Christian Höhn aus Nürnberg porträtiert die Bahnhöfe dieser Welt

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Christian Höhn vor dem Großbild des Bahnhofs Gare du Nord in Paris Foto: Michael Schulbert
Christian Höhn vor dem Großbild des Bahnhofs Gare du Nord in Paris   Foto: Michael Schulbert
Am Bahnhof Tarcoola hält der Zug nur auf Vorbestellung. Foto: Christian Höhn
Am Bahnhof Tarcoola hält der Zug nur auf Vorbestellung. Foto: Christian Höhn
 
Der Bahnhof von Mumbai gehört zum Weltkulturerbe. Foto: Christian Höhn
Der Bahnhof von Mumbai gehört zum Weltkulturerbe. Foto: Christian Höhn
 
Täglich strömen 600 000 Menschen durch die Tore der Tokyo Station in Japan. Foto: Christian Höhn
Täglich strömen 600 000 Menschen durch die Tore der Tokyo Station in Japan. Foto: Christian Höhn
 
Im 50-Einwohner-Nest von Pimba, Australien, kreuzen sich die Strecken des Indian Pacific und der Ghan, einem der berühmtesten Touristenzüge der Welt. Foto: Christian Höhn
Im 50-Einwohner-Nest von Pimba, Australien, kreuzen sich die Strecken des Indian Pacific und der Ghan, einem der berühmtesten Touristenzüge der Welt. Foto: Christian Höhn
 
Am Dresdner Hauptbahnhof spielte sich in der Nacht zum 1. Oktober 1989 eine Schlüsselszene der deutsch-deutschen Geschichte ab, die Uwe Tellkamp in seinem Buch "Der Turm" schildert. Foto: Christian Höhn
Am Dresdner Hauptbahnhof spielte sich in der Nacht zum 1. Oktober 1989 eine Schlüsselszene der deutsch-deutschen Geschichte ab, die Uwe Tellkamp in seinem Buch "Der Turm" schildert. Foto: Christian Höhn
 
Auf 3089 Metern Höhe liegt der Bahnhof Gornergrat. Foto: Christian Höhn
Auf 3089 Metern Höhe liegt der Bahnhof Gornergrat. Foto: Christian Höhn
 
Fotograf Christian Höhn (Mitte) in Peking. Foto: privat
Fotograf Christian Höhn (Mitte) in Peking. Foto: privat
 
67 Bahnsteige auf zwei Ebenen: Grand Central Terminal in New York. Foto: Christian Höhn
67 Bahnsteige auf zwei Ebenen: Grand Central Terminal in New York. Foto: Christian Höhn
 
Die ersten Bahnhöfe Deutschlands entstanden in Nürnberg und Fürth; hier der Ludwigsbahnhof in Fürth (Aufnahme vor 1860). Foto: DB-Museum
Die ersten Bahnhöfe Deutschlands entstanden in Nürnberg und Fürth; hier der Ludwigsbahnhof in Fürth (Aufnahme vor 1860). Foto: DB-Museum
 
Der 1863 neu erbaute Ludwigsbahnhof. Foto: DB-Museum
Der 1863 neu erbaute Ludwigsbahnhof. Foto: DB-Museum
 
Der 1935 erbaute Ludwigsbahnhof in Nürnberg. Zeitgenössische Darstellung. Foto: DB-Museum
Der 1935 erbaute Ludwigsbahnhof in Nürnberg. Zeitgenössische Darstellung. Foto: DB-Museum
 
Ausschnitt eines Bilderbogens der gesamten Ludwigsbahn (Lithografie um 1840). Foto: DB-Museum
Ausschnitt eines Bilderbogens der gesamten Ludwigsbahn (Lithografie um 1840). Foto: DB-Museum
 
Karte der Ludwigsbahn-Strecke von 1838. Schon zu sehen ist die Trasse des 1845 eröffneten Ludwig-Donau-Main-Kanals. Foto: DB-Museum
Karte der Ludwigsbahn-Strecke von 1838. Schon zu sehen ist die Trasse des 1845 eröffneten Ludwig-Donau-Main-Kanals. Foto: DB-Museum
 
Christian Höhn. Foto: privat
Christian Höhn. Foto: privat
 

Der Nürnberger Fotokünstler Christian Höhn entführt zu Bahnhöfen, die zu Schauplätzen der Weltliteratur geworden sind. Seine Ausstellung ist noch bis 21. Juni im DB-Museum zu sehen.

Für Tolstojs Romanheldin Anna Karenina bedeutet er die Endstation ihres Lebens, Georges Simenons Kommissar Maigret leidet in der riesigen Halle unter ständiger Zugluft und in Uwe Tellkamps Buch "Der Turm" beginnt hier der Weg in die Freiheit: Dreh- und Angelpunkt vieler literarischer Werke ist der Bahnhof. Stätte der Sehnsucht, der Begegnung, der Freude oder des Abschieds. "Bahnhöfe sind Orte, an denen sich das Banale mit dem Wunderbaren kreuzt. Orte, an denen plötzlich alles möglich scheint", sagt die Direktorin des Nürnberger DB-Museums, Russalka Nikolov.


Spektakuläre Perspektiven


In der mittelfränkischen Metropole, wo vor 180 Jahren, am 7. Dezember 1835, der erste deutsche Bahnhof überhaupt eröffnet wurde, ist derzeit eine Ausstellung mit spektakulären Aufnahmen von 14 Stationen aus aller Welt zu sehen. Der in Bayreuth geborene und in Nürnberg lebende Fotograf Christian Höhn reiste dafür im Auftrag der Deutschen Bundesbahn ein Jahr lang durch fünf Kontinente und porträtierte Bahnhöfe, die zu Schauplätzen der Weltliteratur geworden sind.


Magisches Mondlicht bei Minusgraden


Dabei ist er gleich zu Beginn fast an seine Grenzen gestoßen. Denn als erstes Motiv hatte sich der 46-Jährige, der auch das Konzept für dieses Projekt entwickelte, die auf 3089 Metern Höhe befindliche Station am Gornergrat unterhalb des Matterhorns ausgesucht - einen der höchst gelegenen Bahnhöfe der Welt. Gemeinsam mit seiner Assistentin schleppte er 100 Kilo Gepäck, darunter zwei Großformat-Kameras, noch ein gutes Stück höher, um das ganze Alpenpanorama festhalten zu können. "Wir fotografierten die Bahnhöfe zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten", berichtet Höhn. Als am Gorner grat die Sonne untergegangen und die Temperatur auf zwei Stellen unter Null gefallen war, beleuchtete nur noch der Mond den kleinen Bahnhof und tauchte die Szene in magisches Licht. Das war's! Die Aufnahme wurde später zum Titelbild eines Fotobandes, der zur Ausstellung erschienen ist.


Charme und Geld für den richtigen Blickwinkel


Zu fast jedem Bild gibt es eine Geschichte: In Paris bezog der Fotokünstler Stellung auf einem Balkon gegenüber dem Bahnhof Gare du Nord, um im Hintergrund Sacre Coer mit ablichten zu können; in New York musste Höhn "Charme, Geld und Manpower" aufbieten, um Zugang zu einer Anwaltskanzlei im achten Stockwerk gegenüber der Central Station zu bekommen, und konstruierte für den richtigen Blickwinkel einen Stativarm, der ans Fenster montiert wurde; in Kapstadt bestand der Besitzer eines Hochhauses auf Sicherungsseilen, als der schwindelfreie Nürnberger von einem nur über eine Leiter zugänglichen Punkt am Dach fotografieren wollte. Und im australischen Tarcoola war der verlassene Bahnhof, an dem der Zug von Perth nach Sydney nur auf Vorbestellung übers Internet anhält, lediglich durch einen längeren Fußmarsch über Schotterpisten zu erreichen.


Langzeitbelichtung ist der Clou


Zwischen zwei und sieben Tage verweilte die Crew an jedem Ort und schoss jeweils ca. 40 Bilder. Doch die Strapazen und die zweijährige Vorbereitung haben sich gelohnt: Die Aufnahmen zeigen nicht nur die Bauwerke, sondern binden durch den speziellen Standpunkt des Fotografen auch das urbane Umfeld mit ein. Dabei entstanden Perspektiven, die man so noch nicht gesehen hat. Die Lichteffekte erzielte Höhn durch Langzeitbelichtung von 20 bis 40 Sekunden. Mit einer Höhe von 1,80 Metern und einer Breite von 2,30 Metern werden die Bilder den monumentalen Motiven gerecht; aufgezogen auf Acrylglas und teilweise durch Leuchtkästen von rückwärts angestrahlt, erreichen sie eine fast kinoartige Sogwirkung.
Mit dem Bahnhofsprojekt hat Christian Höhn an seine Bilderserie "Megacities" angeschlossen, die auch im Ausland gezeigt wurde. Bilder davon schmücken u. a. das Theo-Schöller-Haus am Klinikum Nord in Nürnberg und die Franconian International School Erlangen. Als nächstes beschäftigt sich Höhn mit der neuen Elbphilharmonie in Hamburg.


Ausstellung Der Bilderzyklus "Poesie der Bahnhöfe" ist bis 21. Juni im DB-Museum Nürnberg, Lessingstraße, zu sehen (Di. bis Fr. 9 - 17 Uhr, Sa., So., Feiertag 10 - 18 Uhr; zur Blauen Nacht am 2. Mai von 19 bis 24 Uhr).

Buch Die Publikation "One Station" von Christian Höhn erschien im Verlag für moderne Kunst (64 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-86984-539-5).