Eifersucht artete aus - Prozess wegen Gewalt in Bamberger Obdachlosenunterkunft

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Wegen einer Frau kam es zwischen dem Angeklagten und einem Mitbewohner zum Streit Foto: Adobe/Stock/Archiv
Wegen einer Frau kam es zwischen dem Angeklagten und einem Mitbewohner zum Streit  Foto: Adobe/Stock/Archiv

Ein 68-jähriger Mann aus dem Landkreis Bamberg muss sich wegen versuchten Totschlag und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten.

Ein Eifersuchtsdrama in der städtischen Obdachlosen-Unterkunft beschäftigt derzeit das Landgericht Bamberg. Hier muss sich ein 68-jähriger Mann aus dem Landkreis Bamberg, nennen wir ihn Erwin, wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der Bewohner soll seinen Zimmernachbarn Mitte November vergangenen Jahres niedergeschlagen, sich auf ihn gekniet und gewürgt haben. Wie er zum Auftakt aussagte: aus Notwehr.

Fast vier Jahre leben die beiden Obdachlosen friedlich Bett an Bett in der städtischen Unterkunft. "Sie waren ein Herz und eine Seele," so der zuständige Sozialpädagoge. Als sein Kumpel Benno in die Theresienstraße 2 kam, wohnte Erwin schon einige Zeit dort.

Die Unterkunft kostet ihn nur 75 Euro monatlich. Was seine Rente von knapp 600 Euro nicht wesentlich schmälert. Hier hat er seinen Hafen gefunden, nachdem er sich viele Jahre mit Gelegenheitsjobs beim Hoch- und Tiefbau, beim Straßen-, ja sogar beim Schiffsbau über Wasser gehalten hat.

Bis in den hohen Norden nach Lübeck, Kiel und Bremen hatte es den gelernten Bauschlosser verschlagen. Seinen Beruf allerdings konnte er bald schon nicht mehr ausüben - wegen einer Allergie. Es folgten zwei Scheidungen und die Arbeitslosigkeit, die schon seit über einem Jahrzehnt anhält. Weder zu seiner ersten Frau, noch zu den beiden Töchtern und schon gar nicht zu den fünf Enkelkindern hat er Kontakt.

Zum Streit in der "Männerwirtschaft" kam es Mitte November wegen einer Frau. Die wohnte nebenan im Frauentrakt der Unterkunft und kam immer wieder zu Benno und Erwin ins Zimmer. Auch außerhalb der Besuchszeiten, was ihr ein Hausverbot einbrachte.

"Freundschaftsküsschen"

Während Benno sich Hoffnungen machte, wollte Erwin von einem Techtelmechtel nichts wissen. "Einem Kumpel nimmt man die Freundin nicht weg. Soviel Anstand habe ich." Offenbar hatte Benno eine Szene, bei der seine Freundin mit Erwin herumgeschäkert hatte, in den falschen Hals bekommen.

"Es war ein Freundschaftsküsschen, mehr nicht." Inzwischen hat die Angebetete übrigens beide Männer hinter sich gelassen. Ob sie ohne eine feste Wohnanschrift überhaupt als Zeugin ausfindig gemacht und geladen werden kann, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Jedenfalls sei es dann, so schilderte es Erwin dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt, um kurz vor 2 Uhr nachts zu einem Angriff Bennos auf Erwin gekommen. "Ich habe mich nur gewehrt." Es könne schon sein, dass er ihm einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, ihn gepackt und am Hals gewürgt hätte. Genaueres wisse er nicht mehr. Was angesichts der rund drei Promille durchaus glaubhaft erscheint. Allerdings habe er von sich aus aufgehört, seinem von rund zwei Promille gehandicapten Zimmergenossen die Hände um den Hals zu legen.

Von Drohungen wie "Ich bringe Dich um!" könne keine Rede sein. Wenn schon, dann habe er "Ich derschlag' Dich!" gesagt. Umbringen habe er ihn aber dennoch nicht wollen, erklärte sein Pflichtverteidiger Andreas Dräger aus Strullendorf. Im Gegenteil: Bei der Auseinandersetzung sei sein Mandant mit einer Rippenprellung und Blutergüssen selbst verletzt worden. "Ich wollte nur, dass er Ruhe gibt."

Ein wichtiger Punkt im Prozess wird die Alkoholsucht des Angeklagten Erwin sein. Er selbst sieht keine Probleme. "Ich komme auch ohne Alkohol aus." Dabei trinkt er nach eigenen Angaben täglich viele Gläser Apfelsaft mit Korn, bis eine halbe oder dreiviertel Flasche des hochprozentigen Gesöffs verschwunden ist. "Ob und zu a weng a Schnäpsla nei." Seine Leberwerte haben derweil seinen gesetzlichen Betreuer und die Ärzte alarmiert. Doch von einer Therapie hält Erwin nichts. Obwohl sich durch schwere Gedächtnisstörungen ein Korsakow-Syndrom ankündigt, das bei chronischen Alkoholikern nicht selten anzutreffen ist.

Fortsetzung am 8. Juni

Am 8. Juni wird das Verfahren fortgesetzt. Dann wird Benno als Zeuge gehört werden, um zu entscheiden, ob Erwin tatsächlich lange Zeit hinter Gitter muss. Oder ob der psychiatrische Sachverständige Dr. Christoph Mattern aus Bayreuth empfiehlt, ihn wegen seiner Trunksucht in eine Entziehungsanstalt einzuweisen.

Es könnte aber auch sein, dass Erwin Dank eines fahrlässigen Vollrausches mit einer Bewährungsstrafe davonkommt. Schließlich ist er ein Leben lang nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten, Bennos Verletzungen, Kratzer und Rötungen, sind nicht besonders schlimm, und ein halbes Jahr befindet sich Erwin schon in der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Bamberg.