Schwunghafter Drogenhandel und sexueller Missbrauch von Patientinnen: Ein 71-jähriger Therapeut wird in einem Verfahren am Landgericht Bamberg schwer belastet. An den Drogendeals sollen auch die Ex-Frau und der gemeinsame Sohn beteiligt gewesen sein.
Ein Therapeut muss sich nicht nur mit seiner Ex-Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn als Bande wegen Drogenhandels im großen Stil vor dem Landgericht Bamberg verantworten. Der 71-Jährige soll in zwei Fällen auch Patientinnen sexuell missbraucht haben. Einer psychisch kranken jungen Frau aus Sonneberg und einem 15-jährigen Mädchen aus Bamberg soll er den Beischlaf als therapeutische Maßnahme verschrieben haben. Andere Patienten behandelte er mit Haschisch und Marihuana.
Damit geht es vor dem Landgericht abermals um ein Vertrauensverhältnis gegenüber Patientinnen, das ausgenutzt wurde: Drei Jahre ist es inzwischen her, dass der ehemalige Chefarzt Heinz W. unter anderem wegen schwerer Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Patientinnen verurteilt wurde. Die Taten, die in dem Mammut-Prozess mit 71 Verhandlungstagen ans Licht der Öffentlichkeit kamen, hatten für schockierte Reaktionen über Bamberg hinaus gesorgt. In den Jahren 2008 bis 2014 nutzte der Mediziner, der weiter in Haft sitzt, am Klinikum das Vertrauensverhältnis zu einigen seiner Patientinnen aus, sedierte die Frauen und vollzog sexuelle Handlungen an ihnen.
Der Fall, der nun, drei Jahre nach diesem heftigen Prozess, vor der Großen Strafkammer verhandelt wird, ist anders gelagert: Weniger Frauen sind betroffen und die Patientinnen, die der Psychologe zum Geschlechtsverkehr bringen wollte und in wenigstens einem Fall auch gebracht hat, waren bei Bewusstsein und willigten in den Sex ein. Dennoch dreht es sich auch um die Ausnutzung einer Machtposition.
"Flotter Dreier" und Sexspielzeug
Zum einen geht es um einen Vorfall im Herbst 2018, als sich ein 15-jähriges Mädchen aus Bamberg ohne Wissen ihrer Eltern in die "Behandlung" des Therapeuten begab, wie die Staatsanwältin Ursula Redler vortrug. Der Angeklagte schlug angeblich einen "flotten Dreier" mit einer 19-jährigen Unbekannten vor und brachte auch Sexspielzeug ins Gespräch. Angeblich diene das "Forschungszwecken". Als das Mädchen nur in ein "Experiment" mit der jungen Frau einwilligte, forderte er "zur Vorbereitung", ihm per WhatsApp Nacktbilder von sich zuzusenden, bei denen er gewisse Einblicke erhielt. Weitere Fotos aber lehnte das Mädchen ab. Schließlich suchte sie sich einen anderen Therapeuten.
Zum anderen soll der 71-Jährige bereits vor vier Jahren eine damals 22-jährige Frau in Sonneberg dazu gebracht haben, sich ihm oral und vaginal hinzugeben. Insgesamt dreimal traf man sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den Praxisräumen. Dabei habe die manisch-depressive Patientin auf "die heilende Wirkung vertraut", die ihr der Angeklagte versprochen hätte.
Zweifel an beruflicher Qualifikation
Dabei ist gar nicht klar, ob der Psychotherapeut überhaupt praktizieren durfte. In einem parallelen Prozess vor dem Amtsgericht Bamberg wurden von einem Kriminalbeamten aus Bayreuth Zweifel an der beruflichen Qualifikation geäußert. So soll der 71-jährige Angeklagte in den Vereinigten Staaten Psychologie studiert haben. Doch wurde die entsprechende Urkunde, die aus den 70er-Jahren stammen soll, mit einem Drucker erstellt, der erst in den 80ern auf den Markt gekommen ist. Die Kripo ermittelt derzeit noch wegen Urkundenfälschung und Titelmissbrauchs.
Das strafrechtlich deutlich größere Problem dürfte aber der schwunghafte Drogenhandel sein, den die Familie zwischen November 2016 und Februar 2019 aufgezogen haben soll. Der 29-jährige Sohnemann kümmerte sich nach Aktenlage um die Beschaffung des Rauschgiftes aus Duisburg und Frankfurt am Main. Die Übergabe der Marihuana- und Haschisch-Beutel fand dann auf Parkplätzen von Schnellrestaurants in Bamberg statt.