Der Spion in deinem Wohnzimmer

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Foto: Caroline Seidel/dpa
Foto: Caroline Seidel/dpa

Das Landesamt für Datenschutzaufsicht untersucht internetfähige Fernseher. Es wird Monate dauern, bis die Tests abgeschlossen sind. Doch schon jetzt steht fest: Die Geräte spähen ihre Nutzer aus.

Der Nutzer guckt in die Röhre. Welche Sendungen er im Fernsehen schaut, wann und wie lange - das weiß nicht nur er allein. Sondern auch sein Fernseher. Denn der ist intelligent. "Smart TV" heißen die neuen, internetfähigen Geräte, die bereits in jedem vierten Haushalt in Deutschland stehen. Sie können beispielsweise auf Youtube-Videos oder andere Apps im Internet zugreifen. Sie erfreuen den Nutzer mit zusätzlichen Diensten, mit Angeboten, die speziell auf ihn zugeschnitten sind.

Schließlich weiß so ein kluges Fernsehgerät genau, was seinen Zuschauer interessiert. Und es behält sein Wissen nicht für sich, sondern gibt es beispielsweise an Fernsehsendeanstalten weiter, wie das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht herausgefunden hat.

Informationen fließen, sobald die Glotze an ist

Welche rechtlichen Konsequenzen das hat, kann die Datenschutzaufsicht noch nicht beurteilen. "Wir haben gerade erst angefangen", sagt Hans Sachs, IT-Referent der Ansbacher Behörde. Seit zwei Wochen laufen die Labor-Untersuchungen. Sie werden noch etwa ein Vierteljahr dauern. Die Datenschützer müssen für jeden Fernsehsender in Bayern einzeln prüfen, ob er sich an die gesetzlichen Regelungen hält.

Außerdem gibt es Unterschiede bei den verschiedenen Geräteherstellern. Der südkoreanische Konzern LG Electronics räumte bereits ein, dass seine Smart-TVs in Großbritannien Informationen über die Nutzer an einen Server nach Südkorea geschickt haben. Sachs weiß aber, dass auch andere Geräte Daten sammeln. "Wir haben einen Samsung-Fernseher, der schon Daten überträgt, wenn ich das Gerät nur einschalte und sonst gar nichts mache." Allerdings würden nur Bilder und Grafiken aus dem Ibnternet geladen. "Zwar braucht man dafür eine IP-Adresse", sagt der IT-Experte, erklärt aber auch gleich, dass er das allein noch nicht besonders kritisch findet.

Eine IP-Adresse ist so etwas ähnliches wie die Postanschrift auf einem Päckchen oder Brief: Sie verrät noch nichts über den Inhalt, sondern sorgt lediglich dafür, dass Datenpakete beim richtigen Empfänger ankommen. "So funktioniert das Internet nun einmal. Dass die IP-Adresse gleich an 25 Server übertragen wird, das hätten wir aber nicht erwartet." Personenbezogene Daten, also beispielsweise wie jemand heißt, werden hier nicht übertragen. "Zunächst einmal erscheint das nicht sehr kritisch. Aber man muss es beobachten!"

Fernseher füttert Google mit Daten

Heikler wird es beim genannten HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband Television), das Fernsehen mit dem Internet verbindet. "Der Fernsehsender strahlt ein Programm aus und übermittelt dabei auch eine Internetadresse", erklärt Sachs. So kann der Smart-TV zusätzliche Dienste anbieten: ein Gewinnspiel, Hintergrundinformationen zum Fußballspiel oder passend zur Kochsendung den Onlineshop, in dem's den gerade gerühmten Wein gibt. "Wenn jemand an so etwas Interesse hat, kann es ja auch wirklich Spaß machen, so etwas zu nutzen."

In der Praxis leuchtet bei den meisten Geräten ein roter Knopf ("Red Button") am unteren Bildschirmrand auf, wenn der Sender zusätzliche Dienste zum Programm anbietet. Wird der angeklickt, werden zusätzliche Informationen über das Bild geblendet. Technisch kommen die Daten im Prinzip genau wie beim Computer über einen Internetbrowser zum Nutzer - nur dass der Browser in diesem Fall nicht als solcher erkennbar ist. Der IT-Experte sagt, es gebe viele Zweifel, ob die IT-Sicherheit der Fernsehgeräte ausreichend ist.

"Wenn es nur darum geht, Bilder oder Grafiken abzuwickeln, sehe ich das auch hier eher unkritisch. Teils werden auch Geräteinformationen weitergegeben und Daten über das Nutzungsverhalten: was derjenige so schaut und wann er umschaltet." Außerdem haben die Datenschützer festgestellt, dass Informationen an Google übertragen werden. "Dabei wird mit übertragen, welche Sendung ich anschaue. Das Programm Google Analytics, das manche Fernsehsender einsetzen, ermöglicht dem Sender statistische Auswertungen."

Welcher Sender wie viele Daten abgreift und inwiefern das den Datenschutz verletzt, will der Experte noch nicht sagen. Dafür wurden noch nicht genug Daten ausgewertet. Tendenziell bestehe der Eindruck, dass die bisher geprüften öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gute Datenschutzinformationen bieten. Standardnutzer wurden eher nicht "getrackt", sondern nur wenn der Nutzer es aktiv anschaltet, werden statistische Daten übertragen. Die bisher untersuchten privaten Sender hatten Datenschut zerklärungen, aber keine Möglichkeit, zu widersprechen. "Aber wir können erst Genaues sagen, wenn wir alle untersucht haben."

Lauschangriff auf der Couch

Mit solchen Daten lassen sich Zuschauerprofile erstellen, aus denen die Sender werberelevante Informationen ziehen können. Doch eine personenbezogene Datensammlung, die festhält, was jemand schaut und wann, kann viel über denjenigen aussagen. "Ganz schwierig kann es werden, wenn es Sicherheitslücken gibt, wo auf die Kamera zugegriffen wird." Es gab bereits Experimente, in denen Hacker bewiesen haben, dass es Außenstehenden möglich ist, die Webcam eines Smart-TV zu übernehmen - und damit direkt ins Wohnzimmer des Nutzers zu schauen. Mit dem eingebauten Mikrofon ließen sich die Gespräche im Raum belauschen.

Dazu braucht der Hacker allerdings Zugang ins lokale Netzwerk. Und das ist unabhängig vom Fernseher. "Ein Hacker kann versuchen, das Passwort zu knacken, mit dem das WLan gesichert ist. Bei einem 20-stelligen Passwort ist das Netzwerk praktisch sehr gut gegen Angriffe eines normalen Hackers gesichert." Und die NSA kommt sowieso überall rein.