Auch Jesus und der Papst werden von Karikaturisten immer wieder satirisch dargestellt. Wie gehen Bamberger Kirchenvertreter damit um?
Die christlichen Kirchen haben sogar eigene Satiriker und Karikaturisten. Einer davon fällt Dekan Hans-Martin Lechner direkt ein, Tiki Küstenmacher zum Beispiel. Satire ist etwas, das auch mal "die Gegebenheiten in der Kirche" deutlich zum Ausdruck bringt. Einerseits einen vielleicht "zum Schmunzeln bringt", andererseits man dann als Vertreter der Kirche auch über die Themen "sprechen muss", erklärt Dekan Lechner.
Satire ist für den Bamberger Vertreter der evangelischen Kirche "sehr wichtig, weil sie vieles überzeichnet, überhöht und vergrößert", und damit "Gesprächsimpulse" in der Gesellschaft setzt. Spontan steht der Dekan - und Hans-Martin Lechner als Person für sich - zu Satire als Darstellungsform. Eine Form, die sich Verfremdung, Ironie, Widerspruch oder Überspitzung bedient. "Provokante Darstellungen", sagt Lechner, können da die Ergebnisse sein.
Glaube ist persönlich Nur: "Das Pietätsempfinden darf dadurch nicht beeinträchtigt werden", sagt Lechner. Dieser Respekt ist nicht mehr so einfach zu wahren, wenn es persönlich wird. Und "Glaube, oder wenn es um Glaube geht, das ist auch immer etwas Persönliches", sagt er. Dabei kann sich die Kirche scheinbar durchaus selbst auf die Schippe nehmen.
"Wir selbst haben innerkirchliche Satiriker", sagt er. Und auch in diesem Kreis gibt es "ein breites Feld", sagt Lechner, wer wie mit einer satirischen Angelegenheit umgeht und aufnimmt.
Wem gefällt was? Genau danach fragt Satire eigentlich nicht. Wie unterschiedlich die biblische Figur von Jesus zum Beispiel dargestellt wird - eine Version davon zeichnete auch Karikaturistin Christiane Pfohlmann im Jahr 2006 und hat sie für unsere Zeitung noch einmal aus dem Archiv geholt - muss, soll und kann wohl nicht jedem zusagen.
Auch in der katholischen Kirche musste der Papst immer wieder für die Sparte Satire herhalten.
Satire kann heikel sein Ein katholischer Pastoralreferent aus Bamberg, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, stolpert hin und wieder über Karikaturen über den Papst, "die heikel sind". Aber: "Lachen gehört zum Leben dazu", sagt der Pastoralreferent. Und auch Hohn und Spott gehöre irgendwie in diese Kategorie: "Wieso nicht?!", sagt der Katholike. Wenn man an die vergangenen Jahre denkt, "manchmal ist es doch auch berechtigt."
An eine "eigenartige Darstellung zum Vatileaks-Skandal" kann er sich noch gut erinnern. Aber in der katholischen Kirche in Europa und eigentlich der Welt, so führt er aus, sei Satire mittlerweile wohl akzeptiert. "Wir leben nach der Aufklärung. Wir haben einiges aus Religionskriegen gelernt", sagt er.
"Schwierig wird es dann, wenn eine Darstellung so stark provoziert, dass der Weg zum Verständnis unverständlich ist", sagt Dekan Hans-Martin Lechner, und dadurch "der eigentliche Sinn" verloren geht. Sein katholischer Kollege unterstreicht: "Aber auch wenn etwas mal geschmacklos ist, gibt es andere Formen damit umzugehen. Im Gespräch, in Diskussionen, auch in Streitgesprächen - aber nicht so", sagt der Pastoralreferent. Letztlich muss die Kirche, so Lechners Haltung, mit Satire umgehen können, "ein weites Herz" beweisen - "liberal" sein. Dieses Stimmungsbild nimmt er nicht nur in der evangelischen Kirche wahr, "so ist es auch im Islam", sagt der Dekan.
Was aber am Mittwoch in Paris, in der Redaktion des Satiremagazins"Charlie Hebdo", vorgefallen ist, ist für ihn eine "furchtbare Geschichte". "So etwas kann, so etwas darf es, nicht geben", sagt er und distanziert sich nicht nur als Vertreter der Kirche, sondern auch ganz
persönlich, noch einmal abschließend mit Auszügen aus der Stellungnahme der Vertreterin des bayerischen Landesbischofs: "Das war ein widerlicher Angriff."
Gedenkfeier in Bamberg "Aus traurigem, aber gegebenem Anlass" kündigte am Donnerstagnachmittag eine Vertreterin des Dekanats Bamberg ein multireligiöses Friedensgebet für den kommenden Sonntag, 11. Januar, an. Kirchenvertreter aus Bamberg und der Förderverein "Zelt der Religionen" wollen sich am Sonntag um 15 Uhr in dem bunten Zelt am Markusplatz treffen. Aus dem Dekanat hieß es, dass sich bei diesem Friedensgebet Menschen verschiedener Religionen begegnen, der Opfer aus Paris gedenken und innehalten sollen.
Selbstverständlich ist Gewalt gegen mißliebige Kommentare, Karikaturen und Satiren nicht zu akzeptieren - da gibt es keine Toleranz.
Nichtsdestoweniger stehen die Verfasser und Zeichner nicht außerhalb der Kritik. Und wenn sie ihre(n) Beruf(ung) richtig verstehen, wollen sie diese mitunter ja gerade provozieren. Denn nichts ist langweiliger, nichts bewegt weniger als eine Überspitzung, die teilnahmslos registriert wird.
Leider aber fehlt einigen Karikaturisten und Satirikern jegliches Taktgefühl. Ihre Ergüsse wirken, beabsichtigt oder nicht, sehr wohl beleidigend, herabwürdigend, pietätlos. Statt mit dem Florett zu sticheln, schwingen sie den Holzhammer gegen ihre "Opfer". Solches Verhalten kann durchaus auch als menschenverachtend eingestuft werden - egal, ob konkrete Menschen oder deren Überzeugungen Ziel der Attacke sind.
Beispiele solcher Verfehlungen waren u. a. die Darstellung des Papstes in fäkalienverschmutztem Gewand oder des von den Muslimen als Propheten angesehenen Mohammed als lebende Bombe. Die Grenzen der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung waren hier deutlich überschritten - und es ist fatal, wenn sich derartige Geschmacklosigkeiten unter dem Eindruck der Bluttaten als Ausdruck eben dieser Freiheit gerieren.
Aber auch sie rechtfertigen keine Gewalt - ohne Wenn und Aber. Die Zivilgesellschaft indes sollte sich aufraffen, die in der Würde jedes einzelnen Menschen begründeten Grenzen ebenso zu verteidigen wie die Ausübung der genannten Freiheiten innerhalb derselben.