Pubertät einer Generation, die mit sozialen Netzwerken im Internet aufwächst - Eltern haben oft keine Vorstellung vom digitalen Erwachsenwerden, sind schockiert, wenn sie mitbekommen, was heute alles in sozialen Netzwerken stattfindet: Nicht unbedingt der erste Sex, aber ein Teil der ersten sexuellen Erfahrungen - vier Beispiele aus dem letzten Monat, vier Fälle, die in verschiedenen Gegenden Frankens Aufsehen erregten.
Parkplatzsex vor Handyfilmern Vor einer Disco im Landkreis Bayreuth hat ein Pärchen Sex auf einer Motorhaube, außen herum Zuschauer. Sie kommentieren, viele filmen mit ihren Handys. Die junge Frau ist 16 Jahre alt. Später, als die Videos bereits tausendfach im Internet angeklickt worden sind, erzählt sie dem "Nordbayerischen Kurier", sie sei mit K.o.-Tropfen willenlos gemacht, sei vergewaltigt worden.
Sie kündigt an, Strafanzeige zu erstatten - tut es aber nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt von selbst: Weder die Videos noch die Zeugenaussagen sprechen für die Version des Mädchens. "Sie selbst hat keine Angaben gemacht", erklärt der Bayreuther Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel. Auch nicht, als die Polizei bei ihr war. "Untersuchungen ließ sie nicht zu. Sie hat auch keinen Strafantrag gegen diejenigen gestellt, die diese Videos aufgenommen haben." Das hätte sie tun können, denn ihre Persönlichkeitsrechte, das Recht am eigenen Bild, wurden eindeutig verletzt. Aber was hätte das gebracht? Wenige Stunden nach dem Vorfall war das Video von den Handyfilmern in die sozialen Medien gestellt, geteilt und verbreitet worden. Kommentatoren brandmarkten die Discogängerin als "Schlampe".
Erpresser verlangt anzügliche Fotos Auf dem Weg zur Schule, im Bus von Großostheim nach Aschaffenburg, vergisst eine Jugendliche ihr iPhone. Ein Unbekannter mit falschem Profil schreibt sie auf Facebook an. Er verlangt anzügliche Bilder von ihr, wenn sie das Handy zurück will. "Er hat dann - offenbar um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen - noch ein sexistisches Foto auf dem Account der Schülerin gepostet", sagt Polizeisprecher Michael Zimmer vom Polizeipräsidium Unterfranken.
Das Mädchen machte alles richtig: Sie schickte keine Bilder, was in solchen Fällen oft eine Kette weiterer Erpressungen nach sich zieht. Sie reagierte gar nicht auf den Erpresser, sondern sprach mit ihren Eltern. "Dann wurde bei der Kripo Anzeige erstattet." Für die Ermittler steht der Verdacht der Erpressung, der Unterschlagung des Handys und der Straftatbestand der Beleidigung im Raum. Bei Erpressung sieht der Gesetzgeber neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. "Auch für den Inhalt einer elektronischen Nachricht, die mal ganz rasch per Mausklick verschickt ist, bleibt der Absender voll verantwortlich."
Die Polizei ermittelt in diesem Fall weiter (Hinweise an 06021/857-1732).
Mädchen filmen nackten Mitschüler Wieder geht es um ein schlüpfriges Video, wieder stehen Minderjährige vor und hinter der Kamera - in diesem Fall wur de allerdings Anzeige erstattet: In Unterfranken lockte eine Schülerin einen Klassenkameraden mit anzüglichen Versprechungen zu sich nach Hause, brachte ihn dazu, sich auszuziehen und nackt aufs Bett zu legen.
Die Kamera ihres Handys war die ganze Zeit auf den Klassenkameraden gerichtet. Außerdem hatte sich ein anderes Mädchen im Schrank versteckt und filmte zusätzlich mit einer Videokamera. Die Schülerinnen stellten den Jungen im Internet bloß, ver breiteten das Video über soziale Netzwerke. Anfang November musste sich ein Jugendrichter des Amtsgerichts Würzburg mit dem Fall beschäftigen: "Verletzung höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" nennen das Juristen.
Weil die Angeklagten minderjährig sind, gibt das Gericht keine weitere Auskunft, Medienberichten zufolge müssen die Mädchen unter anderem Sozialstunden leisten, das Verfahren wurde eingestellt.
Video treibt Familie in die Flucht Eine unterfränkische Familie versucht seit zwei Jahren, über ein Internetvideo hinwegzukommen. Damals wurde die 14-jährige Tochter - Typ: schüchtern, Außenseiterin - von einer beliebten Klassenkameradin eingeladen, wie das Mädchen der Würzburger "Mainpost" berichtete. Es gab Red Bull mit Wodka. Und am Ende ein Video, auf dem sie betrunken und oben ohne herumhüpft. Als die Schülerin davon erfuhr, als das Video auf ihrem Handy landete, hatte es bereits 1000 Klicks, wie die "Mainpost" schreibt. "Es war verlinkt, in Gruppen geteilt, in Blogs und Foren gepostet."
Dem Bericht zufolge war das Cybermobbing geplant. Die Eltern des Opfers waren zunächst nur vom Besäufnis ihrer Tochter entsetzt, verboten ihr die Klavierstunden und wunderten sich, dass es dem Mädchen egal zu sein schien. Die Schülerin kämpfte mit vulgären Mails und SMS. Depression. Stationäre Therapie. "Der Film ist ständig in Lisas Kopf. Immer, wenn ein Fremder sie interessiert anschaut. Wenn Mitschüler tuscheln. Wenn im Bus junge Leute lachen", schreibt die Zeitung. Die Familie gab auf, verkaufte ihr Haus und zog nach Norddeutschland.
Eltern haben oft keine Ahnung davon, was im Internet los ist, von den Problemen ihrer Kinder und wie sie damit umgehen sollen.
Das weiß die Bamberger Sozialpädagoging Katharina Heigl.
Belästigung übers Internet? Das Polizeipräsidium Unterfranken rät: Nicht antworten! Beleidigende oder bedrohliche Nachrichten per E-Mail, Social Media o.ä. nicht tolerieren. Kinder und Jugendliche sollen aber nicht direkt antworten, sondern Eltern und andere Vertrauenspersonen einbeziehen. Auch die Schule informieren.
Beweise sichern! Bilder oder E-Mails mit strafbarem Inhalt speichern.
Zur Polizei gehen! In schwerwiegenden Fällen wie denen auf dieser Seite sofort die Polizei einschalten.
Hilfe Vor Ort bei den Beratungsstellen von Pro Familia
Online auf
www.klicksafe.de (Europäische Union ) und
www.webhelm.de (Familien- und Justizministerium, Verbraucherschutz)
Veranstaltungen: Nach einer speziellen Veranstaltung für Schüler am Vormittag geht's am Abend für Interessierte allgemein um den "Tatort Internet" am Mittwoch, 11. Dezember, mit Social-Media-Experte Michael Ehlers und Hacker Götz Schartner in der Stadthalle Kulmbach, 19.30 Uhr, Eintritt frei
Nach Nürnberg, Würzburg, Ansbach und Schwabach lernen nun auch in Coburg im von der Sparda-Bank geförderten Projekt "SurfSafe" über 2500 Schüler den richtigen Umgang mit Internet, Smartphone und Co. Zusätzliche Informationen gibt es unter
www.spardasurfsafe.de Für Eltern und Interessierte wird eine öffentliche Infoveranstaltungen über "Sicherheit im Internet" angeboten: 11. Dezember 2013, 18 Uhr, Kongresshaus Rosengarten, Eintritt frei
infranken-Chat: Am Donnerstag, 5. Dezember, von 16 bis 17 Uhr können Sie auf inFranken.de mit Experte Michael Ehlers über Chancen und Risiken des Internets diskutieren.
Das ist doch ohne Zweifel ein Fall für den Staatsanwalt:
StGB § 184c Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften
(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen von vierzehn bis achtzehn Jahren zum Gegenstand haben (jugendpornographische Schriften),
1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Und auch bei den anderen Fällen, in denen Bildmaterial verbreitet wurde sehe ich Kinder- oder Jugendpornographie. Das ist in Deutschland immer noch strafbar.