In Bamberg sind "Gehobene Schätze" zu sehen: illuminierte Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts.
So schön die großformatigen Bände sind, aber bei 248 Euro werden selbst fortgeschrittene Bibliophile schlucken. So viel kosten zwei Prachtbände aus dem für solche Editionen spezialisierten Wiesbadener Harrassowitz Verlag. Erschienen sind sie im Dezember; der genaue Titel lautet: "Die Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg mit Nachträgen von Handschriften und Fragmenten des 10. bis 12. Jahrhunderts. Beschrieben von Karl-Georg Pfändtner und Stefanie Westphal."
Eine schöne Gelegenheit für die Staatsbibliothek, einige Original-Handschriften auszustellen. Der weltberühmte Bamberger Psalter wird im Halbdunkel des Sterngewölbes und Scagliolasaals ab Montag zu sehen sein - und nicht nur er. Zwar zahlenmäßig nicht überbordend, doch um so leuchtender werden die Meisterwerke mittelalterlicher Illustratoren präsentiert. "Illuminierte Handschriften" sagen die Fachleute dazu. Immer wieder staunt der Betrachter nicht nur über die Bilder, sondern auch über die minutiöse Handschrift, die die Schreiber vor 700 oder 800 Jahren bei äußerst beschränkten Mitteln - man denke nur an die Beleuchtung! - kultivierten.
Und: Viele der ausgestellten Stücke sind noch niemals öffentlich gezeigt worden - daher auch der Ausstellungstitel "Gehobene Schätze". Klar, der "Bamberger Psalter" und die "Bamberger Motettenhandschrift", eine wichtige Quelle für die Musik des 13. Jahrhunderts, haben es zu einiger Berühmtheit gebracht. Doch auch etliche Handschriften vornehmlich aus Italien und Frankreich sind des Betrachtens wert. Sie stammen aus der Bamberger Dombibliothek oder aus Klosterbibliotheken. Auf welchen Wegen sie dorthin gelangten, ist nicht immer nachzuvollziehen. Der Inhalt? Meist Kirchenrecht. Was heute in juristischen Büchern die Anmerkungen leisten, waren damals Marginalien, die wie Satelliten um den Haupttext gruppiert sind. Diese Bücher dokumentieren auch die Bedeutung der Domstadt, die Kontakte hatte zu den frühen Universitäten in Paris, Montpellier, Bologna und Padua. "Eine in Nordfrankreich entstandene Rechtshandschrift gehört zu den schönsten Handschriften des beginnenden 14. Jahrhunderts überhaupt", meldet die Bibliothek stolz. Aber auch die Heimat kommt nicht zu kurz mit fränkischen Bibelhandschriften und einem Nürnberger Heiligenleben.
Die beiden Bände, die Anlass der Ausstellung gewesen sind, stehen in einer Reihe. Seit 1986 wird an der wissenschaftlichen Katalogisierung und kunstgeschichtlichen Einordnung der Handschriften gearbeitet, ein Projekt über Jahrzehnte. 1995 und 2004 sind Bücher über die Zeit vom 8. bis 12. Jahrhundert erschienen, bearbeitet von Gude Suckale-Redlefsen. Karl-Georg Pfändtner und Stefanie Westphal sind verantwortlich für die aktuellen Bände. Das heißt, sämtliche illuminierten Handschriften des 8. bis 14. Jahrhunderts "sind nun kunsthistorisch erschlossen", sagt Bibliotheksdirektor Werner Taegert. Und es wird mit den frühen Drucken des 15./16. Jahrhunderts weitergehen dank der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, keine Selbstverständlichkeit.
Der Betrachter sollte dies alles im Hinterkopf behalten, sich jedoch unbelastet auf die Schönheit der Illustrationen einlassen. Interessant bis befremdlich sind auch surrealistisch anmutende Ornamente und "Neben"-Zeichnungen, 700 Jahre vor Dalí und Magritte. Spielerei oder (noch) verborgene Symbolik? Man weiß es nicht, wird es ikonographisch vielleicht nie deuten können.