Bei der Bundespolizei wird wohl so schnell keine Fläche frei.

2 Min
Andrea Nahles im Gespräch mit Polizeianwärtern Foto: Ronald Rinklef
Andrea Nahles im Gespräch mit Polizeianwärtern Foto: Ronald Rinklef

SPD-Vorsitzende Andrea Nahles nahm aus Bamberg neben einigen Eindrücken auch einen Wunsch des Oberbürgermeisters mit.

Ein junger Mann schwenkt eine Wodka-Flasche, belästigt Passanten und gerät immer wieder bedrohlich nah an die Bahn-Gleise. "Das ist ein für Berlin ziemlich realistisches Szenario", sagt Andrea Nahles, bevor sie eine entsprechende Übung im Bamberger Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei verfolgt. Die jungen Polizisten machen ihre Sache gut, der Betrunkene wird unter den Augen von SPD-Prominenz, Polizei-Kollegen und einer beachtlichen Journalistenzahl kontrolliert und weggeführt.
Bamberg, Erlangen, Fürth - bei brütender Hitze ist Andrea Nahles in Franken unterwegs, um ihre hiesigen Genossen zweieinhalb Monate vor der bayerischen Landtagswahl zu unterstützen. In Bamberg, wo sie zuletzt 2012 zu Besuch war, stand dabei ausschließlich das Ausbildungszentrum der Bundespolizei auf dem Programm. "Die Aufgabenfelder der Bundespolizei sind stark gewachsen und wir haben hier viel Geld investiert", sagt Nahles. Derzeit gibt es 6200 Auszubildende bei der Bundespolizei, davon rund 2200 in Bamberg. Zentrumsleiter Thomas Lehmann gibt den Besuchern einen kleinen Überblick übers Gelände, derzeit werden circa 100 Hektar genutzt. "Wir haben nahezu jedes verwendbare Gebäude in Nutzung. Es ist nicht so, dass die Bundespolizei einfach gesagt hat, wir brauchen ein Riesengelände", erklärt Lehmann. "Wir fühlen uns in Bamberg superwohl", bestätigt der Präsident der Bundespolizeiakademie, Alfons Aigner. Auch die Bewerberzahlen seien gut, auf jeden Ausbildungsplatz kämen etwa sieben Bewerbungen. Nicht nur bei Aigner kam die Aussage der SPD-Vorsitzenden zur weiteren Perspektive des Zentrums gut an: "Ich glaube, dass wir hier über einen längeren Zeitraum eine hohe Zahl an Auszubildenden haben werden. Einen handlungsfähigen Staat gibt es nicht ohne Personal."
In dieser Frage ist auch Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) Realist. Die Stadt habe mit der Bundespolizei zwar eine klare Vereinbarung, dass Gebäude freigegeben würden, sobald diese nicht mehr für Ausbildungszwecke benötigt würden. Aber vor 2024 sei das wohl nicht zu erwarten. Starke stellte aber auch heraus: "Die Bundespolizei ist ein absoluter Gewinn für die Stadt. Sie bedeutet mehr Sicherheit und damit auch mehr Lebensqualität."
Starkes Wunsch an die SPD-Vorsitzende geht in eine andere Richtung. Er fordert Andrea Nahles auf, ihren Einfluss geltend zu machen, was die Maximalbelegung des künftigen Bamberger Ankerzentrums angeht. Dort sollten höchstens 1500 Flüchtlinge untergebracht werden, dafür könnten dann Gebäude aus der Aufnahmeeinrichtung herausgelöst werden, um günstigen Wohnraum zu schaffen. "Wer weiter eine stille Reserve für 3400 Flüchtlinge aufrecht erhält, bekommt ein Glaubwürdigkeitsproblem", sagt Starke.
Nahles nimmt den Wunsch auf und hört sich dann die Sorgen junger Polizeianwärter, Verwaltungsangestellter und Ausbilder an (keine festen Stellen, befristete Verträge). Wegen der im Oktober anstehenden Landtagswahlen hat sie zuvor ordentlich in Richtung CSU ausgeteilt. Die CSU habe mit ihrer "schäbigen, die Schwächsten diffamierend angehenden Politik" die Quittung bekommen, sagt Nahles mit Blick auf jüngste Umfragen (laut Bayerischem Rundfunk lag die CSU bei 38 Prozent). Sie bezieht ihre Kritik auf die Asylpolitik und von Ministerpräsident Markus Söder benutzte Begriffe wie "Asyltourismus". Die SPD versuche eine realistische, Kommunen nicht überfordernde Flüchtlingspolitik mit humanitären Grundsätzen zu verbinden. In Bayern regiere die CSU nun seit 70 Jahren, es sei an der Zeit für etwas anderes. Nahles muss freilich einräumen, dass auch die Umfragewerte der SPD (13 Prozent) noch keine Jubelstürme auslösen können.
An die lange und wechselvolle SPD-Geschichte dürfte die Parteivorsitzende ein höchst nahrhaftes Geschenk ihrer Bamberger Genossen erinnern: Bevor Nahles die Weiterreise antritt, bekommt sie für 155 Jahre SPD 155 Flaschen Rotbier einer Brauerei aus dem Landkreis.