Vier Geflüchtete in Bamberg können derzeit ihre Ausbildung zum Altenpfleger nicht weiterführen, obwohl es für die Fälle eigentlich die "3+2-Regelung" gäbe. Die Regel wird in Bayern sehr restriktiv gehandhabt - trotz des Fachkräftemangels.
Das Schöne am Beruf des Altenpflegers ist für Ali Sharifi, "dass man sieht, wie dankbar die Menschen sind, dass man sich um sie kümmert", erzählt er. Im Juli 2018 hat er seine Pflegehelfer-Ausbildung abgeschlossen. Danach hat er einen dreijährigen Ausbildungsvertrag zur Fachkraft in der Altenpflege beim Seniorenzentrum Albrecht Dürer in Bamberg unterschrieben. Er freut sich darauf. "Die Häuser freuen sich auch darauf", sagt Sharifis Lehrerin Ulrike Sänger an der Evangelischen Berufsfachschule für Altenpflege. Doch eine Berufserlaubnis hat er nicht bekommen. Ob er seine Ausbildung beenden kann, ist seit Monaten unklar.
Den Unterricht in der Altenpflegeschule hat Sharifi weiter besucht, als Gast. Vor zwei Wochen hat der praktische Teil der Ausbildung begonnen. Seine Klassenkameraden arbeiten in den Pflegeeinrichtungen, "und ich muss zu Hause bleiben", sagt Sharifi. Dabei fiele er eigentlich unter die "3+2-Regelung" aus dem Koalitionsvertrag. Diese greift, nachdem der Asylantrag eines Geflüchteten abgelehnt wurde, wie bei Sharifi geschehen. Wenn der Geflüchtete bereits eine Ausbildung begonnen oder einen Vertrag unterschrieben hat, darf er diese beenden und bei einer Übernahme zwei Jahre als Fachkraft arbeiten. Im Anschluss bekommt er eine Aufenthaltserlaubnis ohne diese Zweckbindung.
Doch Bayern handhabt die Regelung sehr restriktiv. So gilt sie nicht, wenn bereits Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung getroffen wurden. Das heißt in anderen Bundesländern: Die Regel greift bis kurz vor der Abschiebung. In Bayern wird aber teils schon die Belehrung über die Ablehnung des Asylantrags als Maßnahme gesehen. Damit liegt es letztlich im Ermessen der zuständigen Behörde, ob ein Geflüchteter unter die Regelung fällt oder nicht.
Dass keine Berufsgenehmigung erteilt wird, werde in Bayern laut Sänger außerdem oft mit der Identitätsklärung begründet. Sharifis "Tazkira", die afghanische Geburtsurkunde mit Zusatzinformationen, liegt dem Bundesamt für Migration (Bamf) zwar vor und auch die Echtheit wurde bestätigt. Doch sie wird derzeit einbehalten, weshalb Sharifi keinen afghanischen Pass beantragen kann. Als Grund nannte das Bamf laut Sharifi, dass sie der Bruder aus Afghanistan schickte, er sie aber über das Konsulat hätte beantragen müssen. "Das Absurde ist doch, dass man sagt, man will ausländische Fachkräfte reinholen. Aber die, die schon da sind und eine Ausbildung machen, werden abgeschoben. Dazu schiebt man dann irgendwelche bürokratischen Hürden vor", meint Sänger.
"Das ist alles sehr demotivierend und eine hohe Belastung", sagt Sharifi. Vor einem Jahr hätte er schon einmal abgeschoben werden sollen, da machte er gerade ein Praktikum bei der Sozialstation. Dort hat er sich währenddessen nicht mehr hingetraut, auch nicht nach Hause. Zu groß war die Angst, das Land verlassen zu müssen.
Die Hoffnung bleibt
Sharifis Familie gehört der persischsprachigen Volksgruppe der Hazara an, die größtenteils ein liberales Frauenbild vertritt und unter anderem deshalb von Taliban und Islamischem Staat verfolgt wird. Im Juli 2015 kam er nach Deutschland. Weil Sommerferien waren, hat er Deutsch im Internet vorgelernt, bevor er einen dreimonatigen Deutschkurs besuchte. Er spricht nun fließend und fast akzentfrei. Dann ging er in die Berufsschule, schloss die Pflegehelfer-Ausbildung mit der Note 2 ab. In der Klasse fand er viele Freunde.
Das Schicksal von Sharifi und dreier weiterer ihrer Schüler hat Altenpflege-Lehrerin Sänger dazu veranlasst, sich an die Politik zu wenden: Sie sprach mit der bayerischen Gesundheitsministerin und Direktkandidatin aus dem Stimmkreis Bamberg-Stadt, Melanie Huml (CSU). Die ging die Fälle mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) durch. "Wir hoffen, dass wir damit etwas erreichen", sagt Sänger. "Ich hoffe, dass sich etwas tut und ich mit meiner Ausbildung weitermachen kann", sagt Sharifi.
Unglaublich. Die die bleiben wollen und sollten, denen werden Berge in den Weg gelegt. Und andere, deren Anwesenheit nicht erwünscht ist - die können aus Gründen X bleiben und kosten nur Geld.