Nach der Auszählung der Listenkreuze ist noch vieles offen. Dennoch zeichnet sich ab, dass künftig drei große Fraktionen die Geschicke der Stadt lenken werden: CSU, SPD und GAL. Doch auch der Einfluss der "Kleinen" wächst, denn mit BUB und Bambergs Linker Liste kommen neue "Spieler" dazu. Auch Bürger-Block und Freie Wähler bleiben stark.
Es war kurz nach sieben Uhr, als zum ersten Mal ein Raunen durch das grüne Lager ging. Gerade war das 31. Bamberger Wahllokal ausgezählt und erstmals stand die Zahl elf hinter dem Ergebnis der Grünen: Elf Sitze und stärkste Fraktion! "Jetzt könnten wir aufhören zu zählen und uns einen schönen Abend machen", freute sich Stadtrat Wolfgang Grader.
Doch es wurde weitergezählt, und es sollte für die Alternativen nicht zum Nachteil werden. Bis zum Ende der Auswertung aller Stimmzettel mit einem Listenkreuz kurz nach acht Uhr lieferten sich die Grünen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD, die am Ende mit knappem Vorsprung als Sieger aus dem Rennen des ersten Tags hervorging.
Für die Grünen ist dieser zweite Platz ein kleiner Triumph, von dem sie hoffen, dass er am Montagabend nicht verwelkt, wie 2008, als dem Jubel am Sonntagabend die langen Gesichter am Montag danach folgten. Doch Ursula Sowa, die Fraktionschefin der Grünen, ist zuversichtlich, dass es gut ausgeht, weil das Polster dieses Mal etwas kräftiger ausgefallen ist, zumal auch die Grünen von der Auszählung der Einzelstimmen mehr profitieren könnten als bislang. "Mit acht oder neun Sitzen wären wir sehr zufrieden. Wir wollen nicht nach den Sternen greifen", sagte Sowa.
Mit 24,80 Prozent war es wie bereits 2008 die Bamberger SPD, die die meisten Listenkreuze absahnen konnte. Dennoch waren die Sozialdemokraten von Jubelstürmen weit entfernt. Das lag nicht nur daran, dass der Vergleich zur letzten Wahl Verluste von über drei Prozentpunkten auswies.
Das Wahlziel der Bamberger SPD, stärkste Fraktion zu werden, ist angesichts der allgemein erwarteten Verluste der SPD bei der Auszählung der Einzelstimmen in weite Ferne gerückt. "Man kann diese Wahl nicht mit der letzten vergleichen. Damals waren die Bamberger Linken noch nicht dabei", kommentierte Heinz Kuntke das Zwischenergebnis. Den absehbaren Trend zur weiteren Zersplitterung der Macht nahm der Spitzenkandidat mit Stirnrunzeln zur Kenntnis: "Wenn das Ergebnis so bleibt, wird es in Bamberg künftig sehr schwer sein, stabile Mehrheiten zu erhalten."
Diese Einschätzung teilt auch der Kreisvorsitzende der Bamberger CSU, Christian Lange, der im Großen Sitzungssaal miterleben musste, wie die Zahl der Sitze der CSU immer mehr abschmolz. Von 13 zu Beginn auf zehn am Ende der Auszählung. Bliebe es bei diesem Ergebnis, wäre die CSU nur noch drittstärkste Fraktion im Stadtrat. Doch Lange ließ sich von den Sonntagszahlen nicht entmutigen. "Ich gehe fest davon aus, dass wir am Montag durch unsere starke Liste noch einmal kräftig zulegen können und am Ende mit 13 oder 14 Sitzen stärkste Fraktion bleiben." Ob es dazu kommt, ist eine der vielen spannenden Fragen, die sich an diesem Montag klären werden.
Dazu gehört auch die Unsicherheit, inwieweit die "Kleinen" durch die Persönlichkeitswahl profitieren können.Etwa die Bamberger Linke. Mit dem Ergebnis eines budgetschwachen Wahlkampfs zeigte sich Anette Göpel am Sonntag sehr zufrieden. Sie hoffe, dass BALI in Fraktionsstärke ins Rathaus einziehen werde.
Während es eher fraglich ist, ob die Linken ihr Ergebnis vom Sonntag am Montag halten können, werden Bambergs Unabhängigen Bürgern (BUB) und den Freien Wählern zusätzliche Stimmen allgemein zugetraut.
Für Daniela Reinfelder von BUB waren die 4,16 Prozent am Sonntag schon ein voller Erfolg "Ich finde es faszinierend, dass wir auch Listenkreuze bekommen", sagte Reinfelder. Unverhohlene Freude bereitete der Frau aus Gaustadt, die etliche Jahre stellvertretende Kreisvorsitzende der CSU war, auch die offenkundige Schwäche der Christsozialen: "Es sieht so aus, als ob die Mehrheit von CSU und SPD gebrochen wäre."
Kommentar von Michael Wehner:
"Multikulti"
im Bamberger
Stadtrat
N och ist es zu früh für endgültige Analysen. Das Zwischenergebnis, nachdem 20 Prozent der Stimmen, ausgezählt wurden, ist noch nicht belastbar genug, um ins Detail gehen zu können. Ein Trend zeichnet sich bei der Stadtratswahl 2014 aber bereits ab. Der Wähler zwingt die bisher Großen zur Demut.
Er will, dass sie von ihrer Macht abgeben. An die Grünen, die einzige skandalfreie Partei, die ihren über Jahrzehnte gewohnten Wachstumstrend in Bamberg fortsetzen können.
Aber auch an die Vielzahl der Kleinen, die in Bamberg ebenfalls mitreden werden: die Freien Wähler, den Bürger-Block, Bambergs Linke Liste, Bambergs Unabhängige Bürger, möglicherweise auch die FDP und die Bamberger Realisten.
So viel scheint schon heute sicher. Die Zeit der fest gefügten Machtblöcke neigt sich in Bamberg dem Ende entgegen.Auch wenn CSU und SPD am Ende doch noch eine knappe Mehrheit erhalten sollten - das politische Multikulti im Rathaus mit immer neuen, abwechselnden Koalitionen wird zunehmen.
Ob das gut ist für die Stadt, wie die Grünen und die Kleinen behaupten, oder schlecht, wie CSU und SPD glauben, wird sich in den nächsten Jahren weisen. Spannend wird es allemal.
Auch für die CSU wäre eine Rückbesinnung auf das, was der Parteiname verkündet, zielführend:
C:
an christlichen Werten orientiertes Handeln, in dem Nächstenliebe (Solidarität) beispielsweise in der Sozial-, Migrations- und Asylpolitik erkennbar wird, in dem Konfliktvorbeugung an Stelle (meist mißglückter) Konfliktverwaltung der tragende Teil zukommt, in dem der Erhalt der Schöpfung (Genesis 2,15) als elementare Zielvorstellung enthalten ist
S:
Hinwendung zur sozialen Marktwirtschaft, in der die staatlich gesetzten Rahmenbedingungen bewirken, daß das eigennützige Handeln der wirtschaftlich Starken zum Wohl aller beiträgt, statt daß die Masse von den Brosamen leben muß, welche vom reich gedeckten Tisch weniger herabfallen
U:
Auftreten als Wertegemeinschaft, die nach innen und außen in fairer Debatte um den richtigen Weg ringt, statt sich regelmäßig in öffentlich ausgetragenen internen Streitigkeiten zu demontieren
das (bisherige) Ergebnis beruhigt in gewisser Weise:
die Bamberger Wählerinnen und Wähler haben sich offensichtlich nicht blenden lassen vom kostspieligen CSU-Wahlkampf mit einer unsäglichen Materialschlacht.
Die Bamberger wollen ganz offensichtlich nicht so weiter regiert werden wie bisher - und das ist gut so!
Mehr soziales Profil, weniger Prestigeprojekte, weniger Luxuswohnungen für reiche, auswärtige Käufer, mehr Politik für "Normalos", die ein lebenswertes Bamberg verdient haben - Zeit werds!
Das Ergebnis der Linken überrascht nicht: Wenn die SPD es nicht einmal mehr schafft, ein rotes SPD-Quadrat zu plakatieren, sondern die Farbe rot komplett aus ihrem Repertoire verbannt hat, dann bleibt für rote Stammwähler ja nur noch die Bamberger Linke....
Ich hoffe, die Bamberger SPD wacht nun auf und entfernt sich wieder vom "CSU-nahen" Kurs. Wahrscheinlich wird ihr nach dem (endgültigen) Wahlergebnis gar nichts anderes übrig bleiben.