Anrufen für Fortgeschrittene

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Sieht einfacher aus, als es dem Erstbenutzer erscheint. Mit zwei Zehnerla ist an einer Telekom-Basistation (wie hier in Steinfeld) nichts auszurichten. Foto: Sabine Christofzik
Sieht einfacher aus, als es dem Erstbenutzer erscheint. Mit zwei Zehnerla ist an einer Telekom-Basistation (wie hier in Steinfeld) nichts auszurichten. Foto: Sabine Christofzik

Hand aufs Herz, welcher eingefleischte Handynutzer weiß auf Anhieb, welche Ansprüche ein öffentliches Basis-Telefon stellt?

Alle Wetter! Wie kriegt man das Ding in Gang? Mit intuitiv ist da nichts mehr! Der Urahn im gelben Häuschen kam wenigsten noch mit Anweisungen daher, die kurz und zackig waren: Hörer abnehmen, Münzen einwerfen, Nummer wählen. Der Nachfahre mag es komplizierter. Er setzt voraus, dass man bei der Erstbenutzung einen halben Roman durchzulesen bereit ist. Hartgeld nimmt er nicht an - und er möchte erst mit einem reden.

Wer jetzt lacht, hat schon verloren. Hingehen, nachmachen! Hand aufs Herz, welcher eingefleischte Handynutzer kommt auf Anhieb mit einem öffentlichen Fernsprecher dieser Art klar?

Auf der Autofahrt von Bamberg nach Hollfeld taucht in der Ortsdurchfahrt von Steinfeld irgendwann am rechten Sehfeldrand etwas Metallenes, an einer Säule Befestigtes auf. Das ist doch, das war doch... ein Telefon.
Schon ist man dran vorbei.


Das gibt es nichts aufzubrechen

Auf dem Rückweg siegt die Wissbegierde. Einfach mal irgendwo anrufen, von einem Fernsprecher aus, der sonnenbeschienen, windumtost - und im Winter sicher gelegentlich schneebedeckt - ist. Noch nie im Leben vorher gemacht. "Basisstation ohne Wetterschutz" heißt ein solcher Apparat. So sieht er auch schon von Weitem aus: spartanisch. Und nicht so leicht kaputtzukriegen.

Da gab's doch vor vielen Jahren Karten, die sogar als Sammlerobjekte begehrt waren. Einzustecken ins Telefon. Von denen, während des Gesprächs, Guthaben abgebucht wurde. Lang ist's her, seit im eigenen Geldbeutel so ein Exemplar aufbewahrt wurde.

Wenn man jetzt eine hätte, könnte man loslegen, denn da stand was von "Calling-Card oder Kreditkarte" in der sehr flüchtig gelesenen Bedienungsanleitung. Doch wo müsste sie hinein, die Karte? Verstohlenes Herumfingern an den Seiten des angeschraubten Tastaturfelds. Wenn, dann nur ... nein, auch nicht dort - und nirgendwo anders. Das Ganze hat jetzt hoffentlich niemand beobachtet.

Ein Basistelefon ist zwar einfach aufgebaut, in der Handhabung aber anspruchsvoller als ein Münzfernsprecher. Dort kommt nichts "hinein", außer Worte in den sehr robust wirkenden Hörer. Will man eine Verbindung herstellen, muss man dem Sprachmenü folgen und die Nummer seines "Zahlungsmittels" (Telefon-Guthabenkarte oder Kreditkarte) parat haben. Da beides nicht zur Hand ist, wird es nichts mit dem spontanen Anruf aus der Hauptstraße von Steinfeld.


Kampf um viele Standorte

Aber: Wie viele "richtige" Telefonzellen, die schon lange nicht mehr klassisch gelb sind, gibt es denn noch in Bamberg Stadt und Land? "Diese Daten halten wir in dieser Form für die externe Kommunikation nicht vor", antwortet Markus Jodl, in der Telekom-Öffentlichkeitsabteilung Ansprechpartner für die Region Süd (Baden-Württemberg und Bayern).

Allerdings, so informiert er, existieren bundesweit noch rund 30 000 Telefonzellen, die die Deutsche Telekom betreibt (Alternativanbieter sind ebenfalls am Markt). "Es gibt immer noch Orte mit einer hohen Nutzung, etwa Flughäfen oder Bahnhöfe. Die Bedeutung der öffentlichen Telefonzelle hat mit dem Hausanschluss und dem Siegeszug des Handys abgenommen. Statistisch gesehen hat jeder Deutsche mindestens einen Hausanschluss und ein Handy."

Viele Gemeinden kämpfen um die Möglichkeit, öffentliche Fernsprecher zu behalten. Nicht nur in Gegenden, wo es um die Netzabdeckung beim Mobilfunk nicht überall zum Besten bestellt ist, wie in den Orten der Verwaltungsgemeinschaft Steinfeld.


Häuschen heißt's

Der Unterhalt einer Telefonzelle kostet Geld, etwa für Strom, Standortmiete und Wartung. Mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbänden sei deshalb vereinbart worden, dass die Telekom Städte und Gemeinden wegen eines Abbaus ansprechen kann, wenn auf deren Gebiet "extrem unwirtschaftliche öffentliche Fernsprecher" mit einem Umsatz von weniger als 50 Euro pro Monat stehen, so Markus Jodl. Eine kostengünstige Alternative sei beispielsweise ein Basistelefon.

Telefonzellen sind im ländlichen Raum deshalb selten geworden. Genaugenommen heißen sie gar nicht Zellen, sondern Telefonhäuschen (in einigen soll man sogar heute noch mit Pfennig und Mark zahlen können). Zellen waren die fest gemauerten in Postämtern und Hotels, steht in einem Blog-Beitrag der Telekom.

Abgeschiedenheit beim Telefonieren ist heute kaum noch gefragt. Im Gegenteil: Handy-Gespräche, gleich welchen Inhalts, führt mancher so laut und ungeniert in der Öffentlichkeit, dass sich bisweilen ein ganzer Bahn-Großraumwagen voller Leute fremdschämen möchte.