Bamberger Marionettentheater: Echte Handarbeit

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Sie konzentrieren sich auf die filigrane Handarbeit hinter der Bühne: Maria Sebald, Gudrun Lüdtke und Irene Leiter (von vorne nach hinten) Fotos: Michael Gründel
Sie konzentrieren sich auf die filigrane Handarbeit hinter der Bühne: Maria Sebald, Gudrun Lüdtke  und Irene Leiter (von vorne nach hinten)  Fotos:  Michael Gründel
In dieser Szene beschwört Faust in seiner Studierstube die bösen Geister.
In dieser Szene beschwört Faust in seiner Studierstube die bösen Geister.
 
Das Ensemble (von links nach rechts und von vorne nach hinten): Maria Sebald, Dagmar Krohn, Maria Eichfelder, Jochen Eichfelder, Lioba Stein, Frieda Lange, Monika Einwag, Irene Leiter und Gudrun Lüdtke.
Das Ensemble (von links nach rechts und von vorne nach hinten): Maria Sebald, Dagmar Krohn, Maria Eichfelder, Jochen Eichfelder, Lioba Stein, Frieda Lange, Monika Einwag, Irene Leiter und Gudrun Lüdtke.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Im Bamberger Marionettentheater dürfen die Gäste am Sonntag den Spielern zum ersten Mal auf die Finger schauen - im wahrsten Sinne.

Das Theater lässt sie nicht los. Wenn Maria Sebald einmal zu erzählen anfängt, dauert es eine Weile. Am Ende sagt das die neue Leiterin des Bamberger Marionettentheaters sogar selbst über sich.

Warum sie so viele Worte findet? Weil sie ergriffen ist von dem Zauber, der durch das Marionettentheater wabert. Wenn es im Vorführungs-Saal nachtschwarz wird, nur die historische Bühne von 1821 in schummrigem Rot glüht, dann prickelt der Zauber auf der Haut, flimmert auf der Bühne, wenn Faust mit donnernder Stimme die bösen Geister beschwört.



Jeder spielt jede Marionette

Es ist kein Stück für Kinder. Es ist ein Stück für Erwachsene, die sich wie Kinder verzaubern lassen. Die Zauberer stehen hinter der Bühne: Maria Sebald, Irene Leiter, Gudrun Lüdtke und Monika Einwag. Drei Spieler, ein Beleuchter. Das ist in jedem Stück so. "Jeder Spieler spielt jede Marionette", erklärt die Theaterleiterin. Wenn also Faust auf der Bühne von der einen zur anderen Seite schreitet, gleitet er, für das Publikum unsichtbar, durch die Hände der drei Frauen - beziehungsweise sein "Kreuz".

Mit Hilfe des Holzkreuzes bewegen die Marionettenspieler die Puppen, übernehmen sie von einander. Wandseite, Mittelposition, Fensterseite. "Die Puppen müssen von uns so gesteuert werden, dass die Zuschauer die Übergabe nicht bemerken", erklärt Irene Leiter.


Theater-Chefin Maria Sebald fügt hinzu: "Das ist das Gemeine an den Holzpuppen - jede Aufregung des Spielers, jedes Zittern der Hand, überträgt sich auf die Puppe."

Marionettenspielen als Handwerk

Zwischen zehn und zwölf Proben von jeweils zwei bis drei Stunden braucht ein Neuling in etwa, bis er das Puppenspielen beherrscht. "Das ist kein Hobby, das ist ein Handwerk", sagt Irene. Die Frau, die Marionetten spielt, Marionetten baut, anderen das Marionettenspielen beibringt.

Sie steht in dem kleinen Raum hinter dem Vorführungs-Saal, neben dem neuen Podest. Es ist größer als die vorherigen Einzel-Podeste, bietet mehr Sicherheit und Bewegungsfreiheit. Gerade bewegt sich nur ein kleiner Mann namens Faust. Irene Leiter lässt ihn die Hände zum Gebet heben - mit Hilfe des "Gebetsfadens". Mit filigranen Fingerbewegungen lässt sie die Marionette knien, springen, erzittern.

Blick hinter die Bühne

Zum ersten Mal in der Geschichte des Theaters können sich das die Zuschauer hinter der Bühne ganz genau anschauen. Zum 25-jährigen Bestehen wird es am Sonntag einen "Tag der offenen Tür" geben.

Vielleicht sehen sie dann auch "die Herzogin". Mit ihren 80 Jahren ist die älteste Puppe nicht mehr so gelenkig wie "Knoten", eine Figur aus Shakespeares Sommernachtstraum. "Knoten lässt sich einfach hervorragend spielen", schwärmt Theaterleiterin Maria Sebald. "Wenn man aus der Marionette genau das rausholen kann, was man möchte, macht das glücklich." Irene Leiter fügt hinzu: "Die Mimik fällt komplett weg, deswegen ist die Gestik so wichtig."

Dass diese richtig zur Geltung kommt, dafür sorgt Monika Einwag. Sie übernimmt die Beleuchtung. An ihrem Arbeitsplatz wird sich bald einiges ändern, da die Elektrik erneuert werden muss, nach und nach, während des laufenden Spielbetriebes.

Inszenierung wird betont

Jetzt dimmt sie das Licht im Hinterraum ganz herunter, taucht die Bühne in Glutrot - damit Mephisto den passenden Auftritt hat. Aus den Lautsprechern grollt es, als er auf die Bühne poltert. Musik und Textpassagen sind von professionellen Sprechern eingespielt. Im Bamberger Marionettentheater kommt es auf die Inszenierung an, das Zusammenspiel von Puppen, deren Spielern, Text, Ton, Licht. Und natürlich den Zauber. Dieser senkt sich mit dem Einbruch der völligen Dunkelheit nieder und lässt die Luft knistern, wenn der Blick von der glühenden Bühne gefangen genommen wird.