Düstere Stimmung bei den Bauern

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Eher Düstere Mienen bei den Bauern: BBV-Direktor Wilhelm Böhmer, Landesbäuerin Anneliese Göller, BBV-Kreisobmann Heinrich Faatz, BBV-Kreisgeschäftsführer Werner Nützel (von links) mit Königsfelds Bürgermeisterin Gisela Hofmann (Mitte) Foto: Werner Baier
Eher Düstere Mienen bei den Bauern: BBV-Direktor Wilhelm Böhmer, Landesbäuerin Anneliese Göller, BBV-Kreisobmann Heinrich Faatz, BBV-Kreisgeschäftsführer Werner Nützel (von links) mit Königsfelds Bürgermeisterin Gisela Hofmann (Mitte) Foto: Werner Baier
Foto: Werner Baier
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Extra für den Jurabauerntag besonders schön gestaltet: die PfarrkircheFoto: Werner Baier
Extra für den Jurabauerntag besonders schön gestaltet: die PfarrkircheFoto: Werner Baier
 

Über dem Jurabauerntag in Königsfeld lagen im Schleuppnersaal dunkle Wolken trotz herrlichsten Sonnenscheins draußen. Der Grund: Die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger.

Bei strahlendem Wetter wurde gestern der Jurabauerntag gefeiert, gewissermaßen auf dem Dach des Landkreises Bamberg. Die Stimmung war dennoch getrübt, denn über den Bauern haben sich gerade in diesem Jahr so viele dunkle Wolken zusammengebraut, dass dem Berufsstand nach Feiern kaum zumute ist.

Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Heinrich Faatz, erkannte denn auch nur einen Lichtblick: Der Borkenkäfer breite sich aus, berichtete er. "Schlagt Holz, solange noch gute Preise zu erzielen sind!" riet er den Waldbauern. Das ist sicher keine schlechte Idee, wenn gerade Schweden in Rumänien Brennholz kauft.

Doch schon daraus wird ein Teil des Problems unserer Bauern sichtbar: Sie müssen sich in einem globalen Wettbewerb behaupten - bei hohen Gestehungskosten, nicht immer günstigen klimatischen Bedingungen und eingeschnürt von einer hochkomplizierten Regulierung aller Produktionsschritte.
Ob in China ein Sack Reis umfällt, das ist dem Bauern auf dem Jura oder im Steigerwald ob des weltweiten Lebensmittelmarktes schon nicht mehr egal.

Nicht allein der BBV-Kreisobmann beklagte bei der Veranstaltung im Schleuppner-Saal die stürzenden Preise, die die Erzeuger für ihre landwirtschaftlichen Produkte erzielen. Im vorausgegangenen Erntedankgottesdienst in der von Mesnerin Christiana Kraus liebevoll geschmückten Pfarrkirche St. Jakobus wies Pfarrer Michael Herrmann auf die Bedeutung der gerechten Verteilung des Reichtums hin.

Faatz richtete seinen Zorn gegen die Handelsriesen in Deutschland, weil sie die Marktsituation zum Nachteil der Bauern gewissenlos ausnützten. Wegen Russlands Blockade der Lebensexporte, der schwächelnden Konjunktur in China und bis zu 25 Prozent Ernteverlusten in verschiedenen Regionen komme die Landwirtschaft in ernste Schwierigkeiten. Der BBV-Kreisobmann bat die Bevölkerung um Verständnis für die Belange seines Berufsstandes. Am Wetter könne man nichts machen, aber was von Menschen gesteuert wird, sollte sich auch menschlich regeln lassen, appellierte Faatz in Richtung Politik.

Die Bürgermeisterin von Königsfeld, Gisela Hofmann, schlug einen Bogen zwischen der 7000 Jahre alten Tradition der Landwirtschaft in ihrer Gemeinde zu den Widrigkeiten, mit denen die Erzeuger heute zu kämpfen haben. Weltpolitische Ereignisse hätten Auswirkungen auf den einzelnen Landwirt. Gisela Hofmann äußerte den Wunsch, dass sich die Großen am Lebensmittelmarkt nicht so verhalten wie Schachspieler: Die opferten als erstes die Bauern. An die Verbraucher richtete die Bürgermeisterin die Bitte, qualitätsbewusst, regional und saisonal einzukaufen.

BBV-Direktor Dr. Wilhelm Böhmer pflügte sich im Festvortrag durch das gewissermaßen dornenreiche Feld der Landwirtschaftspolitik auf Bundes- und EU-Ebene. Auch wenn die Getreideernte in Bayern mit 7,4 Millionen Tonnen über dem langjährigen Mittel gelegen habe, seien aufgrund der Trockenheit und Hitze zum Beispiel beim Mais und im Futterbau bis zu 30 Prozent Verluste eingetreten. Noch vor 30 Jahren hätte dies zu steigenden Erzeugerpreisen geführt. Doch heute müsse der Bauer Mindererlöse bei der Milch, beim Raps oder in der Ferkelproduktion hinnehmen.

Getrübt sei die Stimmung unter den Landwirten allerdings auch wegen der Unwägbarkeiten in der Politik, zum Beispiel im Pflanzenschutz, Düngemittelverordnung oder Tierhaltung. So habe der vormalige Umweltminister Peter Altmaier vor wenigen Jahren Bestandsschutz zugesichert; aber nun verschicke seine Nachfolgerin Barbara Hendricks den Entwurf einer neuen Anlagenverordnung, ohne ihn vorher mit der Landwirtschaft abzustimmen. Da bleibt der Landwirtschaft nur die Hoffnung, dass alle zugesagte Förderung auch gewährt wird. Gleichzeitig wünscht der Bauernverband ein Moratorium zur Vermeidung weiterer Auflagen.

An die Politik richtet der BBV-Funktionär die Bitte, gegen die Marktmacht der Handvoll Discounter vorzugehen, die sich auch noch zu zwei Einkaufsgemeinschaften zusammengeschlossen hätten. Vor diesem Hintergrund habe der Bauernverband kein Verständnis für die geplante Fusion von Edeka und Tengelmann. Das Problem schilderte Böhmer anhand folgender Zahlen: Vor 50 Jahren seien von der Bevölkerung 44 Prozent des Einkommens für die Ernährung ausgegeben worden und davon seien 70 Prozent beim Bauern angekommen. Heute benötige der Verbraucher zehn Prozent seines Einkommens für Nahrung, aber dem Bauern blieben davon nur 20 Prozent. Kein Wunder, wenn die Landwirtschaft davon träumt, zu den in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts üblichen und damals akzeptierten Garantiepreisen zurückzukehren.

Der technische Fortschritt, höhere Preise für Düngemittel, Einschränkungen beim Pflanzenschutz oder die wachsende Weltbevölkerung bei schrumpfenden Anbauflächen stellten die heutige Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Hinzu kommen Aufgaben in der Energiegewinnung, das Verlangen nach hoher Produktqualität und Erhalt der Kulturlandschaft.

Bei alledem bemerkt Dr. Böhmer eine wachsende Distanz zwischen der Bevölkerung und der Landwirtschaft. Man müsse den Mitbürgern mehr als bisher erklären, wie Landwirtschaft funktioniert. Dazu bedürfe es glaubwürdiger Multiplikatoren von den Landfrauen bis zum Erzbischof. Wenn aber Agrarpolitik im Konsens mit den radikalen Natur- und Tierschützern betrieben werde, verschwinde die Landwirtschaft, warnte der BBV-Funktionär.

Erheblichen Klärungsbedarf sieht Dr. Böhmer auch in der Energiewirtschaft, zum Beispiel beim Ausgleich der Interessen von Landwirten, die von der Erdverkabelung der Stromleitungen betroffen sind. In Frage stehe des weiteren die Zukunft der Stromgewinnung aus Biogas. Ebenso spannend sind für die Bauern die Regelung der Erbschaftssteuer. Und regional richtet sich der Blick auf das Schicksal des Hohen buchenen Waldes im Steigerwald: Dass 750 Hektar Wald am Stück unter Schutz gestellt werden können, beunruhigt die Waldbauern. Denn: "Es gibt viele Baustellen im Natur- und Umweltschutz," sagte Dr. Böhmer. Umfragen zufolge gefalle es 97 Prozent der Bewohner des Freistaates in Bayern. "Nicht trotz, sondern wegen der Bauern", tröstete der BBV-Direktor seine nach Hunderten zählenden Zuhörer.

Im Schlusswort wollte auch die Landesbäuerin Anneliese Göller die Politik nicht aus der Pflicht entlassen, den bäuerlichen Betrieben die Zukunft zu sichern. Nichts sei selbstverständlich auf dem Land, gab sie zu bedenken. Bauern lebten Werte, bewahrten Wissen und Können und bewiesen Herz und Charakter. "Unsere Landwirtschaft ist voll von Werten", betonte die Landesbäuerin, und sei deshalb wertvoll.