Während die Zahl der Corona-Fälle auch in Stadt und Landkreis weiter steigt, warten Arztpraxen und Pflegedienste weiter auf dringend benötigte Ausrüstung. Alle hoffen auf eine Zuteilung in den nächsten Tagen.
Als Hans Menzel kürzlich wieder in seiner Hausarztpraxis war, traute er seinen Augen nicht: "Die laufen mit selbstgenähten Masken und Kitteln rum, weil sie nichts anderes bekommen. Ich bin erschüttert." Der 64-Jährige leidet an der schweren Lungenerkrankung COPD, er war schon lange vor Corona auf Desinfektionsmittel, Handschuhe und Schutzmasken angewiesen. Ein paar davon hat er jetzt sogar seinen Ärzten abgegeben. "Was die Politiker an hohlen Phrasen von sich geben, geht doch voll an der Realität vorbei", sagt Menzel. "Denn die Voraussetzungen für Ärzte und Krankenhaus-Personal sind manchmal nicht besser als in einem Entwicklungsland."
Acht Masken für fünf Mitarbeiter
Die Arztpraxen, Altenheime, Krankenhäuser und Pflegedienste der Region eint das Warten auf dringend benötigte Schutzausrüstung. Während die Corona-Krise die im Gesundheitswesen Tätigen täglich vor neue Belastungsproben und Entscheidungen stellt, scheint die Versorgung bei weitem noch nicht Schritt zu halten.
"Alle tun, als ob genug Ausrüstung vorhanden wäre. Aber es sind schlichtweg keine Masken da", sagt auch der Bamberger Kinderarzt Udo Meißner. Er wurde auf seiner Suche von einer Stelle an die andere verwiesen, von der Stadt ans Landratsamt und vom Ärztlichen Kreisverband an die Kassenärztliche Vereinigung, die für eine Versorgung im ambulanten Bereich sorgen wollte. "Wir befürchten, dass die komplette Schutzausrüstung an die Krankenhäuser geht - aber wie sollen wir uns dann in Corona-Verdachtsfällen verhalten?" Ohne adäquaten Schutz kann er sich nicht vorstellen, dass weiterhin Notdienste oder auch nur normaler Praxisbetrieb möglich sein werden. "Das Problem haben wirklich alle. Ich bin 47, aber viele Kollegen sind schon über 60. Da würde ich mich ohne Schutzausrüstung nicht mehr reinstellen." In Meißners Praxis, die an einem normalen Tag von 100 Kindern plus Eltern besucht wird, gibt es für fünf Mitarbeiter noch acht so genannte FFP-Schutzmasken. "So eine Maske kann man zur Not schon mal ein paar Tage tragen - aber was machen wir in zwei Wochen?"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsministerin Melanie Huml haben derweil am Dienstag darauf hingewiesen, dass die Lieferung von Schutzmaterial und Desinfektionsmitteln in Bayern gut vorankomme. "Neue Schutzmasken sind da. Mehr als 800 000 sind im bayerischen Zentrallager angekommen und werden umgehend an Krankenhäuser und andere Einrichtungen verteilt", erklärte Söder. Weitere Lieferungen durch den Bund und die Eigenproduktion im Freistaat würden folgen. Für Huml sei es "wichtig, insbesondere Ärzte und Pflegekräfte bei ihrem engagierten Einsatz bestmöglich zu unterstützen". Denn sie stünden beim Kampf gegen das Coronavirus an vorderster Front.
"Das ist eine ganz schwierige Situation", sagt Andrea Dotterweich vom ambulanten Pflegedienst Jura-Schwestern in Windischletten, zu dessen Kunden zahlreiche betagte Patienten in Stadt und Landkreis Bamberg gehören. "Wir wollen doch unsere Mitarbeiter und Patienten schützen." Längst hat sie die dringend nötigen Schutzmasken geordert, doch seit Wochen wird sie nur vertröstet. "Man wartet und wartet, aber das Gesundheitsamt wünscht ja auch nicht, dass man zu oft nachfragt." Wenn nun die erwarteten Fallzahlen kämen, müssten ihre Pflegekräfte eigentlich immer im Schutzanzug gehen. Sie habe "den Eindruck, dass ambulante Pflegedienste ein Schattendasein führen. Dabei funktionieren wir allen Widrigkeiten zum Trotz bisher ohne Murren. Und das, obwohl wir fast ausschließlich Risikogruppen betreuen, die doch besonders gefährdet sind".
Auch bei der Verteilung von Pflegehilfsmitteln wie Masken und Schutzkleidung habe sie den Eindruck, dass die Verantwortlichen die ambulante Pflege überhaupt nicht auf dem Schirm haben. "Während Krankenhäuser unbestritten die wichtigste Tätigkeit in dieser Krise leisten und dafür nun endlich hohe finanzielle Mittel erhalten, hat sich bei uns in der ambulanten Pflege - damit spreche ich jetzt nur für meine Einrichtung - rein gar nichts getan." Die Zeit dränge und Andrea Dotterweich hofft, dass zumindest die Masken bald eintreffen - und dass dann auch für ihren Pflegedienst noch eine realistische Stückzahl bleibt.
Ein wenig Hoffnung machte am Dienstagvormittag zumindest ein Schreiben des Landratsamtes, wonach "die erste Lieferung von Handdesinfektionsmittel, Schutzanzügen und eine geringe Zahl FFP2-Halbmasken eingetroffen ist und bis zur Verteilung zwischengelagert wird". Allerdings seien Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Altenheime, ambulant tätige Ärzte sowie der öffentliche Gesundheitsdienst vorrangig zu bedienen. Bis Mittwoch sollten alle noch einmal ihren akuten Bedarf mitteilen.