondern müssen uns fragen, welche Bedürfnisse heute junge Menschen haben, die ein religiöses Leben in Gemeinschaft führen wollen." Ein Patentrezept gebe es nicht. Aber Franziskanerinnen, fügt die Provinzleiterin an, hätten immer schon auf die Erfordernisse der jeweiligen Zeit reagiert.

Wie im Jahr 1774, als der Augsburger Fürstbischof die Schwestern aufforderte, Schulunterricht zu geben. Bis dahin lebten die Ordensfrauen kontemplativ in ihrem Mutterhaus in Dillingen an der Donau, verrichteten Krankenbesuche und halfen den Armen mit Almosen. Der Auftrag des Bischofs an die Schwestern wurde der Überlieferung nach erst nur widerwillig erfüllt. "Letztendlich war das Ja zur Schule aber ein Segen", sagt Schwester Martina Schmidt.


Die Ordensprovinz

Der Orden der Dillinger Franziskanerinnen wurde im Jahr 1241 in Dillingen an der Donau gegründet. 1973 wurde die Bamberger Provinz errichtet, die sich neben Bamberg über fünf weitere Diözesen erstreckt und in der 124 Schwestern leben.